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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Todesursache dem Coroner übergeben worden. Es handle sich um einen Mann und eine Frau. Ihre Gesichter seien vermutlich von Ratten, die es offenbar da unten in apokalyptischer Zahl gab, bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden. Wahrscheinlich handle es sich um Prof. McPierson und seine deutsche Kollegin Dr. Barzani. Ein DNS -Test müsse endgültigen Aufschluss geben. Aus Polizeikreisen verlaute, dass man von einem Gewaltverbrechen ausgehe. Die Leichen hätten Einschusslöcher aufgewiesen. Der Brunnen sei offenbar nach der Tat mit einem Deckel verschlossen worden. Er werde ebenfalls auf Genspuren untersucht.
    Verflucht!
    Zeugenaussagen zufolge, fabulierte das Blatt weiter, seien sie bei Eintritt in die Vaults in Begleitung wenigstens einer weiteren männlichen Person gewesen. Was für Zeugen?, fragte ich mich. Wir waren am Eingang in der Niddry Street keiner Menschenseele begegnet. Weiter hieß es: »Bei der Person dürfte es sich nach Recherchen des Evening Image um einen einschlägig vorbestraften, per internationalem Haftbefehl gesuchten Trickbetrüger und Hochstapler handeln, der sich vorzugsweise als Staatsanwalt ausgibt.«
    Hammer! Das stand da wirklich.
    Von der Polizei konnten die das nicht haben. Oder etwa doch? Vielleicht hätte ich mir in den letzten Jahren von Richard mal seinen Ausweis zeigen lassen sollen. Wer weiß, wer er wirklich war!
    Ich hörte die Glocken der Abtei läuten. Vermutlich waren sie schon beim Vaterunser. Ich fuhr den Computer runter und zerrte Cipión aus dem Schlaf des erschöpften Hundes auf die Pfoten. Wenn die Zeitungen morgen Fotos von Richard veröffentlichten und ihn zum Outlaw erklärten, sollten wir die Insel verlassen haben und in einer großen Stadt untergetaucht sein.
    Ein bisschen wurmte es mich übrigens schon, dass man mir keine böse Rolle an seiner Seite zugeschrieben hatte.

30
    Draußen war es dunkel, windig und kalt. Noch war der Gottesdienst nicht zu Ende, niemand war unterwegs. Ich betrat das mittelalterliche Pflaster der Road of the Dead und gelangte zum Friedhof. Weil ich den Eingang nicht fand, nahm ich Cipión hoch und stieg kurzerhand über die Mauer. Der Boden war weich und wiesig und irgendwie auch abschüssig. Ich stolperte gleich hinter der Mauer und fiel.
    Cipión fand das lustig.
    Wie Gespenster standen die hohen Iona-Kreuze gegen den Himmel. Wabernde Lichter gab es aber keine. Nicht einmal Angst schwebte über den uralten Gräbern.
    Ich rappelte mich wieder auf. Jetzt kamen auch die Ersten von der Kirche her den unbeleuchteten Weg herbei. Ich tappte innen an der Mauer entlang. Eine Kapelle baute sich vor mir auf. Endlich hatte ich den Ausgang gefunden, war aber bereits ins Hintertreffen geraten und eilte den Gottesdienstheimkehrern hinterher. Licht gab es erst wieder auf Höhe unseres Hotels.
    Zwei Gestalten waren am Rand des Lichts stehen geblieben. Sie schmiegte sich gegen ihn, er legte den Arm um sie. Genau in dem Moment, wo mir klar wurde, wen ich vor mir hatte, wandten sie sich einander zu. Derya machte sich ein bisschen lang, Richard beugte sich ein bisschen hinab, sie küssten sich.
    Ich stoppte so abrupt, dass es Cipión am Halsband zurückriss. Das ist jetzt nicht, wie du denkst!
    Es war kein flüchtiger, kein geraubter Kuss, sondern ein durchaus ausführlicher, bewusster und genüsslicher.
    Doch, das ist genau so, wie du denkst, Lisa!
    Hat sie es also geschafft! Nein, das ist unfair, ermahnte ich mich. Männer sind nicht die unschuldigen Opfer weiblicher Evakünste. Und warum sollte nicht er es gewesen sein, der ihr signalisiert hatte, dass er es zu schaffen wünschte.
    Verdammt, Richard, du Granatendepp!
    Ich bückte mich und ließ Cipión von der Leine. Er sauste los, rannte wie ein Blöder, kam an und sprang unverzüglich an Richard hoch. Die beiden lösten sich voneinander, nicht einmal besonders schnell. Sie fuhren nicht etwa schuldbewusst auseinander. Richard bückte sich, um den Schlappohrigen zu besänftigen und seine Krallen von Deryas edlen Jeans fernzuhalten. Dabei ging sein Blick die unbeleuchtete Straße entlang zu mir.
    Ich setzte mich in Bewegung.
    Er richtete sich wieder auf. Im Halbdunkel erkannte ich keine Regung auf seinem Gesicht. Es war schweigsam und selbstsicher wie immer. Derya dagegen trat einen Schritt zurück, lächelte leicht verlegen und schaute mich nicht richtig an.
    »Wir müssen von hier verschwinden«, sagte ich. »Und zwar sofort. Wo ist Finley?«
    »Er wollte …« Derya schluckte ihren Atem hinunter

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