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Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Titel: Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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schien unvermeidlich. Doch bevor sie zum Angriff übergehen konnten, nahm die Krähe die kleine Spätzin unter ihre schwarzen Fittiche, und die beiden plumpsten von der Leitung. Nein, sie flogen nicht davon. Sie fielen wie Steine ins Tal hinab und landeten im weichen Schlamm der Felder.
    Siri wurde nicht etwa von dem trüben Morgenlicht, das durch die Vorhänge ins Zimmer fiel, sondern vom Wimmern eines Kindes aus dem Schlaf gerissen. Er dachte an das Mädchen, das er in einem früheren Traum gesehen hatte, doch das Bett gegenüber war leer. Dieses Wimmern klang echt und schien ganz nah, so nah, dass er sogar das Moskitonetz anhob und unter das Bett spähte. Er ging zur Tür und sah auf den leeren Flur hinaus. Aber das Geräusch kam zweifellos aus seinem Zimmer. Er berührte den Talisman um seinen Hals. Das Amulett spürte, wenn die bösen Geister Siri einen Streich spielen wollten. Doch der weiße Stein blieb regungslos und kühl. Hier war keine schwarze Magie im Spiel. Was er da hörte, war der aufrichtige Hilfeschrei einer gequälten Seele. Aber da er nicht wusste, woher er kam, konnte er auch nichts dagegen unternehmen, und so blieb ihm wenig anderes übrig, als sich wieder auf seine Matratze zu legen und dem schwachen Wehklagen zu lauschen. Es wurde immer
schriller und hohler, bis es schließlich mit den Klängen der Bambus- klui verschmolz, die einsam ihre Morgenweise spielte.

7
    DIE TOTENHÖHLE
    Wie schon an den vorangegangenen beiden Tagen schrak Herr Geung in panischem Entsetzen aus dem Schlaf. Doch während er sich die ersten beiden Male im Kreise der Soldaten wiedergefunden hatte, lag er nun in eine Zeltplane gewickelt, wie Schweinefleisch in einer chinesischen Frühlingsrolle. Er trat und schlug verzweifelt um sich, konnte sich aber nicht daraus befreien. Sein Verstand versagte ihm den Dienst. Er konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, wo er war und wie es ihn dorthin verschlagen hatte. Und obwohl es die Sache auch nicht besser machte, fing er an zu weinen.
    »Würden Sie mir freundlicherweise verraten, was Sie in meiner Abdeckplane treiben?« Die Stimme gehörte einer alten Frau, so viel stand fest. Die er durch die Öffnung am oberen Ende seiner Frühlingsrolle allerdings nicht sehen konnte.
    »Ich … ich weiß nicht«, sagte er unter Tränen. Er spürte, wie jemand an seinem Kokon zerrte, dann plötzlich rollte er über den Boden, bevor er schließlich aus der Plane auf die trockene Erde geschleudert wurde. Eine ältere Frau und zwei kichernde Kinder sahen auf ihn herab.

    »Er ist ein Dummkopf, Großmutter.«
    »Allerdings«, bestätigte die Alte. »Was willst du hier, Dummkopf?«
    »Ich w… weiß nicht«, antwortete Geung wahrheitsgemäß.
    »Dann rufe ich jetzt die Polizei und lasse dich festnehmen«, sagte sie.
    »Ist g… g… gut.«
    »Oder soll ich lieber meine Flinte holen und dich vom Hof jagen?«
    Geung sann über ihre Worte nach. »A… a… a… auch keine schlechte Idee.«
    Die Alte lachte. Ihr betelnussbefleckter Mund erinnerte ihn stark an diverse übel zugerichtete Fälle aus dem Leichenschauhaus. »Eh. Du bist wirklich verrückt, Junge. Wie soll ich dir drohen, wenn du mit allem einverstanden bist? Woher kommst du?«
    »Thangon.«
    »Nie gehört.«
    »Tut mir leid. Aber ich m… m… muss nach Vientiane.« Er rappelte sich hoch, lächelte den Kindern zu und marschierte wunden Fußes los.
    »Warte. Bleib stehen«, sagte die Alte. »Du willst doch nicht etwa zu Fuß nach Vientiane?«
    »Ich ha… ha… hab’s versprochen.«
    »Was du nicht sagst. Hast du Hunger, Junge?«
    »Ja.«
    »Tja, da brauchst du ordentlich was zwischen die Rippen, sonst kommst du dein Lebtag nicht bis nach Vientiane. Und was...«
    »Ja. Jetzt weiß ich’s wieder.«
    »Was?«

    »Die Mü… Mü… Mücken. Ich hab mich eingerollt, damit mich die Mü… Mü… Mücken nicht stechen können. D… D… Denguefieber. Genossin Dtui hat gesagt, man muss sich schützen gegen die Mü… Mü… Mü… Mü…«
    »MÜCKEN!«, riefen die beiden Mädchen im Chor.
    »Ja.« Er lächelte ihnen zu, und sie kicherten zurück.
    »Na schön«, meinte die Alte. »Jetzt isst du erst mal was und erzählst uns in aller Ruhe deine Geschichte, bevor du dich auf deinen langen Marsch machst. Vielleicht finde ich ja auch noch ein Töpfchen von meiner selbst gemachten Paste, die hält dir die Mücken todsicher vom Leib. Sie reicht für eine Woche, solange du dich zwischendurch nicht wäschst.«
    »Danke, Madame«, sagte er, legte

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