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Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Titel: Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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ihm im Waschraum des Gästehauses zuteilgeworden war – Isandro, dessen Leiche friedvoll im Wasser lag. Er drehte sich um und inspizierte die etwa zwei Meter lange Wasserrinne. Das Quellwasser sammelte sich auf der einen Seite des Ganges und floss auf der anderen wieder ab. Sobald es den schmalen Kanal verlassen hatte, suchte es sich rasch seinen Weg und verschwand zwischen den Felsen.
    »Leuchten Sie mal hierher, Dtui.« Auf einer Länge von drei oder vier Metern fiel der Boden sanft ab. Die Erde war eine Mischung aus Lehm, Sand und feinem Kies. Es war eine der wenigen Stellen, die man seinerzeit nicht zubetoniert hatte, vermutlich wegen des fließenden Wassers. Ohne seine alten Ledersandalen auszuziehen, stieg Siri in das knöcheltiefe Nass und ging in die Hocke.
    »Sehen Sie etwas?«, fragte Dtui.
    »Ich weiß nicht genau. Wären Sie wohl so gut, ein paar Meter zurückzutreten und die Lampe anders zu halten?« Sie gehorchte. »Ein bisschen höher, wenn es geht. Ausgezeichnet. Fällt Ihnen etwas auf?«
    Sie tat ihr Bestes. Sie kniff die Augen zusammen, rüttelte und schüttelte die Lampe und gab sich alle Mühe, etwas zu sehen, konnte außer den welligen Furchen jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken. Es sei denn natürlich,
die Furchen … Sie hob die Lampe noch höher und ging langsam zurück in Siris Richtung. Endlich sah sie, was er gesehen hatte. Es mochte an der Dichte oder Beschaffenheit des Bodens oder an der leichten Erhöhung liegen, aber sie erkannte zwei ovale Umrisse. Sie lagen direkt nebeneinander und waren so gleichmäßig und akkurat angeordnet, dass sie unmöglich auf natürliche Art und Weise entstanden sein konnten.
    »Ja, ich sehe sie, Dr. Siri. Sie glauben doch nicht etwa …?«
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.« Er richtete sich auf und ließ seinen alten Armeerucksack von seinen Schultern gleiten. Er enthielt das Werkzeug, das sie aus Vientiane mitgebracht hatten. Da sie nicht hatten wissen können, was sie erwartete, waren sie für alle Fälle gerüstet. Er reichte Dtui eine kurzstielige Gartenschaufel und wappnete sich mit einer Maurerkelle.
    Zunächst stellten sie fest, dass die Erde rings um die Ovale kompakter war als innerhalb der beiden eiförmigen Gebilde. Was sie in dem Verdacht bestärkte, dass hier womöglich etwas vergraben lag. Dann begannen sie in der Mitte des ersten Ovals zu graben, was ihnen sinnvoller und weniger mühsam erschien, als den ganzen Bereich auf einmal freizulegen. Nachdem sie etwa zwei Handbreit tief gegraben hatten, gingen sie etwas vorsichtiger zu Werke. Wenn hier eine Leiche verscharrt worden war, lag sie vermutlich nicht besonders tief.
    Sie buddelten und buddelten – drei, vier, fünf Handbreit tief – und hatten noch immer nichts gefunden. In dem Loch sammelte sich klares Wasser und verursachte immer wieder kleine Lawinen, die ihre Arbeit erheblich erschwerten. Ehe sie sich’s versahen, waren beide patschnass und fröstelten.

    Plötzlich hörte Dtui auf zu graben und lehnte sich zurück. »Dr. Siri …«
    »Ich weiß«, sagte er.
    Sie hatten sieben Handbreit tief gegraben und waren auf festen Lehm gestoßen. Das vermeintliche Grab war leer. Dtui beschlich ein eigenartiges Gefühl. Ihr wurde klar, dass sich ihr Anstands- und Sittlichkeitsempfinden im Laufe des vergangenen Jahres grundlegend geändert hatte. Vorher wäre es ihr im Traum nicht eingefallen, in feuchter Erde zu graben, in der Hoffnung – ja, sie hatte wirklich und wahrhaftig gehofft -, dort eine Leiche zu finden. Sie wusste, dass es Siri ähnlich ging. Was war aus ihr geworden? Ein gemeiner Leichenfledderer, weiter nichts.
    »Wir sollten wohl nicht enttäuscht sein«, sagte Siri, als habe er ihre Gedanken gelesen.
    »Dann hat es wohl auch keinen Zweck, es an der anderen Stelle zu versuchen«, setzte sie hinzu.
    »Wohl kaum.«
    »Es wird langsam spät. Wir sollten unbedingt die anderen Räume durchsuchen, bevor …«
    »Die Disco losgeht?«
    »Genau.«
    Dennoch starrten sie auf das zweite Oval wie ein sattes Kind, das sehnsüchtig ein süßes Ziegenmilch- roti beäugt und sich fragt, ob in seinem Bäuchlein dafür nicht vielleicht doch noch Platz ist. Wortlos sanken sie von Neuem auf ihre nassen Knie und trugen die oberste Kiesschicht ab. In drei Handbreit Tiefe stieß Dtuis Schaufel auf ein Hindernis.
    »Doc?«
    Sofort floss Wasser in das ausgehobene Loch, und ein Gegenstand trieb an die Oberfläche. Ein hölzerner Hemdknopf.
Schweigend erweiterten sie ihre

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