Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed
waren sie auf neue Anhaltspunkte gestoßen.
»Oder nicht gründlich genug an der richtigen. Vielleicht haben wir mit den falschen Leuten gesprochen.«
»Dann sprechen wir doch mit den richtigen«, schlug Dtui vor.
»Und wo, bitte, sollen wir damit anfangen?«
»Gleich hier, unter unserem Allerwertesten.« Siri runzelte die Stirn. »Beton, so weit das Auge reicht. Was glauben Sie? Wie lange hat es wohl gedauert, diesen Weg zu bauen?«
»Mit drei, vier Arbeitern? Ein oder zwei Wochen, würde ich sagen.«
»Und die Kubaner waren die ganze Zeit hier in der Höhle hinter ihnen? Dann müssten sie doch eigentlich etwas gesehen haben, oder?«
»Hervorragend. Ja, in der Tat. Mit Ihrem Scharfsinn werden Sie die, äh, Betonköpfe im Ostblock im Handumdrehen erweichen.«
»Doc …«
»Pardon.«
Der Lastwagen des Gästehauses traf mit einer Stunde Verspätung in Xam Neua ein. Es war nicht allzu schwer gewesen, die Bauarbeiter ausfindig zu machen. Bei Regierungsprojekten wurden die meisten Betongussarbeiten von ein und derselben Kolonne erledigt. Derzeit errichtete sie unten an der Brücke ein neues Polizeirevier. Der Polier der Kolonne war ein ehemaliger Soldat, den Siri von mehreren Feldzügen her kannte. Der Betonbauer hieß Bui und gehörte zu jenen Männern, deren Gesicht und Statur sich zwischen sechzehn und sechzig nicht nennenswert verändern. Die Wahrscheinlichkeit, in Laos auf alte Bekannte zu treffen, war alles andere als gering. Man begegnete ihnen auf Schritt und Tritt. Dtui fand es beeindruckend, dass sich mit Ausnahme ranghoher Bürokraten alle aufrichtig über das Wiedersehen mit ihrem alten Freund Dr. Siri zu freuen schienen.
Sie saßen zu dritt auf dem frisch getrockneten Betonfußboden eines Büros, das in Kürze ein Leutnant der Polizei beziehen würde. Bui hätte dem Doktor zur Begrüßung gern einen Whisky angeboten, doch leider mussten sie sich mit lauwarmem Wasser begnügen, das leicht nach Farbverdünner schmeckte. Nachdem sie die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht hatten, erklärte Siri dem alten Mann, warum er sich im Nordosten aufhielt, und fragte ihn, ob er ihm eventuell mit ein paar Informationen aushelfen könne. Die Antwort übertraf seine Erwartungen bei Weitem. Mit ihrem Geistesblitz hatte Dtui den Wasserbüffel, wie man so schön sagt, voll in die Eier getroffen.
Während sie an ihrem Wasser nippten, senkte sich ein
leichter Nieselvorhang über das Land, und Bui erzählte ihnen, was sich eines schönen Januartages zugetragen hatte.
»Es war ein Dienstag, wenn ich mich recht erinnere«, begann er. »Das weiß ich deswegen so genau, weil der Fußweg des Präsidenten der letzte war und mittwochs ein Inspektor einfliegen sollte, um unser Werk zu begutachten. Damals gingen nur zwei Flüge in der Woche. Wir hinkten unserem Zeitplan ein klein wenig hinterher, darum mussten wir ein paar Überstunden einlegen, um pünktlich fertig zu werden. Als wir spätabends zu unseren Hütten hinuntergingen, war es schon dunkel.
Wir waren alle drei fix und fertig und freuten uns nur noch auf ein gutes Essen und unser Bett. Wir waren gerade beim Fußballplatz angekommen. Wie so oft herrschte dieser schreckliche Nebel, der einem kalte Schauer über den Rücken jagt, wenn man nur hindurchgeht. Da sahen wir sie.«
»Die Kubaner?«, fragte Siri.
»Und das Mädchen.«
»Hong Lan? Die Vietnamesin?«
»Da bin ich mir nicht ganz sicher, aber natürlich kannten wir die Geschichten über schwarze Magie und die Entführung und so weiter. Der größere der beiden hatte das Mädchen auf dem Arm. Sie wissen schon, wie man alte Leute trägt. Sie schien unter Drogen zu stehen. Sie wirkte irgendwie benommen.«
»Oder tot?«, fragte Dtui dazwischen.
»Schon möglich. Ihre Arme baumelten, und ihr Kopf hing schlaff herunter. Sie kamen etwa dreißig Meter vor uns aus dem Nebel. Ich und die Jungs erstarrten. Wir kamen uns vor wie in einem dieser Geisterfilme aus Hongkong.
Der Größere ging mit dem Mädchen voraus. Der Kleine war etwa fünf Schritte hinter ihm, und er hatte ein großes Messer in der Hand. Oder war es ein Schwert? Es sah jedenfalls ziemlich gefährlich aus.«
»Haben die beiden Sie gesehen?«
»Wenn ja, haben sie sich das nicht anmerken lassen. Aber sie machten, ehrlich gesagt, nicht den Eindruck, als ob sie sehr viel mitbekommen hätten – sie waren wie in Trance.«
»Wohin wollten sie?«, fragte Siri.
»Zum Hauptquartier der Armee.«
»In die Konzerthalle, äh, -höhle?«
»In diese
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