Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed
sie Lits Heiratsantrag annahm. Siri hatte angerufen und ihn gebeten, sie mit dem Jeep abzuholen. Er übertrug seinem Stellvertreter die Aufsicht über die letzten Vorbereitungen in der Konzerthöhle und fuhr mit pochendem Herzen zum Gästehaus. Als er seine Zukünftige auf der Vortreppe stehen sah, wo die Morgensonne das natürliche Rouge ihrer Wangen besonders gut zur Geltung brachte, stockte ihm der Atem. Was hatte er für eine großartige Wahl getroffen.
Doch als Siri und Schwester Dtui in seinen Jeep stiegen, war von Hochzeitsvorbereitungen mit keinem Wort die Rede. Siri bat ihn, sie nach Xam Neua zu bringen. Was ihm unter den gegebenen Umständen gar nicht passte, aber der Doktor versicherte ihm, es handele sich um eine äußerst dringliche Angelegenheit, die keinen Aufschub dulde. Da die beiden beharrlich schwiegen, träumte er im Stillen von einer Fahrt zum Zentralmarkt, um gute nordlaotische Seide für Dtuis Hochzeitskleid zu kaufen, und einem Besuch bei einer Wahrsagerin, die ihnen einen günstigen Termin für die Trauung nennen würde. Vielleicht war das so Sitte. Da er noch nie geheiratet hatte, konnte er das schwerlich wissen. Aber er war so zufrieden mit sich, dass er den Tag nicht mit Jammern und Klagen verderben wollte.
Er schöpfte erst Verdacht, als der Doktor ihn auf das Gelände des provisorischen Krankenhauses lotste und ihn bat, vor dem Büro des Direktors zu halten.
»Und jetzt?«, fragte er.
»Jetzt besuchen wir Dr. Santiago.«
Lit war empört. »Wie bitte? Warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, dass Sie hierher wollten?«
»Wären Sie dann auch gekommen?«
»Ich … ich habe keine Ahnung, was ich hier soll.«
»Nein? Wie wäre es mit Rache nehmen?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Das wissen Sie sogar sehr gut. Sie haben schon viel zu lange Angst vor Dr. Santiago, Genosse Lit. Es ist höchste Zeit, ihm die Stirn zu bieten.«
»Sie irren sich.«
»Ach ja? Würden Sie uns dann freundlicherweise erklären, was mit Ihrem Finger geschehen ist?«
»Ich, äh …« Er musterte Dtui im Rückspiegel. Wie würde sie darauf wohl reagieren? Würde sie den Respekt vor ihm verlieren? Ihr Gesicht verriet keinerlei Regung. Siri kletterte aus dem Jeep und zeigte auf den Schlüssel im Zündschloss. Die zuversichtliche Miene des Doktors gab Lit neuen Mut. Einen Moment lang glaubte er tatsächlich, aus dem Schatten des verfluchten Kubaners heraustreten zu können. Er stellte den Motor ab und stieg aus.
Santiago blickte nicht von seinen Papieren auf, als die drei ungebetenen Besucher in sein Zimmer kamen, doch er lächelte und sagte etwas zu Dtui.
»Er hat Sie bereits erwartet«, erklärte sie Siri. Sie trat beiseite. Ihre Rolle bei diesem Gespräch beschränkte sich auf die der Dolmetscherin. Sie würde Siris Fragen nach bestem Wissen und Gewissen übersetzen und versuchen, die Antworten des Kubaners richtig zu verstehen. Falls es zu einer Auseinandersetzung kam, würde sie sich brav heraushalten. Darauf hatten sie sich geeinigt.
Santiagos Augen funkelten missbilligend, als Lit das Büro betrat. Wieder sagte er etwas.
»Dr. Santiago findet es sehr mutig, dass Sie sich in seine
Nähe wagen. Er fragt, ob Ihr Freund, der Magier – das sind Sie, Doc -, Ihnen das nötige Selbstvertrauen gegeben hat, um nach all der Zeit hier aufzukreuzen. Aber er warnt Sie: Dr. Siri wird Ihnen keine große Hilfe sein.«
Ein fahler Schatten huschte über Lits Gesicht, und allmählich ahnte Siri, welche Macht Dr. Santiago über andere Menschen besaß.
»Wenn er uns ohnehin alle zur Hölle schickt«, sagte Siri lächelnd, »hat er doch sicher nichts dagegen, wenn ich ihm meine Theorie rasch auseinandersetze. Sagen Sie ihm, er dürfe mich gern korrigieren.«
»Er will wissen, ob das wirklich nötig ist«, sagte Dtui.
»Ich möchte den Doktor um Nachsicht bitten und ersuche hiermit höflichst um ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit«, begann Siri. »Genosse Lit, wie Sie aus schmerzlicher Erfahrung wissen, ist Dr. Santiago weit mehr als nur ein glänzender Chirurg. Er ist nämlich auch und vor allem ein erfahrener Endoke-Priester. Viele Leute haben den Eindruck, dass er in dieser finsteren Kunst überaus bewandert ist. Bei Durchsicht der einschlägigen Unterlagen werden Sie feststellen, dass seine Versetzung auf diesen gottverlassenen Außenposten nichts mit seinen fachlichen Fähigkeiten zu tun hat, die ich mit keinem Wort in Abrede stellen möchte. Es war seine letzte Chance – die einzige Arbeit,
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