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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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kommt für eine Weile herein, setzt sich auf den Diwan und schaut zu. Vaughn hat Bowen irgendwohin mitgenommen, um ihm Blut abzunehmen oder seine DNA zu analysieren oder was auch immer er dem armen Kind im Namen der Forschung nach einem Gegenmittel antun mag. Ohne das Baby, um das sie sich kümmern kann, wirkt Cecily verloren. Ich habe beobachtet, wie im Laufe einiger Monate eine kichernde Teenagerbraut einen dicken Bauch bekommen hat, und ich hätte mir nie vorstellen können, dass aus ihr irgendeine Art von Mutter wird. Und jetzt, plötzlich, scheint sie überhaupt nichts anderes mehr sein zu können.
    »Schmink sie«, sage ich zu Adair, der damit beschäftigt ist, eingehend mein Kleid zu prüfen, das bereits perfekt ist. »Meinst du nicht auch, dass Lilatöne ihr gut stehen würden?« Ich habe keine Ahnung, wovon ich rede. Ich halte es nur nicht aus, Cecily so traurig zu sehen.
    »Erdtöne«, ruft Deidre aus, die künstliches Schleierkraut an meiner Haarspange feststeckt. »Mit diesem Haar und den Augen? Du brauchst Braun- und Grüntöne, das ist ganz klar.« Im Spiegel zwinkert sie mir zu.
    Ich mache Cecily auf dem Hocker Platz und wir sitzen Rücken an Rücken, während die Aufwärter uns zum Glänzen bringen. Cecily droht damit, Adair etwas anzutun, falls er ihr mit der Mascarabürste ins Auge piken sollte. Doch sie entspannt sich ein wenig, als sie merkt, dass er weiß, was er tut. Und dann ist es ganz nett. So, als wären wir wirklich Schwestern und das Versprechen eines frühen Todes hinge nicht über uns.

    »Was glaubst du, wie wird die Party werden?«, fragt Cecily mich, dabei tupft sie den Lippenstiftüberschuss mit dem Papiertuch ab, das Adair ihr hinhält.
    »Nichts Besonderes«, sage ich. Ich will sie nicht mit etwas locken, was sie nicht zu sehen bekommen wird. Wenn ich erst weg bin, wird Linden vielleicht mit ihr ausgehen. Die Schokoladenbrunnen wird sie lieben, und irgendwas sagt mir, dass ihr die Aufmerksamkeit der Hauswalter und Architekten – die ihr die Hand küssen und ihr sagen, wie hübsch sie aussieht – auch gefallen wird. »Nichts weiter als ein Haufen reicher, aufgetakelter Trunkenbolde, die übers Geschäft reden.«
    »Bringst du mir Eclairs mit?«, fragt sie.
    »Wenn es welche gibt, ganz bestimmt.«
    Sie nimmt meine Hand und ihre ist klein und warm. Eine Kinderhand. Sie war so erpicht darauf, ihre Jugend hinter sich zu lassen – in dieser Welt, der der Luxus von Zeit geraubt wurde –, und ich wüsste gern, wer sie gewesen wäre, hätte sie mehr Jahre zum Leben haben können. Wenn ich weg bin, wird sie dann den Platz der Ersten Ehefrau einnehmen? Wird sie das Frausein aus vollem Herzen genießen? Ich habe das Gefühl, ich habe sie irgendwie im Stich gelassen. Es war schon schwer genug, Jenna entwischen zu sehen, und hier sitze ich nun und plane, die Schwesterfrau zu verlassen, die mir noch geblieben ist. Wie sie damit fertig werden wird, mich zu verlieren, macht mir Sorgen.
    Aber wenn nicht jetzt, dann später. In weniger als vier Jahren würde sie an meinem Bett sitzen und zusehen, wie ich sterbe.
    Ich drücke ihre Hand. »Geht’s dir gut?«, frage ich.

    »Ja.« Ich höre das Lächeln in ihrer Stimme. »Danke.«
    Mein Kleid ist kurz und schulterfrei, es glänzt wasserblau und ist auf einer Seite in einem blütenartig anmutenden Feuerwerksmuster mit schwarzen Perlen bestickt. Ein schwarzes Perlenhalsband umschließt meinen Hals und schwarze Leggings und Handschuhe werden mich vor der beißenden Januarkälte schützen. Deidre setzt das i-Tüpfelchen mit einem schwarzen Band für mein Haar, das über das Schleierkraut gelegt wird, und einem Hauch von Glitter, der mich an Cecilys Hochzeitskleid erinnert. Damals wirkte sie so glücklich, wie sie vor mir zum Pavillon geflattert ist.
    Jetzt tritt sie einen Schritt zurück und bewundert mein vollendetes Gesamtbild. Mit dem kunstvoll in Erdtönen geschminkten Gesicht wirkt sie plötzlich so erwachsen. Ihr Haar ist gelockt wie meines und sie ist schön, sogar in ihrem zerknitterten Nachthemd. »Du siehst toll aus«, sagt sie. »Du wirst Furore machen, heute Abend.«
    Ich sage ihr nicht, dass ich, Kleid hin oder her, gar nicht das Verlangen habe, zu dieser Party zu gehen. Viel lieber würde ich in mein Bett kriechen, mir die Decke über den Kopf ziehen und weinen. Aber so was macht eine Erste Ehefrau nicht. Und Deidre, Adair und Cecily beobachten mich, deshalb lächele ich auf diese Art, die meine Mutter sich für meinen Vater

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