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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ist?, hat mein Vater, der Genetiker, meinen Bruder und mich gefragt, während wir ihnen beim Tanzen zusahen. Ich erzähle euch was über wahre Liebe. Es ist nichts Wissenschaftliches daran. Sie ist so natürlich wie der Himmel.

    Liebe ist natürlich. Nicht mal die menschliche Rasse kann noch von sich behaupten, natürlich zu sein. Wir sind künstliche, sterbende Wesen. Wie passend, dass ich in dieser Heuchelei einer Ehe enden werde.
    Draußen ist es bitterkalt. Es riecht verbrannt und nach Blättern, wie im Herbst. Ich denke an Windjacken und Rechen und neue Kniestrümpfe für die Schule. Dinge, die Welten entfernt sind, aber noch immer in mir nachklingen. Meine Nase ist eiskalt. Ich ziehe den Kragen meines Mantels bis zu den Ohren hoch.
    Linden hakt mich unter und wir gehen los, nicht durch den Rosengarten, sondern auf den Orangenhain zu. Alle Spuren der Party sind verschwunden, und jetzt kann ich sehen, wie er wirklich ist: weitläufig, natürlich und hübsch. Ein Ort, an dem ich gern auf einer Decke liegen und lesen würde. Mir ist klar, warum Rose hier so viel Zeit verbracht hat, und ich frage mich, ob sie an dem Tag, an dem sie zusammenbrach, bereits gewusst hat, dass sie krank war. Ich frage mich, ob sie wohl geglaubt hat, sie könne sich leise davonstehlen, im Schatten der weichen weißen Blüten, damit ihr Leiden nicht verlängert würde.
    Der Wind bringt alles zum Rascheln und ich spüre ihre Heiterkeit überall. Ich fühle mich friedvoll und nicht mehr so wütend.
    »Sie ist hier«, sagt Linden, als könnte er meine Gedanken lesen.
    »Hm«, bestätige ich.
    Wir folgen eine Weile einem angedeuteten Pfad aus heruntergetretenem Gras und Sand. Hier gibt es keine von Menschen angelegten Teiche, keine idyllischen kleinen Doppelsitze oder Bänke. Der Wind kommt in so
kräftigen Stößen, dass uns, sobald wir den Mund öffnen, jede Hoffnung auf ein Wort aus der Kehle gesaugt wird. Aber ich spüre, dass Linden etwas sagen will, und als es stiller ist, bleibt er stehen und nimmt meine Hände. Die Kälte hat meine Fingerknöchel rau gemacht, aber seine Hände legen sich weich und feucht darüber.
    »Hör zu«, sagt er. Im Mondlicht sind seine Augen strahlend grün. »Ich will diesen Ort mit dir teilen. Egal, wo du hingehen möchtest, frage und ich werde es erlauben. Aber dieser Ort ist heilig, verstanden? Ich werde nicht zulassen, dass du ihn als Waffe gegen mich einsetzt.«
    An seinem Ton ist nichts Gewaltsames, aber er drückt meine Hände und senkt den Kopf, sodass unsere Augen auf gleicher Höhe sind. Er weiß es also. Er weiß, dass mein Partyvorschlag böswillig war, und doch hat er nicht die Hand gegen mich erhoben. Er hat mich nicht so für meinen Ungehorsam misshandelt, wie sein Vater Gabriel misshandelt hat. Warum? Warum sollte ein Mann, der drei Mädchen aus ihrem Zuhause geraubt hat, mir gegenüber Freundlichkeit zeigen?
    Ich presse die gesprungenen Lippen aufeinander und bekämpfe den Wunsch, ihm zu sagen, dass, wenn ich überall hingehen kann, ich wieder zurück nach Manhattan will. Von meinen Fluchtträumen darf er nichts wissen, sonst wird er mich niemals gehen lassen. Die Wahrheit ist nicht in meinen Fluchtplan einkalkuliert.
    »Ich wollte dich nicht verletzen«, sage ich. »Ich nehme an, ich war nur eifersüchtig. Du hast mich überhaupt nicht beachtet, und ich dachte, wenn wir die Party hier feiern, würde es dir besser gehen. Es wäre wie eine Beerdigung
für Rose. Du könntest deine neuen Ehen feiern und in die Zukunft schauen.«
    Er wirkt so verblüfft, so gerührt von meiner Lüge, dass ich beinahe ein schlechtes Gewissen habe. Es tut mir leid, dass seine tote Frau im Keller seziert wird, dass ihre Schönheit zerstört und geschändet wird, während ich ihren Namen gegen ihn verwende. Eines Nachmittags, als Rose schwitzend am Rande der Bewusstlosigkeit vor sich hindämmerte, hatte ich ihr schwören müssen, mich um Linden zu kümmern. Und ich habe es versprochen. Ich hatte nicht vor, dieses Versprechen zu halten, aber vielleicht wird ihm meine Lüge zumindest in der Zwischenzeit ein wenig guttun.
    »Ich wollte sie beerdigen«, sagt er, »aber mein Vater hielt das für keine gute Idee. Er sagt, wir wissen nicht, ob das Virus, das sie hatte …«, seine Stimme versagt und er braucht einen Moment. »Ob es den Boden verseucht. Deshalb hat er mir ihre Asche gegeben.«
    Ich warte einen Moment, um ihm Gelegenheit zu geben, das Kind zu erwähnen, dessen Asche hier verstreut wurde, aber er tut es

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