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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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einiges getan, deshalb fürchte ich, dass deine Kenntnisse mittlerweile veraltet sind. Nach dem – im weitesten Sinne dieses dehnbaren Begriffs – natürlichen Ableben des vorigen Meisters habe ich die Leitung des Waisenhauses übernommen und setze inzwischen vor allem auf die frühkindliche Förderung. Es ist wirklich erstaunlich, was für einen unbedingten Leistungswillen die jungen Eleven heutzutage aufbringen.«
    »Lasst mich ihn endlich fertigmachen, Meister!«, rief das blondgelockte Mädchen und vollführte mit ihrem Dolch eifrige Luftfechtereien.
    »Wie du siehst, habe ich nicht zu viel versprochen«, fuhr Rinalf fort. »Da ging es zu deiner Zeit noch vergleichsweise gemütlich zu. Wo wir gerade von den alten Zeiten sprechen: Wir haben damals tatsächlich erst einige Wochen nach deinem plötzlichen Verschwinden herausgefunden, dass es sich bei dem Auftrag im Park um deine Herzensallerliebste gehandelt hatte. Da ist mir natürlich einiges klar geworden. Man muss sich das vorstellen: Zwei junge, heimlich Liebende, die sich maskiert gegenüberstehen, ohne einander zu erkennen. Ein Dolchstoß im Dunkeln, schließlich die plötzliche Erkenntnis, die wie immer viel zu spät kommt …« Rinalf lachte. »Das ist doch der Stoff, mit dem melancholisch veranlagte Trauerspieldichter ihre größten Publikumserfolge feiern.«
    »Ich hätte nichts tun können«, versetzte Falfnin verbissen. »Ihr Blut klebt allein an deinen Händen!«
    »Oh, ich bin sicher, genau das hast du dir in all den Jahren immer wieder einzureden versucht«, erwiderte Rinalf. »Aber sag mir, Falfnin: Wie fühlt sich das an, zu wissen, dass du ihren Tod hättest verhindern können, wenn du nur etwas aufmerksamer gewesen wärst? Was ist das für ein Gefühl, tatenlos dabeigestanden zu haben, während der Geliebten eine Dolchklinge das Herz durchbohrt?«
    Ein dumpfes Stöhnen kam aus Falfnins Brust.
    Als er den Blick hob, funkelte purer Hass in seinen Augen.
    »Genug geredet«, rief er. »Komm runter, damit ich dir zeigen kann, dass ich damals ein gelehriger Schüler gewesen bin.«
    »Später vielleicht«, entgegnete Rinalf. »Im Augenblick bin ich mit der Rolle des Zuschauers vollauf zufrieden. Persönlich habe ich übrigens auch nichts gegen dich. Ich würde nur gerne das Kopfgeld kassieren.«
    »Was für ein Kopfgeld?«, fragte Falfnin.
    »Das Kopfgeld, das die Schwarze Viper für die Beseitigung einer gewissen Heldengruppe ausgesetzt hat, die während des Maskenfests nach Verderbnis kommt. Vier Helden und ein junges Nachtelfenmädchen, das ausdrücklich am Leben gelassen werden soll. Als ich deinen Namen auf der Liste gesehen habe, war meine Aufmerksamkeit gleich geweckt. Eine ausgezeichnete Gelegenheit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, dachte ich mir: Einen netten alten Bekannten wiedersehen und eine recht ansehnliche Summe für seine Liquidation kassieren. Apropos Liquidation: Ich würde vorschlagen, ihr macht jetzt dort weiter, wo ihr eben aufgehört hattet.«
    »Ich kämpfe nicht gegen ein Kind«, knurrte Falfnin.
    »Tja, dann hast du wohl ein Problem. Es sei denn … Habe ich das richtig verstanden? Du kämpfst nicht gegen ein Kind? Einzahl? Und wie sieht es mit dem Plural aus?«
    Rinalf klatschte in die Hände.
    Schritte näherten sich von allen Seiten, und plötzlich sah sich Falfnin von einem Dutzend Mädchen und Jungen umringt, die ihre Dolche zückten und ihn mit eisigen Blicken durchbohrten.
    »So besser?«, fragte Rinalf.
    Bolgur fühlte sich überhaupt nicht gut.
    Nicht genug, dass er mit seiner Schüchternheit zu kämpfen hatte, nun war er auch noch durch die Erinnerung an die Geschichte mit den Roten Schuhen gehörig aus der Bahn geworfen worden.
    Den Kopf zwischen seinen mächtigen Schultern eingezogen, schlich er niedergeschlagen durch den Trubel des Maskenfestes.
    Plötzlich trat ihm ein bunt gekleideter Kobold in den Weg und zwang ihn anzuhalten.
    Der Kobold trug einen purpurnen, breitkrempigen Hut mit einer langen rosa Feder und hielt ihm die ausgestreckte Hand entgegen, auf der mehrere verschiedenfarbige Pillen lagen.
    »He, Großer«, flüsterte er verschwörerisch. »Kann ich dich für ein paar von diesen Babys hier erwärmen? Du wirst dich sofort viel besser fühlen.«
    Bolgur sah mit glasigem Blick auf das verbotene Sortiment in der Handfläche des Dealers hinab. Wenn es eine Sache gab, die er jetzt dringend gebrauchen konnte, dann war es etwas, das ihn sich besser fühlen ließ.
    Verunsichert durch all das

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