Totentrickser: Roman (German Edition)
ging.
Er drehte sich um und nahm zwei Zimmerschlüssel von dem Wandbrett hinter der Theke.
»Hier sind die Schlüssel«, sagte er. »Soll ich euch Sektkübel mit Eis aufs Zimmer schicken?«
»Nein danke«, lehnte Selphyne ab. »Was ist mit frischer Bettwäsche?«
Der Barmann blickte irritiert.
»Fri-sche Bett-wä-sche?«, wiederholte er langsam. Die einzelnen Silben schienen zwar bekannt, ergaben in dieser Zusammenstellung aber keinen nachvollziehbaren Sinn.
»Und Frühstück?«, erkundigte sich Bolgur.
»Früh-stück?«
In diesem Moment fasste sich der gruselige Wichtel von vorhin ein Herz, trat an Selphyne heran und fragte schüchtern:
»Entschuldigung, Frollein, wären Sie frei, und falls ja, was würde eine Stunde bei Ihnen kosten, mit allem Drum und Dran?«
Zwei Sekunden später wünschte er sich sehnlichst, diese Frage niemals gestellt zu haben.
Im Wortschatz des Barmanns schien der Begriff »Frische Bettwäsche« zwar nicht vorzukommen, dafür war das Zimmerpersonal in dieser Hinsicht offenbar besser informiert.
Als Selphyne mit Nenia ihr Zimmer betrat, war dort gerade ein betagtes Nachtelfenmuttchen damit beschäftigt, die Betten neu aufzuziehen.
Nenia hatte bereits eins der Betten gekapert, sprang auf der Matratze herum und sang dazu das Lied der Schrecklichen Kerker-Unholde aus der gleichnamigen Schlimmen-Nacht-Geschichte:
»Zwack, hack,
Schnapp, ab,
Fleisch, kreisch,
Brenn, flenn!
Schneid, Leid,
Nag, plag,
Brich, stich,
Not, Tod!«
»Nein, so ein lieber kleiner Fratz«, gluckste das Nachtelfenmuttchen und griff in die Tasche ihrer Bedienstetenuniform. »Ich hab hier bestimmt noch irgendwo einen Lolli für die Kleine …«
»Das ist aber mal nett, was Nenia?«, unternahm Selphyne einen weiteren zum Scheitern verurteilten Erziehungsversuch. »Und was sagt man da zu der lieben Frau?«
»Sei froh, dass ich nur den Lolli nehm und dich am Leben lass!«, fauchte Nenia.
»Sie hatte eine schwere Kindheit«, erklärte Selphyne entschuldigend.
»Ach ja«, sagte das Nachtelfenmuttchen, »es ist nicht leicht. Ich möchte auch nicht noch einmal jung sein, in der heutigen Zeit.« Sie strich die Bettdecke glatt. »So, schon fertig. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Verderbnis. Ich hoffe, Sie finden, wonach Sie suchen.«
Das betagte Nachtelfenmuttchen watschelte zur Tür.
»Oder manchmal wird man ja auch einfach selbst gefunden«, fügte es hinzu, bevor es das Zimmer verließ.
»Ja …«, sagte Selphyne, ein wenig befremdet. »Vielen Dank.«
Später saßen Brom und Bolgur im sogenannten Wörlpool, der die Form einer riesigen Muschel hatte.
»Was habe ich dir gesagt«, meinte der Zwergenkrieger, über das ganze Gesicht grinsend. »Das ist das wahre Leben!«
Vor sich hatte er ein kleines Tischchen, auf dem sich Spielkarten und ein Schnapsglas befanden, und in seinem Mundwinkel steckte eine dicke Zigarre – ein echter Harvonischer Stinkstengel , den er sich zur Feier des Abends gegönnt hatte.
Er nahm die Karten in die Hand und sortierte sie prüfend.
»Dann wollen wir mal sehen …«, sagte er.
»Ich setze eine Million«, brummte Bolgur.
»Du machst heute keine halben Sachen, was? Ich gehe mit und erhöhe um Fünfhunderttausend. Und wie siehts bei dir aus, Falfnin?«
Sie wandten sich einem leeren Platz im Wörpool zu.
Brom nahm die darauf liegenden Karten und warf einen prüfenden Blick hinein.
»Mal sehen«, sagte er, indem er Falfnins Tonfall nachahmte. »Ich glaube, ich gehe aufs Ganze und erhöhe zusätzlich um zwei Millionen.«
Bolgur kicherte.
»Zwei Millionen?«, fragte Brom wieder in seiner normalen Stimme. »Du musst ja ein Mordsblatt haben!«
Und wieder Falfnin imitierend:
»Man nennt mich ja nicht umsonst das Fünfte Ass !«
»Na schön, wie du meinst. Dann lasst mal sehen.«
»Ich hab drei Spinnenköniginnen«, sagte Bolgur.
»Und ich hab eine Volle Burg«, verkündete Brom. »Drei Krieger und zwei Katapulte. Jetzt bin ich aber gespannt auf dein Mordsblatt, Falfnin.«
Zufrieden grinsend drehte er die Karten des virtuell anwesenden Meisterdiebes um.
»Zwei Leibeigene! Da braucht man aber schon wirklich Chuzpe, mit so einer Hand zu blöffen! Bolgur, notierst du das neue Ergebnis in der Ewigen Statistik?«
Der Barbarenoger kaute grübelnd an seinem Stift.
»Also nach dieser Runde sind das: Brom +35 Millionen, ich +23 Millionen und Falfnin -127 Millionen.«
»Er hat aber auch volles Risiko gespielt«, meinte Brom.
Bolgur gluckste.
»Ist das
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