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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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zu eilen oder dem Betreffenden zu sagen, was er falsch machte, oder überhaupt seinen Beitrag zur Verbesserung der Welt zu leisten.
    Abdulrahman wandte sich Osama zu. »Sagen Sie mir, was passiert ist.« Als Fuad protestieren wollte, hob Abdulrahman eine Hand und unterbrach ihn schneidend. »Sagen Sie mir, was passiert ist.«
    »Es sieht leider ganz nach Mord aus«, sagte Osama und beobachtete genau die Reaktionen der Männer. Fuad schüttelte den Kopf.
    »Was haben sie mit ihr gemacht?«, hauchte Abdulrahman und warf Fuad einen warnenden Blick zu. »Sagen Sie es mir. Was haben sie mit ihr gemacht?«
    »Ihr wurde das Genick gebrochen«, sagte Osama bedächtig und ohne Faiza anzusehen. »Sie ist sehr schnell gestorben.« Und davor hat man brutal mit einem Messer auf sie eingestochen und sie mit einem iqal geschlagen, und Gesicht und Hände wurden in siedendes Öl getaucht . Er würde ihnen nicht die ganze Wahrheit sagen, aber das war auch nicht nötig. Abdulrahmans Gesicht verriet, dass er Osama kein Wort glaubte. Zumindest war er so klug, nicht nachzufragen.
    »Das klingt, als hätten Sie eine Idee, wer sie getötet hat«, sagte Faiza. Fuad blickte beleidigt, aber Faiza sah weiterhin den Bruder an. »Sie sagten: ›Was haben sie mit ihr gemacht?‹ Falls Sie uns irgendetwas sagen können – vielleicht irgendeinen Verdacht haben, dann –«
    Abdulrahman tat weiterhin so, als wäre keine Frau im Raum. Aber Ra’id stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Denken Sie etwa, wir hätten was damit zu tun?«
    Faiza antwortete nicht.
    »Sie wurde schon einmal angegriffen«, schaltete sich Fuad ein.
    »Wann?«, fragte Osama, während er weiterhin den Bruder beobachtete.
    »Vor sechs Monaten«, antwortete Fuad.
    Osama sah ihn nicht an. »Wie waren die näheren Umstände, Herr Nawar?«
    »Er hat recht«, sagte Abdulrahman, aber sein verkniffener Mund verriet unzweifelhaft, dass er nicht mehr sagen würde.
    »Ein Lokalsender hat sie gelegentlich als freie Mitarbeiterin engagiert«, erklärte Fuad. »Sie hat Zusatzmaterial für die Nachrichtenbeiträge gefilmt. Das ganze langweilige Zeug, wissen Sie?« Osama nickte. »Eines Nachmittags hat sie Aufnahmen von Vögeln an der Corniche gemacht, und eine Frau hat gemerkt, dass Leila sie filmte, und sie hat ihren Mann hingeschickt, damit der sich drum kümmert. Der Typ hat Leila zusammengeschlagen, ihre Kamera und den ganzen Film zerstört.«
    »Er hat ihr ein Bein gebrochen!«, warf Ra’id ein. Er bebte jetzt vor Zorn.
    »Die Frau war nur ganz im Hintergrund der Aufnahme«, sagte Fuad. »Und sie trug sowieso einen Neqab.«
    Ra’id schüttelte den Kopf. Osama konnte sich gut vorstellen, dass Leute sich aufregten, wenn sie ohne ihre Einwilligung in der Öffentlichkeit gefilmt wurden. Solche Vorfälle häuften sich jetzt, wo Kamerahandys allgegenwärtig waren. Aber sie endeten nur selten in körperlicher Gewalt.
    »Haben Sie in Erfahrung bringen können, wer sie angegriffen hat?«
    »Nein«, sagte Fuad. »Als die Polizei eintraf, war der Mann schon weg.«
    »Was ist aus der Kamera geworden?«
    »Der Irre hat sie ins Meer geworfen«, sagte Fuad.
    »Und wann war das?«
    »Vor etwa sechs Monaten.«
    Osama nickte. »Ich vermute, sie war allein, als das passierte?«
    »Ja.«
    »War sie verheiratet?«
    »Ja. Zweieinhalb Monate lang«, sagte Fuad.
    Allmählich fand Osama es seltsam und zudringlich, dass Fuad sich so genau an alle Einzelheiten von Leilas Leben erinnerte, aber er hatte während des ganzen Gesprächs zu seinem Chef geschaut. Er wollte dessen Billigung und schien Angst vor Zurechtweisung zu haben. Abdulrahman saß reglos da wie ein ausgetrockneter Steinbrunnen.
    Ra’id presste die Lippen zusammen. Offensichtlich musste er sich eine gemeine Bemerkung über Leilas Exmann verkneifen. Osama registrierte das. »Ich benötige Namen und Anschrift ihres Exmannes.«
    Während Fuad zum Computer ging, um das Gewünschte herauszusuchen, blieb Abdulrahman auf dem Sofa sitzen und sah fast aus wie ein Boxer in seiner Ecke des Rings. Zum ersten Mal fiel Osama auf, wie muskulös der Mann war und dass er beängstigend breite Schultern hatte.
    »Wie war ihr Verhältnis zu ihrem Exmann?«, fragte Faiza.
    »Nicht vorhanden«, sagte Fuad, womit er der bösen Bemerkung zuvorkam, die Ra’id vielleicht auf der Zunge lag. »Sie hatten seit Monaten keinen Kontakt mehr.«
    Abdulrahman blinzelte hektisch. »Nach ihrer Scheidung ist sie zu mir gezogen.«
    Osama wollte den Bruder nicht zu hart

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