Totenwache - Thriller
Transaktion.
»Letztes Jahr hat er mehr oder weniger wahllos das eine oder andere Wertpapier gekauft - vor allem Technikwerte. Außerdem hat er ein bisschen Geld in einem Risikofonds angelegt - die üblichen kurzfristigen Spekulationsgeschäfte. Dies Jahr hat er plötzlich sein ganzes Geld in eine einzige Firma gesteckt. Schaut euch mal die Überweisung hier an … und die da … und dann diese. Seht ihr das? Allein diese drei Transaktionen belaufen sich auf insgesamt eine Viertelmillion Dollar. Liebe Freunde, das übersteigt bei weitem sein gesamtes Jahreseinkommen.«
»Woher nimmt er bloß das viele Geld?«, fragte Riley.
»Hast du zufällig irgendwo Belege für ein Darlehen oder eine Hypothek oder so was gefunden?«, wollte Nick wissen.
»Nein, woher das Geld kommt, ist hier nicht zu erkennen«, sagte Leo. »Aber wir wissen immerhin, wo er es investiert hat.« Er zeigte mit dem Cursor auf den Verschlüsselungsnachweis der drei Überweisungen. Der Empfänger hieß in allen drei Fällen »PharmaGen, Inc«.
»Und jetzt schaut euch das mal an«, sagte Leo, ging in den Internetexplorer und klickte auf »Verlauf«. »Hier sind sämtliche Websites aufgeführt, die er in den vergangenen drei Wochen besucht hat. Erst mal die üblichen Kandidaten: eBay, Google, der Sportsender ESPN und dann noch ein paar, die ein schlechtes Licht auf seinen Charakter werfen.
Aber seht euch die Einträge hier mal an: PharmaGen, PharmaGen, PharmaGen . Wie heißt es noch so schön: ›Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.‹«
»Was wissen wir über diese Firma PharmaGen?«, fragte Nick.
»Ich hab schon mal davon gehört«, erwiderte Riley. »Ein Biotech-Startup hier in Pittsburgh. Die Firma ist auf personalisierte medizinische Angebote spezialisiert. Man bezeichnet die Forschungsrichtung auch als Pharmakogenomik. Ganz neue Sache.«
»Ich habe bei uns an der Fakultät auch schon mal davon gehört«, sagte Leo. »›Bioinformatik‹ nennen unsere Leute das. Es geht dabei um die Computerisierung von Erbinformationen, damit man sie leichter vergleichen und analysieren kann.«
»Und - ist PharmaGen schon an der Börse notiert?«
Leo öffnete gerade ein neues Fenster. Ein paar Tastaturbefehle später befanden sie sich bereits auf der Website der Börsenaufsicht SEC. Dann aktivierte Leo die Unternehmensdatenbank EDGAR. »Bei der SEC sind sie jedenfalls noch nicht registriert«, sagte er. »Zurzeit befindet sich die Firma offenbar noch in Privatbesitz.«
»Dann kauft unser Freund also gar keine Aktien«, sagte Nick. »Er beteiligt sich vielmehr noch vor dem Börsengang an dem Grundkapital der Firma. Der Typ setzt wirklich alles auf eine Karte. Offenbar ist er von dem Geschäftskonzept total überzeugt.«
»Ja, er setzt alles auf eine Karte«, stimmte Leo zu. »Die Frage ist nur: Wo hat er das Geld her? Und warum ausgerechnet dieses Unternehmen? Von einem breit gestreuten Portfolio kann man da wahrlich nicht sprechen. Auf jeden Fall geht er ein beträchtliches Risiko ein.«
»Schon möglich«, brummte Nick. Er beugte sich nach
vorn und schob den Cursor im Verlauf auf den PharmaGen-Eintrag. Dann ein kurzer Klick, und sofort erschien ein Dutzend weiterer Links.
»Der Typ hat die ganze Website durchforscht«, sagte Nick. »Was mag ihn daran nur so interessiert haben?« Er klickte auf den Link » PharmaGen.com :Welcome«, und der Bildschirm wurde plötzlich dunkel. Kurz darauf erklang ein tiefer, zittriger Ton, dann öffnete sich eine neue Seite, und eine honigsüße Frauenstimme säuselte: »Willkommen in der Welt der personalisierten Medizin. Willkommen in der Zukunft. Willkommen bei PharmaGen.« Dann erschien in der rechten Ecke ein »Skip intro«-Button, und Leo griff instinktiv nach der Maus.
»Lass das«, sagte Nick. »Die wollen doch, dass die Leute genau das hier sehen.«
Im Hintergrund erklang Musik: zuerst ein Trommelwirbel, dann die hohen Töne von Holzbläsern, anschließend majestätische Blechbläser, die mit Fanfarenstößen die Einblendung »Die Welt von PharmaGen« untermalten. Dann zogen pulsierende Bilder vorbei: ein barhäuptiges Kind mit dunklen eingesunkenen Augen und einem flehenden Lächeln auf dem kleinen Gesicht; attraktive Männer und Frauen mit blitzenden Stethoskopen in weißen Arztkitteln, von hinten beleuchtete Ampullen und Fläschchen mit farbigen Flüssigkeiten; mit modernster Technik bestückte Laboratorien und Computerräume, dazwischen immer wieder besorgt blickende Gesichter; schließlich das
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