Totenwache - Thriller
schlimmer. Heute Abend war ich bei Riley in der Wohnung. Dabei sind mir ein paar Dinge aufgefallen. Sie klagt ständig über Rückenschmerzen, außerdem ermüdet sie sehr schnell.«
»Kein Wunder - bei ihrem Job. Was erwartest du da?«
»Außerdem sind ihre Knöchel häufig angeschwollen - in ihrem Alter sehr ungewöhnlich. Und sie nimmt grundsätzlich kein Salz. Merkwürdig. Also habe ich mir die Freiheit
genommen, ein bisschen in ihrem Medizinschränkchen herumzuschnüffeln.«
»Was für ein anrührender Beginn einer Beziehung«, sagte Leo. »Erst mal nachsehen, was der potenzielle Partner so an Medikamenten einwirft.«
»Leo, auf dem Weg hierher habe ich kurz in einer Apotheke vorbeigeschaut. Riley hat ein Nierenleiden. Könnte sogar ziemlich ernst sein.«
»Wie ernst?«
Nick schüttelte den Kopf.
»Interessiert dich auf dieser Warteliste der Uniklinik eigentlich vor allem ein bestimmter Name?«, fragte Leo.
Nick schwieg.
»Nick. Sagen wir, an deiner Schwarzmarkttheorie ist was dran - und Riley steht tatsächlich auf der Liste. Glaubst du etwa, dass sie für die falsche Seite arbeitet?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Nick. »Genau das möchte ich ja herausfinden. Ich muss unbedingt wissen, ob ich für die richtige oder für die falsche Seite arbeite.«
20. Kapitel
Julian Zohar ließ die Hand über den aus schwerem Hartholz gearbeiteten Kaminsims gleiten und bewunderte den mit ländlichen Szenen geschmückten handgeschnitzten Fries, auf dem die Konsole ruhte. Die Feuerstelle selbst war mindestens drei Meter breit und mit schönen graubraunen Steinplatten ausgekleidet. Oberhalb des Kaminsimses hing - von einem mächtigen Holzrahmen eingefasst - das lebensgroße Porträt eines Respekt gebietenden Mannes, der dem Besucher direkt entgegenblickte. Der vielleicht sechs Meter hohe Saal wurde von einer weißen Gewölbedecke gekrönt, in die schwere Holzrippen eingelassen waren. Ein gewaltiger Konzertflügel, der in einer Ecke des Raumes stand, und eine lebensgroße Bronzestatue auf der gegenüberliegenden Seite komplettierten den Gesamteindruck aristokratischer Gediegenheit. Dazwischen bildeten schwere Polstermöbel und elegante Möbelarrangements luxuriöse Inseln der Behaglichkeit.
Dann ging leise die Tür auf. Als Zohar sich umdrehte, sah er eine ältere Frau, die - von einer Pflegerin begleitet - in einem elektrischen Rollstuhl näher kam.
»Mrs. Heybroek«, sagte er lächelnd, »wie schön, Sie zu sehen.«
Er nahm ihre ausgestreckte Hand und deutete einen Handkuss an.
»Hatten wir schon mal das Vergnügen?«, fragte sie und neigte den Kopf zur Seite.
»Nein, bislang noch nicht - wie ich zu meinem Bedauern gestehen muss. Mein Name ist Dr. Julian Zohar. Ich bin der Geschäftsführer der Koordinierungsstelle für Organbeschaffung hier in Pittsburgh.«
Die Augen der Frau weiteten sich. »Dann haben Sie also endlich ein passendes Spenderorgan gefunden? Sind Sie deshalb gekommen?«
»Darüber sollten wir vielleicht besser unter vier Augen sprechen.«
Die Frau entließ die Pflegerin mit einer knappen Handbewegung und wartete, bis diese die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann sah sie wieder Zohar an - der gerade einen reich verzierten Vitrinenschrank bewunderte.
»Was für ein schönes Haus«, sagte er. »Was für ein herrschaftliches Haus. Ein angemessener Rahmen für zwei der bedeutendsten Wohltäter unserer Stadt. Schade, dass es Ihrem Mann nicht vergönnt war, die Früchte seiner Arbeit und seiner Großzügigkeit noch ein wenig länger zu genießen.«
»Mr. Zohar. Haben Sie ein passendes Spenderorgan für mich?«
Zohar wandte sich in ihre Richtung und bedachte sie mit einem mitfühlenden Lächeln. »Nein, ein solches Spenderorgan kann ich Ihnen leider nicht anbieten«, sagte er. »Und ich glaube, wir wissen beide, dass es ein solches Organ auch nie geben wird.«
Dann drehte er sich wieder um und setzte seine kleine Besichtigungstour fort - ließ die Hand über eine weich gepolsterte Sofalehne gleiten, atmete den Duft eines üppigen Blumenbuketts ein und blieb schließlich vor einem besonders schönen Ölgemälde stehen.
»Diese ländliche Szene hier - ist das nicht ein Original? Ein Pissarro, wenn ich nicht irre.«
»Mr. Zohar, was hat Sie heute zu mir geführt? Wenn Sie nicht wegen meiner Nieren gekommen sind …«
»Oh doch, natürlich bin ich wegen Ihrer Nieren hier«, sagte Zohar. »Das gesamte Transplantationswesen ist völlig desorganisiert. Es funktioniert einfach nicht . Wissen Sie
Weitere Kostenlose Bücher