Totenwache - Thriller
Transplantation wird in einem hochmodernen Fachzentrum für ambulante Chirurgie durchgeführt. Hinterher ziehen Sie sich wieder in Ihr Haus zurück und erholen sich dort zwölf Monate lang in völliger Abgeschiedenheit. Während dieser Zeit wird Ihre Nierenerkrankung wie durch ein Wunder einfach verschwinden.«
»Soll das heißen, dass Sie persönlich mir ein Nierentransplantat beschaffen? Wie wollen Sie das denn anstellen? Und wo wollen Sie die Organe hernehmen?«
»Als Ethiker unterliege ich in diesem Punkt einem strikten Schweigegebot. Das heißt: Sie erfahren von mir weder, wer der Spender ist, noch werden dessen Angehörige je erfahren, wer seine Nieren erhalten hat.«
»Aber das ist doch nur möglich, wenn Sie gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen.«
» Gesetzliche Bestimmungen? Diese Bestimmungen sind ethisch völlig unhaltbar, Mrs. Heybroek. Wie wollen Sie denn ein Gesetzessystem respektieren, das Sie dem Tod überantwortet, damit jemand überleben kann, der für die Gesellschaft buchstäblich ohne jeden Wert ist?«
»Auf so etwas kann ich mich nicht einlassen.«
»Wirklich nicht?« Zohar betrachtete wieder das Gemälde über dem Kamin, das den Raum optisch völlig dominierte. Die beiden versteckten Halogenstrahler, die auf das Bild gerichtet waren, tauchten die Leinwand in ein gleißend helles Licht. »James Ludlum Heybroek«, sagte er. »Was für ein Mann. Er hat bereits in den sechziger Jahren den Niedergang der Stahlindustrie hier in Pittsburgh vorausgesehen und entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Stadt nach dem Ende der Schwerindustrie als moderner Technikstandort etablieren konnte. Zweifellos einer der führenden Repräsentanten des grandiosen Wiederaufstiegs der Stadt Pittsburgh. Was für ein Lebenswerk! Das Three Rivers Stadium und die berühmten Wolkenkratzer: der USX Tower, das PPC-Place-Hochhaus, der Mellon Bank Tower … So viele Männer, die in seiner Schuld standen. Und er hatte keine Skrupel, die Rückzahlung dieser Schulden auch tatsächlich einzufordern - Schulden, an denen andere Unternehmen zerbrochen sind, Schulden, die einige der Betroffenen sogar in den Selbstmord getrieben haben.«
»Wie können Sie es wagen …«
»Verstehen Sie mich nicht falsch, Mrs. Heybroek. Ich habe den größten Respekt vor dem Lebenswerk Ihres verstorbenen Gatten. Ich weise lediglich darauf hin, dass Menschen, die über Einfluss und Macht gebieten, bisweilen harte Entscheidungen treffen müssen. Ich bin heute Abend
nicht unvorbereitet hier bei Ihnen erschienen. Vielmehr habe ich Ihre persönliche und die Geschichte Ihrer Familie vorher gründlich recherchiert. Sie sind eine beeindruckende Persönlichkeit, Mrs. Heybroek - genau wie Ihr Mann. Und Sie sind gewiss nicht durch übertriebene Angst und Zögerlichkeit zu Ihrem heutigen Vermögen gelangt.«
Die Frau kniff die Augen zusammen und hob das Kinn. »Wie viel?«, fragte sie.
»Drei Millionen Dollar. Per Überweisung auf diverse Auslandskonten.«
» Drei Millionen …«
»Unter den gegebenen Umständen ein bescheidenes Honorar. Sie können es auch so sehen, Mrs. Heybroek: Im Grunde genommen verlange ich gar nichts von Ihnen, im Gegenteil, ich schenke Ihnen sogar etwas. ›Geld ist Macht‹ - so heißt es doch. Nur dass Ihr Geld unter den gegebenen Umständen völlig machtlos ist. Natürlich können Sie mit den drei Millionen Dollar in der Tasche sterben. Aber was nützt Ihnen das ganze Geld dann noch? Ich dagegen biete Ihnen für Ihr Geld eine echte Gegenleistung.«
»Ich könnte Sie wegen Erpressung bei der Polizei anzeigen.«
»Das könnten Sie zwar - nur würden Sie damit zugleich Ihr eigenes Todesurteil besiegeln. Was ich Ihnen hier vorschlage, ist schließlich nicht irgendein Angebot, Mrs. Heybroek, ich biete Ihnen eine einzigartige Chance. Woher wollen Sie sonst die Nieren bekommen?«
»Ich … ich muss unbedingt wissen, wo diese Nieren herkommen.«
Zohar setzte sich wieder neben sie und nahm ihre linke Hand. »Woher kommt das hübsche Kleid, das Sie heute tragen? Paris? New York? Woher kommt Ihr Rollstuhl? Mexiko? China? Wissen Sie das? Interessiert es Sie überhaupt?
Wenn Sie etwas haben möchten, Mrs. Heybroek, stellen Sie sich dann die Frage, wer es unter welchen Bedingungen produziert hat, wer sich damit eine goldene Nase verdient? Sie möchten dies oder jenes haben - den Rest überlassen Sie Leuten, die Sie dafür bezahlen.«
Sie saß schweigend da und starrte vor sich auf den Boden.
Zohar zog eine Visitenkarte aus der
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