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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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fixieren.
    »Ich habe mir Sorgen deinetwegen gemacht, Ivan«, kam es stoßweise.
    »Völlig unnötig«, knurrte Ivan und ließ los, presste aber die Pistole fester an ihre Schläfe. »So was Idiotisches!« Maria konnte seine Socken sehen, Wollsocken mit Löchern darin. Der nackte Arm, der sich um ihren Hals gelegt hatte, war mit langen dunkelroten Schrammen bedeckt. Die Katze, Rosmaries Katze? Erwürgt und aufgeschnitten! Clarence’ zu Brei gemahlener Körper, der Goldzahn, der auf der weißen Garnierung blitzte! Das Bild des Hackfleisches, das sich aus der Fleischmühle ringelte. Maria wurde übel und sie schwankte.
    »Ich wollte dir nur deinen Pullover zurückbringen, Ivan. Lass mich los! Du kennst mich doch, ich bin Maria!«
    »Mach keine Witze. Ich weiß, was du gesehen hast. Halt die Arme hinter den Rücken und geh voran zum Kühlraum. Geh los, verdammt! Sonst blas ich dir das Gehirn aus dem Schädel, du verfluchte falsche Schlange!«
    Hinterher konnte Maria sich selbst nicht richtig erklären, was dann geschah, nur dass die Griffe, die sie im Kursus zur Selbstverteidigung gelernt hatte, automatisch ausgelöst wurden, als das Adrenalin in die Fingerspitzen zu strömen begann. Vielleicht wäre es ihr gelungen, wenn sie das Glück auf ihrer Seite gehabt hätte und Ivan nicht so rücksichtslos und roh gewesen wäre. Maria fiel über sein ausgestrecktes Bein und bekam einen Fußtritt in den Magen. Sie konnte sich nur noch zusammenrollen und den Kopf schützen.
    »Hör auf, Ivan!« Seine dunklen Augen glommen vor Hass. »Ich bin Maria, ich habe dir nichts getan. Sieh mir ins Gesicht!«
    Maria bekam einen Schlag auf den Unterkiefer und schmeckte Blut im Mund. Ihre Hände und Füße wurden gefesselt. Als der Mund mit Kreppband zugeklebt wurde, versuchte sie ihm in die Augen zu sehen, vergeblich. Sie sah einen Moment lang sein breites Kreuz unter dem wallenden weißen Haar und dann wurde die Tür geschlossen und es war dunkel. Kalt und dunkel wie im Reich der Urkälte. Maria versuchte mit der Zunge zu fühlen, ob die Zähne festsaßen. Das Klebeband zwang sie, das Blut zu schlucken, das sich in ihrem Mund gesammelt hatte. Ohne Ivans Jacke wäre sie sicher erfroren. Das klappernde Geräusch, das den Raum füllte, machte sie nervös, bis sie begriff, dass sie selbst mit den Zähnen klapperte. Knirschende Zähne, außer Kontrolle. Sie hatte einen kurzen Blick auf ihr Gefängnis werfen können, ehe die Dunkelheit total wurde. Zwei hellrote Tierkörper, die an Schlachterhaken hingen. Sie hoffte, dass es Tierkörper waren.
    Würde jemand erfahren, was mit ihr geschehen war, oder würde sie ebenso spurlos verschwinden wie Clarence? Maria beugte sich vor über ihre gefesselten Füße. Drückte mühselig ihre Schuhe weg, und dann gelang es ihr auf akrobatische Weise, die Zehen unter ihr Halsband zu klemmen und daran zu reißen. Das tat im Nacken weh. Der Magen schmerzte. Das Halsband hing jetzt noch an der Sicherheitskette. Ein letzter Ruck, und der Schmuck lag vor ihren Füßen. Mit beiden Füßen gleichzeitig hüpfend schob sie ihn in eine Ecke. Das Gesicht schlug gegen kaltes Fleisch, und sie verlor das Gleichgewicht. Vielleicht würde jemand das Halsband finden und den richtigen Schluss daraus ziehen.

    Wie lange Zeit vergangen war, bis Ivan zurückkam, wusste sie nicht. Vom Licht geblendet, versuchte sie die dunkle Gestalt in der Türöffnung anzustarren. Ihre Muskeln hatten sich in der Abwehr gegen die Angst und die Kälte krampfartig verspannt. Die Zähne klapperten unkontrolliert. Ivan trat auf sie zu und riss das Klebeband von ihrem Mund.
    »Ich werde jetzt das Seil um deine Füße lösen. Versuch keine Tricks. Wir gehen zum Auto hinaus.« Ein ganzer Schwall von Gedanken schoss Maria durch den Kopf. Warum sollte sie weggebracht werden? Warum hatte er sie bis jetzt am Leben gelassen? Würde er sie an einer einsamen Stelle erschießen? Sie darüber ausfragen, was die Polizei wusste, und sie dann verschwinden lassen?
    Die Nacht war dunkel. Das Mondlicht von Wolken verdeckt. Es fiel ein leichter Regen. Maria hob ihr Gesicht und wankte auf schwankenden Beinen auf das wartende Auto zu. Da sah sie einen kurzen Moment eine weiße Jacke, einen Menschen. Das musste doch Gustav sein? Weit unten an der Landstraße. Ivan ging dicht hinter ihr. Mit ihrer ganzen Konzentration und Kraft blieb sie plötzlich stehen und schlug mit ihren gefesselten Händen direkt in Ivans Schritt. Dem Laut nach zu urteilen war es ein Volltreffer. Maria

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