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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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trug. Mit der Axt in genügend kleine Stücke gehauen, damit sie nachher in der Fleischmühle zermahlt werden konnten. Es verdross ihn, dass sein Feind nicht anwesend sein und seine eigene Auflösung mit ansehen konnte.
    Die bösen Augen der Nerze glommen in der Dunkelheit. Im Mondlicht konnte er den Wechsel der Farben auf den Pelzen sehen, wenn die Tiere sich unruhig in ihren Käfigen hin und her bewegten. Fauchend wie böse Geister. In Gefangenschaft, so wie er selbst gefangen gewesen war. Mit dem großen Unterschied, dass sie sich würden satt essen dürfen.

36
    Viel zu früh klingelte der Wecker. Maria schlief wieder ein und bekam von Krister einen unfreundlichen Knuff in die Seite. Widerwillig fuhr sie aus ihren Träumen hoch.
    »Du musst doch aufstehen«, sagte er gereizt.
    »Bringst du die Kinder heute hin, dann darfst du auch etwas länger schlafen?«
    »Okay«, brummte Krister und stellte den Wecker um. »Ich habe keinen Gutschein für ungestörtes Ausschlafen mehr übrig, oder?«
    »Nein, hast du nicht.« Maria konnte über Kristers schlappe Gestalt nur lächeln. Er war ein ausgeprägter Nachtmensch, und Maria war morgens häufig fit und ausgeruht, abends dagegen müde. Dass sie sich überhaupt kennen gelernt hatten, war eine Laune des Schicksals.
    Die Küchentür stand weit offen. Maria trat auf die Treppe hinaus und blickte in den Garten. Dort im Erdbeerfeld stand eine sehr kleine Linda in Emils großen Gummistiefeln und einem rosa Nachthemd. Sie winkte mit der ganzen Faust voller Erdbeeren.
    »Riesenguten Morgen«, rief sie.
    »Dir auch einen riesenguten Morgen«, antwortete Maria, stieg in die Botten und schlenderte zum Weg, um die Morgenzeitung zu holen. Ein flüchtiger Blick auf die Titelseite und Maria wusste, dass Ragnarsson einen schweren Tag vor sich hatte. Rosmarie Haag freizulassen, nachdem er selbstsicher vor die Presse getreten war und verkündet hatte, dass der Axtmord im Prinzip aufgeklärt und die Schuldige festgenommen sei, würde aus Sturm einen Orkan machen. Für sie alle würde es ein anstrengender Tag werden. Der zeltende junge Mann musste mit seinen Freunden auf der Wache erscheinen und weitere Frage beantworten, ebenso Astrid in dem roten Renault. Das Ergebnis stand bereits fest. Rosmarie musste freigelassen werden.
    Maria blickte auf die Küchenuhr. Sie würde es zeitlich schaffen, mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren, wie sie es vorgehabt hatte. Wenn die Fahndung die volle Konzentration erforderte, blieb keine Zeit für irgendwelches physische Training. Zur Arbeit mit dem Rad zu fahren war dann eine gute Möglichkeit, die Kondition zu kräftigen. Bei genauerem Nachdenken hatte sie dafür seit Ende Mai nichts getan, damals hatten sie während der Arbeit Hallenhockey gespielt. Maria stand im Tor und hatte einen Ball nach dem anderen durchgelassen. Ragnarsson war Angriffsspieler der Gegenpartei gewesen. Jedes Mal, wenn er mit grimmigem Blick angekommen war, hatte es ein Tor gegeben. Der Grund dafür war allerdings nicht der, den Ragnarsson annahm. Ragnarsson kämmte sein schütteres Haar normalerweise in Höhe der Ohren von links nach rechts über seinen kahlen Schädel. Es herrschte Uneinigkeit darüber, wie er diese Frisur festigte, aber wenn er an der Verteidigung vorbeidribbelte, war es mit der Festigkeit vorbei. Das Haar fiel schulterlang auf die linke Seite und der Schädel bekam die Form eines polierten Frühstückeis. Mit seiner aggressiven Haltung und der ungewöhnlichen Frisur sah er unwiderstehlich komisch aus. Jedes Mal, wenn er angriff, musste Maria so sehr lachen, dass sie vergaß, ihren Schläger zu benutzen. Ragnarsson hatte sich gefreut, wenn ihm ein Tor geglückt war, und so hatten sie beide ihren Spaß, jeder in seiner Unzulänglichkeit.
    Kondition muss man immer wieder auffrischen, und jetzt musste sie sich bewegen, oder sie durfte keine Schokolade mehr essen. So viel war mal sicher. Weil die Schokolade aber zu den Grundnahrungsmitteln gehörte, wählte sie die Bewegung. Sie würde es sogar schaffen, den längeren Weg durch den Wald zu fahren anstatt am Wasser entlang, und damit Platz für weiteren Verbrauch schaffen. Ein anderer Vorteil war, dass sie sich den Gegenwind ersparte. Ivans Fleecejacke lag lässig über der Lehne des Wohnzimmersofas. Die konnte sie gleich mitnehmen. Es war doch recht peinlich, dass Krister vergessen hatte, sie zu dem Brieftaubenwettkampf mitzunehmen. Dann war das auch erledigt. Ivan zu dieser frühen Stunde zu wecken gehörte sich

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