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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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saß. Der alte Jacob schlief immer noch, als Maria an dem Strandschuppen vorbeikam. Sie klopfte vorsichtig ans Fenster, aber der Alte schlief so fest, dass Maria ihn nicht stören wollte. Gab es denn einen Grund, bei diesem grässlichen Wetter wach zu bleiben?
    Als Maria die Küchenlampe anknipste, sah sie den Zettel auf dem Tisch: einen Gutschein, einmal ungestörtes Ausschlafen am Morgen. Maria hatte drei davon Krister zum Geburtstag geschenkt, als ihr nichts anderes eingefallen war. Die ersten beiden hatte er sofort genutzt. Dies war der dritte und letzte. Morgenmuffel, der er war, hatte er das Geschenk wirklich zu würdigen gewusst.
    Maria trat ins Schlafzimmer und wartete einen Moment, bis die Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Auf einem einzigen Haufen kreuz und quer durcheinander wie Mikadostäbe lagen ihr Mann und ihre Kinder. Leise schlich Maria auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer, damit sich kein Legostein in das Fußgewölbe bohrte, und kuschelte sich in Emils ungemachtes Bett.

12
    Bis hinten in den Aufenthaltsraum hörte man Arvidssons und Himbergs wütende Stimmen und Hartmans Vermittlungsversuche. Arvidsson war selten bei Laune, bevor er seinen morgendlichen Kaffee getrunken hatte.
    »Er hat einen fürchterlichen Geschmack, was Musik angeht. Das ist schlimmer als Soldatenlieder.«
    »Ich zeige den Diebstahl des CD-Players an«, drohte Himberg.
    »Nun bleibt mal ruhig, Jungens, mäßigt euch.«
    »Ich nehme lieber Wern mit nach Videvägen, die hört wenigstens das Erste Programm«, brummte Arvidsson und angelte widerwillig die Hülle von Himbergs Lieblings-CD aus dem Papierkorb.
    Während der vergangenen Nacht war eine Frau in Videvägen belästigt worden. Eine Gruppe von Jugendlichen hatte ihr Dior-Kostüm mit roter, blauer und weißer Farbe besprüht.
    »… wie die französische Fahne, die Trikolore«, erklärte Hartman. Obwohl die Frau mehrere Tausenderscheine in der Handtasche gehabt hatte, war sie nicht bestohlen worden. Lediglich vollgesprayt.
    »Was bringt eine Frau im Dior-Kostüm mit Tausenderscheinen in der Tasche dazu, mitten in der Nacht nach Videvägen zu fahren? Das sieht mir ein bisschen nach mangelndem Urteilsvermögen aus, finde ich.« Maria schüttelte den Kopf und gähnte laut. Sie war seit fünf Uhr morgens auf den Beinen gewesen, um die Kinder um sieben im Kindergarten abzugeben. Hoffentlich hatte Krister seine Karte für das ungestörte Ausschlafen auch richtig genossen.
    »Ihr Sohn wohnt da. Sie hatte ihm versprochen, seine Blumen zu gießen. Er ist mit seinem Motorrad irgendwohin auf Urlaub gefahren. Die Tasche aus Krokodilleder hat die Jugendlichen gereizt und die hochhackigen Schuhe, die waren auch aus Krokodilleder oder etwas Ähnlichem.«
    »Nur ein Nerzpelz hätte noch mehr provoziert, vermute ich.«
    Arvidsson hob die Augenbrauen.
    »Vielleicht. Aber dafür ist jetzt nicht die richtige Saison.«
    Sie ließen sich im Konferenzraum nieder und begannen mit der Arbeit. Hartman angelte eine Rolle Kekse aus seiner Aktentasche und eine Tüte mit gefüllten Berlinern aus der Manteltasche.
    »Rosmarie Haag hat angerufen, sowohl gestern Abend als auch jetzt am Morgen. Sie scheint eine Vorliebe für Wern zu haben. Kannst du hinfahren und hören, was sie für Kummer hat? Sie sprach von einem Einbruch, aber es scheint nichts gestohlen worden zu sein. Das Schloss ist nicht aufgebrochen. Sie ist auch beunruhigt, weil nachts jemand im Garten herumschleicht, aber eigentlich hat sie keinen Menschen gesehen. Sie kann einem Leid tun. Es ist schwer, plötzlich allein gelassen zu werden, ohne recht zu wissen, warum. Offenbar ist der Vater, der direkt daneben wohnt, vorübergehend ins große Haus gezogen.«
    »Komm ihr nicht zu sehr entgegen, Wern, sonst ruft sie dich noch zu Hause an.« Himberg lächelte schief und verkniffen und pulte mit dem Zeigefinger die Creme aus seinem Berliner.
    »Vor zwei Monaten hat sie angezeigt, dass giftige Pflanzen aus ihrem Garten gestohlen worden sind, Blauer Eisenhut und Gefleckter Schierling. Ich finde, das müssen wir im Auge behalten. Wie geht es mit dem Restaurant Engelen weiter?«, fragte Maria und lehnte einen zweiten Berliner ab, was ihr kurz danach schon wieder Leid tat. Der erste war ganz frisch, herrlich weich und cremig gewesen. Hartman leckte sich sorgfältig den Zucker von den Fingern und sah sich zufrieden um.
    »Was sagst du, Himberg?«
    »Engelen geht klar, aber nur, wenn ich mir den Sozialkundevortrag dieses Langweilers ersparen

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