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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Konrad und stocherte mit dem Botten im Schotter. »So oft, wie er Leute betrogen hat, ältere Damen, einsame alte Männer. Er weiß genau, welchen Ton er anschlagen muss, um für einen Spottpreis zu kaufen und zu einem Wucherpreis zu verkaufen. Es gibt schon den einen oder anderen, der um sein Erbe gebracht worden ist, völlig legal, sage ich mal.
    Aber an den alten Gideon ist er nicht rangekommen. Der hat weder an die Stadt noch an Clarence verkauft«, lachte Konrad zufrieden in sich hinein. »Ich muss Ihnen von Gideon erzählen. Sein Anwesen heißt Sandåtorp und liegt am Sandåstrand, direkt am Rande der Schießbahn, wenn Ihnen das was sagt. Das Häuschen steht leer, seit der Eigentümer irgendwann Mitte der Siebziger gestorben ist. Ich war mit auf Gideons Beerdigung. Das war eine Trauerfeier mit allem Drum und Dran, wenn man so sagen darf. Gideon Persson war Gärtnermeister. Über die Arbeit haben wir uns kennen gelernt. Er hatte keine eigenen Kinder, und die Stadt wollte sein Grundstück kaufen. Gideon würde sich in dem Altersheim in der Stadt richtig wohl fühlen, wollte man ihm einreden. Aber Gideon weigerte sich hartnäckig, sein Strandgrundstück zu verkaufen. Zwar war er schwer herzkrank, aber an die Stadt zu verkaufen, daran dachte er gar nicht, denn die wollten die Bucht ausbaggern, einen neuen Hafen mit Industriegebiet anlegen und alles zerstören, was er sein Leben lang hochgehalten hatte. Die fruchtbare Erde sollte unter Asphalt verschwinden. ›Was kann man der nächsten Generation Besseres vererben als gute fruchtbare Erde‹, sagte Gideon zu seinen Freunden, die beunruhigt waren, weil ihre ruhigen Badebuchten verschwinden sollten. Gideon weigerte sich, wie gesagt, zu verkaufen, und die Stadtverwaltung drohte mit Enteignung. ›Abscheulich‹, sagte Gideon und starb. Im Testament, das im Beisein einiger entfernter Verwandter und den Leuten vom Amtsgericht feierlich verlesen wurde, stand, dass das gesamte Gelände der Stadt zufiel. Aber nur unter der Voraussetzung, dass darauf ein Altersheim nach den Plänen, die Gideon beigefügt hatte, errichtet wurde, dass das Wohnhaus unberührt stehen gelassen wurde, die Anpflanzungen nach vorgegebenen Anweisungen gepflegt wurden und dass ein temperiertes Schwimmbad für das Wohlbefinden der alten Leute eingerichtet wurde.
    Weil die Stadt das Grundstück geschenkt bekommen hatte, konnte von Enteignung keine Rede mehr sein. Andererseits war die Schenkung mit Vorgaben belastet, und die Stadt hatte nicht die geringste Lust, denen nachzukommen. Also verwildert Gideons Hinterlassenschaft langsam, und das macht mir Freude«, sagte Konrad und schubste die Katze, die rüber auf sein Knie gestiegen war und mit hocherhobenem Hintern zu kratzen begonnen hatte, hinunter.
    »Lassen sie nicht von Sandåstrand aus Brieftauben fliegen?«
    »Ich weiß nicht. Ich bin da in den letzten Jahren nicht mehr gewesen. Ich schaffe es nicht mehr, weite Strecken am Stück zu gehen«, seufzte Konrad, nahm den Strohhut ab und kratzte nachdenklich mit dem kurzen Pflanzstock in seinem grauen zerzausten Haar.
    »Ich wollte Sie noch etwas anders fragen: Wie steht es mit Clarence und dem Alkohol?«
    »Das hat Rosmarie also erzählt. Meistens ist er ja nüchtern und kann sich benehmen, aber wenn er zu trinken anfangt, kann er nicht aufhören. Er wird wie besessen und führt sich ganz fürchterlich auf. Rosmarie hat mir verboten, mich einzumischen. Aber Sie müssen wissen, dass es einem alten Mann viele Male in den Fingern gejuckt hat«, erzählte Konrad und schloss die Hand hart um den Pflanzstock. »Am nächsten Tag weiß er nicht mehr, was gewesen ist. Er bedauert es immer wortreich, und Rosmarie vergibt ihm, und so geht es denn weiter.«

    Mit dem Handtuch zu einem Turban gewickelt, in Jeans und einem langärmeligen weißen Rollkragenpullover kam Rosmarie auf sie zu. Maria stellte fest, dass man schrecklich verfroren war oder seinen Körper verstecken wollte, wenn man an einem Tag wie diesem einen langärmeligen Rollkragenpullover anzog.
    »Ich war wahrscheinlich etwas voreilig, als ich Sie gestern anrief«, lächelte sie entschuldigend. »Ich habe nicht gleich daran gedacht, aber vielleicht hat die Katze den Rosmarinzweig ins Haus geschleppt. Die Katzenklappe ist in beiden Richtungen offen. Das kann eine Erklärung sein. Der Zweig kann an ihrem Pelz hängen geblieben sein. Der ist so zottelig.«
    »Wenn es geht, würde ich mich trotzdem gern im Haus umsehen. Wir können uns vielleicht

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