Totenwache
kann.« Himberg machte eine Kopfbewegung in Richtung Arvidsson. »Der ist so trocken wie die Wüste selbst. Wer ist verdammt nochmal an europäischen Umweltforschungen, Treibhauseffekten und Ozonschichten interessiert?«
»Du jedenfalls nicht. Dein Bewusstsein reicht nicht weiter als zu den Fusseln in deinem Bauchnabel. Er kann ja mit Rosmarie Haag nach Stockholm fahren, wenn sie interessiert ist, dann sind wir ihn ein paar Stunden los.«
»Das ist keine schlechte Idee«, stimmte Hartman unbedacht zu und kratzte sich mit dem Kaffeelöffel in den Haaren.
In Rosmaries Kräutergarten saß unter einer großen Eiche ein Mann mit Strohhut, Bart und runder Brille auf einer grün gestrichenen Bank. Der Mann stellte sich als Konrad Hultgren, Rosmaries Vater, vor. Die graue Angorakatze strich um seine Beine und kratzte ganz leicht an seiner Hose.
»Rosmarie steht unter der Dusche. Sie hat heute Nacht wenig geschlafen, hat wohl auch gefroren. Sie kommt gleich heraus. Nehmen Sie so lange einen Apfel«, sagte der Alte und hielt ihr einen schönen roten Apfel aus seiner Papiertüte hin.
»Danke.« Maria setzte sich auf die Bank und ließ den Blick über die sorgfältig angelegten Beete, die Gewächshäuser und den wunderbaren Kräutergarten, die von Heckenrosen überwachsene Mauer und die Pergola mit dem sich daran hochschlängelnden Hopfen schweifen. Dicht unterhalb des Kräutergartens befand sich eine ganz frisch angelegte Terrasse, groß genug für einen Tisch und vier Stühle. Der Erdhaufen lag noch daneben.
»Wussten Sie, dass auch Äpfel ihre Wechseljahre haben?«
»Nein«, antwortete Maria. Die Frage kam etwas plötzlich. Vermutlich aus einem Gedankengang heraus, an dem sie nicht von Beginn an beteiligt war.
»Der Apfel hat sein Klimakterium, wenn er ausgereift ist. Erst dann entwickelt er sein volles Aroma und die richtige Festigkeit. Diese Äpfel sind ausgereift.« Maria sog den Duft ein und biss ein Stückchen ab. Nicht ohne dabei an Schneewittchen zu denken. Kein Wunder, wenn man seinen Kindern Märchen vorliest.
»Der ist wirklich gut. Wollen Sie mir etwas über Clarence erzählen? Was halten Sie von seinem Verschwinden?«
»Clarence ist ein Taugenichts, auch wenn er meiner Tochter den Kopf verdreht hat. Ich billige seine geschäftlichen Machenschaften nicht. Die sollen ja legal sein, wird gesagt. Ich schäme mich trotzdem, dass ich überhaupt Kontakt zu dem Mann habe, deshalb versuchen wir, uns nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen«, brummelte Konrad in den Bart. »Er hat die Gärtnerei vor dem Konkurs gerettet, und das war für Rosmaries Seelenfrieden wichtig. Der Garten ist ihr Ein und Alles. Aber was wir ihm schuldig sind, habe ich durch meine Arbeit doppelt und dreifach zurückgezahlt. Im Laufe der Jahre ist mir auch der Verdacht gekommen, dass Clarence hinter unseren Zahlungsschwierigkeiten steckte, indem er Gerüchte verbreitete, sodass unsere Kunden wegblieben. Damit verloren wir auch die Basis für den Kredit, mit dem wir für die Reparaturen im Haus und der Cafeteria gerechnet hatten. Nein, ich sage Ihnen offen, ich hatte mit einem anderen Schwiegersohn gerechnet. Aber das ist eine lange und traurige Geschichte. Rosmaries eigene Geschichte. Das ist lange her.«
Ohne Vorwarnung sprang die graue Katze auf Marias Knie und drehte sich einmal um sich selbst, um es sich bequem zu machen. Die Katze hatte große runde Augen, wie Rosmarie. Vielleicht hat sich die Frau das Tier deswegen ausgesucht, überlegte Maria. Man sagt ja, man wählt den Hund nach seinem eigenen Aussehen aus, warum also nicht auch eine Katze?
»Wie war er, der Mann, den Sie als Schwiegersohn lieber gehabt hätten?«
»Er war noch ein Junge, als er bei uns in der Gärtnerei anfing. Wir haben uns gut verstanden. Er war wie ein offenes Buch. Vielleicht zu verletzlich in seiner Offenheit. Immer fröhlich. Er liebte meine Rosmarie. Und wie die beiden sich geliebt haben. Sie waren immer zusammen. Dann fuhr er nach Zypern. Clarence hat ihn dorthin gelockt. Der Junge wollte beweisen, dass er ein Mann war, der in der Welt etwas erreicht, glaube ich. Rosmarie erwartete ein Kind. Das war kein Drama. Nicht mal zu jener Zeit. Sie freute sich darauf. Wartete auf ihn. Dann kam das Unglück, Schlag auf Schlag. Aber das hat Rosmarie Ihnen alles schon erzählt, wie ich weiß.«
»Können Sie sich denken, warum Clarence gegen seinen Willen entführt worden sein könnte?«
»Ich hätte es selbst tun können, wenn es Rosmarie nicht gäbe«, murmelte
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