Totenwache
wieder eingeführt. UNO-Soldaten standen an beiden Seiten der Grenze, eingesetzt an besonderen Beobachtungspunkten und Checkpoints, beispielsweise vor Banken, Geschäften und Hotels.« Arvidsson lehnte sich zurück und gab damit zu verstehen, dass sein Vortrag zu Ende sei.
»Ganz ausgezeichnet!«, rief Hartman begeistert aus.
»Hab drüber gelesen«, sagte Arvidsson schüchtern.
»Du willst also die Spur mit dem UNO-Dienst verfolgen?«
Hartman zog seine Brille aus der Brusttasche und machte sich eine Notiz auf seinem Block.
»Ich will das untersuchen, aber wie du richtig sagst, klingt es ein wenig abwegig. Ich werde aber mal bei SWEDINT , dem Verbindungsstab für Auslandseinsätze, anfragen. Da wird die Auswahl der UNO-Soldaten getroffen. Die Ausbildung selbst findet in Södertälje statt. Die Frage ist aber, ob die sich noch an die Zeit von vor zwanzig Jahren erinnern, oder ob es aus der Zeit Unterlagen im Archiv gibt. Dieser Manfred Magnusson, den ich vernommen habe, scheint nicht sehr gut Bescheid zu wissen. Er erzählt gern von seinen eigenen Abenteuern, aber sonst ist sein Gedächtnis lückenhaft. Er wurde nach zwei Monaten nach Hause geschickt. Normalerweise bleiben sie sechs Monate. Manche verpflichten sich zu einer Verlängerung und bleiben dann auf Antrag eine Periode länger. Manfred Magnusson, seine Lebensgefährtin und sein Sohn verließen den Strand auch gegen 22.30 Uhr, nachdem sie sich etwa eine Stunde lang lauthals gestritten hatten. Es ging offenbar darum, was wichtiger war, eine größere Versandhausbestellung oder eine Urlaubsreise.«
»Wern, du bist im Haus von Clarence Haag gewesen. Hast du etwas von Interesse gefunden?« Hartman klappte seine Brille zusammen und kratzte sich mit den Bügeln im Ohr.
»Er hat eine ganze Wand mit Trophäen aus Zypern. Medaillen, Feuerzeuge, Messer, Abzeichen aus Stoff. Was man sich so vorstellen kann, nichts Ungewöhnliches. Das Fotoalbum habe ich mit auf die Wache gebracht. Ich glaube, es liegt in deinem Zimmer.«
29
Rosmarie Haag saß zusammengekauert im Besucherstuhl des Vernehmungsraums. Ihre Haut war kränklich bleich. Nervös rang sie die Hände auf dem Schoß. Maria stellte ihr einen Becher mit kochend heißem Kaffee hin. Rosmarie nahm ihn mit beiden Händen und hielt ihn an ihre Brust, um ihren Körper zu wärmen. Der Regen, der sich so lange durch dunkle Wolken angekündigt hatte, fiel draußen vor dem Fenster in dicken Tropfen. Maria hatte Kopfschmerzen, der Wetterumschwung machte ihr zu schaffen.
»Sie sehen müde aus. Haben Sie in der letzten Nacht etwas schlafen können?«
»Um zwei Uhr herum war ich wach und hörte die Explosion. Es wird erzählt, das sei Odds Boot gewesen, die Viktoria«, antwortete sie tonlos.
»Das stimmt leider«, bestätigte Hartman. »Wie Sie verstehen werden, haben wir eine ganze Reihe von Fragen an Sie. Ich möchte, dass Sie sich Zeit nehmen und so genau wie möglich antworten.« Rosmarie sah verschreckt aus. Die großen grauen Augen waren trotz des Tageslichts ganz schwarz.
»Wollen Sie bitte erzählen, was Sie am Sonntagabend des Mittsommerwochenendes getan haben.«
»Ich bin so müde. Ich werde etwas Falsches sagen und mir selbst widersprechen. Ich schaffe es einfach nicht.«
»Wir haben viel Zeit. Versuchen Sie es! Sie können sich dann später ausruhen.« Hartman lächelte freundlich und aufmunternd. Maria war unendlich dankbar, dass diese Vernehmung nicht von Ragnarsson geleitet wurde.
»Clarence wollte, dass ich mit ihm und Odd mit der Viktoria hinausfuhr. Sie beabsichtigten, rund um Kronholmen zu segeln. Vielleicht wollte er Odd und mich zusammen sehen und Beweise dafür finden, dass da etwas zwischen uns war. Clarence war angetrunken und schlecht gelaunt. Odd schrie und kommandierte. Ich weiß nie, an welcher Schnur oder an welchem Tau, oder wie das heißt, man ziehen muss. Mir ist ein Missgeschick passiert, ich habe eine Kippe gegen den Wind weggeworfen, die landete auf Odds blitzblankem Deck und brannte ein kleines Loch in das Holz. Deswegen hat Odd gar nicht mehr aufgehört zu schimpfen.« Maria nickte. Sie konnte sich Kapitän Molins Wutausbrüche in einer solchen Situation sehr gut vorstellen. »Odd trank die ganze Zeit über von seinem grässlichen Billigchampagner. Das ist einfacher Schaumwein, den er in feinere Flaschen abfüllt, wenn er angeben will. Ebenso lächerlich wie seine Rolex-Imitation. Clarence war so gemein. Alles, was ich gesagt oder getan habe, war falsch. Ich weinte, bis sie mich
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