Totenwache
bleiben musste. Odd hatte ihm auf den Rücken geklopft. »So was passiert nun mal, mein Junge. Wenn ihr an Verkaufen denkt, kann ich euch Kunden vermitteln. Aus einem solchen Haus dürft ihr nur mit einem deutlichen Gewinn ausziehen.«
Mayonnaise hatte ihn etwas von Meeresblick und Deutschen murmeln hören. Danach hatte niemand mehr Odd gesehen. Keiner der Sportbooteigner hatte bemerkt, wie Odds Schiff in der Nacht den Hafen in Richtung Kronholmen verlassen hatte. Erst am Morgen stellte man fest, dass der Liegeplatz leer war. Viele hatten die Explosion um zwei Uhr gehört, manche hatten einen Lichtschein gesehen, als das Boot in die Luft flog. Trotz massiven Einsatzes war seine Leiche nicht gefunden worden. Die Taucher waren da draußen weiter auf der Suche. Immer noch war nicht klar, was die Explosion verursacht hatte. Vielleicht konnte man bei einer Durchsuchung des Hauses einen Hinweis finden.
Maria hatte am Vormittag mit Odds Sekretärin gesprochen. Die Frau war völlig aufgelöst. Sorgte sich aber vor allem um ihren Arbeitsplatz, der nun möglicherweise verloren ging. Sie würde nach dem Essen zur Vernehmung erscheinen. Maria bat sie, festzustellen, ob von den Objekten, die zum Verkauf standen, das eine oder andere unbewohnt war. Es gab eine kleine Chance, dass die Herren Clarence und Odd sich in so einem Haus aufhielten. Jedenfalls war das nicht völlig abwegig. Maria ging mit verschiedenen Vorgängen hinüber zur Staatsanwaltschaft.
Das Blumengeschäft schräg gegenüber hatte große Kisten mit Petunien und Lobelien herausgestellt. Halb verwelkt, aber zu einem Sonderpreis. Die Veilchenpflanzen sahen schon wie tot aus und würden sicher ihren Gnadenstoß von der Sommerhitze bekommen, die von dem schwarzen Asphalt reflektiert wurde, auf dem die Kisten wie auf einem Riesengrill standen. Ansonsten war das Angebot an Pflanzen schmal. Maria widerstand der Versuchung, einen Kasten mit Petunien zu kaufen.
Als sie von der Staatsanwaltschaft in ihr Büro zurückgekehrt war, nahm sie sich eine Anzeige vor, in der der Betroffene den Aussagen nach eigene Knöllchen mit seiner Postgironummer gedruckt hatte, die er dann hier und da in der Stadt an Autos geklemmt hatte, die gar nicht im Parkverbot standen. Erfinderisch, aber kaum lohnend, denn einer der ersten Zettel war auf der Scheibe des stellvertretenden Direktors des Straßenbauamtes gelandet. Sie hämmerte die Anzeige in den Computer, musste aber dabei die ganze Zeit an Hartman denken. Sie hatte gemerkt, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmte. Sie wusste, dass sie zu ihm hineingehen und mit ihm sprechen musste. Als er sich später auch nicht zu den anderen in den Aufenthaltsraum setzte, machte sie sich ernsthaft Sorgen. Daher ging sie in ihr Büro und rief ihn über die Haussprechanlage an. »Wir trinken jetzt Kaffee.« Keine Antwort. Vorsichtig klopfte sie an Hartmans Tür. Kein Laut war zu hören. Unaufgefordert trat sie ein. Am Schreibtisch, mit dem Kopf auf die Arme gestützt, in der gleichen Haltung, in der man den alten Jacob gefunden hatte, saß Hartman da. Die Zeit stand still. Maria spürte einen Adrenalinstoß bis in die Fingerspitzen. Die Zeit stand still. Ihre Stimme versagte. Ein hechelnder Laut kam über ihre Lippen. Da bewegte er sich ein wenig. Drehte den Kopf.
»Ich möchte in Ruhe gelassen werden«, sagte er.
»Wenn du mich nicht ausdrücklich bittest zu gehen, setze ich mich einen Moment.« Hartman nötigte sich ein schwaches Lächeln ab, das eher einer Grimasse glich.
»Also bitte, setz dich.« Maria setzte sich neben ihn und versuchte ihm in die Augen zu sehen.
»Was ist denn los?« Tomas Hartman schüttelte seinen grauen Lockenkopf und seufzte tief.
»Sag doch. Ich sehe doch, dass dich irgendetwas bedrückt. Wir Kollegen müssen zusammenhalten. Du hast mich so viele Male wieder aufgerichtet, gerechterweise bin ich jetzt mal an der Reihe, dir zuzuhören. Was ist passiert?«
»Meine Tochter Lena …« Hartman unterbrach und räusperte sich. »Meine Tochter ist festgenommen worden. Sie riskiert, verhaftet zu werden.« Eine große Angst kam über Maria.
»Warum? Was hat sie getan?«
»Mit mir will sie absolut nicht sprechen.« Hartman kniff sich ins Kinn, sodass die Haut weiß wurde. »Sie ist heute Morgen mit einer Spraydose in der Hand erwischt worden. Sie und ihre Freunde waren im Laden von Kronköpings Pelz & Leder. Sie haben Kleidung für beinahe 100000 Kronen beschädigt. Sie hat auch zugegeben, dass sie da draußen bei diesem
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