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Totenwache

Totenwache

Titel: Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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ungeniert mit einem Bekannten der Familie auf dem Sofa daneben kopulierte, in der Hoffnung, damit an eine Flasche billigen Rotweins zu kommen.«
    »Kopulierte?«, fragte Maria, und Arvidsson, der sich streng an den Behördenjargon gehalten hatte, um seine Schüchternheit zu überwinden, wurde rot bis zum Hals. Himberg fand die Situation unbeschreiblich lustig.
    »Sie paarten sich«, verdeutlichte er mit breitem Grinsen. »Die anderen waren völlig high. Wir haben einige zum Verhör mitgenommen. Unter anderem Per Trägen. Der will die Sache hinter sich bringen, wenn er nach Hause gefahren wird. Manchmal kann er richtig vernünftig sein. Ich war vor einer Weile bei ihm unten, da meinte er, Arvidsson sei Robert Redford; wir müssen also noch ein Weilchen warten. Wahrscheinlich hat er ebenfalls Heroin geraucht. Er sitzt unten und kratzt sich die Haut ab wie ein verlauster Affe.«

    Odd Molins Wohnung lag im feinsten Viertel der Stadt mit Aussicht auf den Fluss, direkt neben dem Stadtpark. Maria Wern und Erika Lund hatten sich entschieden, den Bus zu nehmen und das letzte Stück zu Fuß zu gehen. Die Kühle nach dem Regenschauer am Morgen hatte nicht lange angehalten. Seit zwei Stunden strahlte die Sonne wieder von einem blauen Himmel. Der Gedanke, sich in ein kochend heißes Auto zu setzen, war nicht gerade verlockend. Öffentliche Verkehrsmittel waren eine luftigere Alternative. Glaubten sie, bis sich zeigte, dass in dem halb vollen Bus keine Plätze auf der Schattenseite mehr frei waren. Die Plastiksitze des Busses waren heiß, als sie sich hinsetzten. An der Rückenlehne vor ihnen hatte jemand mit dem Messer eine lange Schramme gezogen und verschiedene Obszönitäten hingeschmiert. Über der ersten Sitzreihe direkt hinter dem Fahrer hatte eine ungewöhnlich kreative Person das »Eis essen verboten«-Schild in ein Phallussymbol umgewandelt. Erika Lund verhielt sich Maria gegenüber immer noch reserviert, weil die verlangt hatte, dass Hartman darüber informiert wurde, dass Erika eine Information an Odd Molin weitergegeben hatte. Nicht alle Fakten zu kennen würde die Fahndung erschweren. Es war wichtig, dass Odd Mårten Normans Ring kannte, ehe er seinen eigenen ablieferte. Das begriff Erika, aber sie fand es peinlich. Maria ihrerseits war verwirrt. Erika war eine erfahrene und gewissenhafte Technikerin. Ihre Arbeit erledigte sie mit größter Sorgfalt.
    »Wenn du es nicht selbst sagst, muss ich es tun.« Maria hatte nicht nachgegeben, und schließlich musste Erika zu Kreuze kriechen. Hartman war dankbar gewesen, dass er die Wahrheit erfuhr, und hatte keinen Aufstand deswegen gemacht. Trotzdem war Erika mürrisch. Sie hatten schon schönere Stunden miteinander verbracht als diesen Nachmittag, als sie in dem Stadtbus dahinschaukelten. An der großen Brücke stiegen sie aus und wanderten am Fluss entlang. Auf der Böschung lagen Leute und sonnten sich in kleinen familiären Gruppen. Der eine oder andere Glückliche hatte ein Buch aufgeschlagen, ohne von den kleinen Kindern gestört zu werden. Eine Mädchenclique im Oberstufenalter sonnte sich oben ohne.
    »Passt bloß auf. Schnell kommt die Zeit der Hängebrüste!«, brummte Erika.
    »Was ist aus der Golfverabredung geworden? Hast du deinen Ex noch getroffen?« Erika zuckte mit den Schultern und sah plötzlich sehr unsicher aus.
    »Ich weiß nicht, ob daraus noch etwas wird. Er hat nicht von sich hören lassen.«
    »Hast du denn von dir hören lassen? Schließlich warst du doch verhindert.«
    »Ich traue mich nicht. Stell dir vor, SIE ist da oder er will sich überhaupt nicht mit mir treffen. Ich komme mir verschwitzt und nervös wie ein Teenager vor. Du kannst dir wohl nicht vorstellen, dass so was möglich ist. Aber genauso verhält es sich, wenn man fünfzig und verliebt ist. Man wird nicht im Geringsten reifer und klüger. Er wird denken, ich sei alt und hässlich geworden. Wenn er mich verlassen hat, als ich noch jünger und hübscher war, wird er mich jetzt erst recht nicht attraktiv finden.«
    »Oder es geht gar nicht darum. Vielleicht sehnt er sich nach dir als Mensch. Sehnt sich nach dem, was euch verbunden hat, nach dem, was er mit dir gemeinsam hatte.«
    »Das war ein schönes Märchen.«
    »Das mit Odd, was war denn das?«
    »Eine Maßnahme, um mir Mut zu machen. Ein gegenseitiges Ausnutzen. Ich brauchte ein bisschen Aufmerksamkeit und Mut vor der wirklichen Herausforderung. Er brauchte eine zusätzliche Bestätigung, dass er der Schwarm aller Frauen ist. Ich

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