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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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weitere Worte trat er zu der jungen Frau und hielt sie fest, damit sie nicht vom Zaun rutschte. Ich begann nach Totenflecken zu suchen und fand ein paar deutlich ausgeprägte rote Stellen an der Rückseite der Beine. Warum mussten die auch alle John heißen? Gab es bei der Polizei denn keinen William oder Alexander?
    »Darf ich zuschauen?«, fragte der kleine John. »Ich habe nicht so viel … ich bin erst ziemlich frisch dabei.«
    »Ich suche nach Totenflecken«, sagte ich automatisch, »wissen Sie, was das ist?«
    Er nickte etwas zögernd.
    »Die entstehen, weil das Blut nach Eintritt des Todes durch die Schwerkraft bedingt innerhalb der Gefäße absinkt, die roten Blutkörperchen werden bei diesem Prozess durch intravasale Hämoly … gehen dabei kaputt, und dann bekommt das Gewebe diese typische rot-violette Färbung. Die Farbe hängt vom Sauerstoffgehalt ab und ist umso frischer rot, je höher der Sauerstoffgehalt ist. Hier sind die Totenflecken sehr hell, was ganz einfach damit zu tun hat, dass nicht mehr so viel Blut im Körper ist.«
    Ich wusste genau, wie ich klang. Aber eine andere Erklärung gab es nicht.
    Ich sah zu ihm auf und musste ihn einfach anlächeln.
Augen groß
wie Teetassen
. Der Umzug nach Odense hatte mir und meiner Ausdrucksweise wohl schon ein bisschen geschadet.
    John stand noch immer da und leuchtete uns mit seiner Taschenlampe. Dieser John musste dann jetzt der große John sein – nicht wegen seiner Körpergröße, er war klein und drahtig, etwa meine Größe, nicht der Rede wert, aber er war in meinem Alter. Man könnte ihn auch den alten John nennen.
    »Brauchen Sie mal eine Pause, John?«
    »Ich nehme die«, der kleine John streckte seinen Arm zu ihm aus und nahm ihm die Taschenlampe ab.
    Ich sah mich um: »Sagen Sie mal – wo ist eigentlich das ganze Blut? Sie haben kein Blut gefunden, oder?«
    Der kleine John schüttelte den Kopf. »Kein Blut. Nada.«
    »
Gar
keins?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keinen Tropfen.«
    »Die Wunden sind frisch, sie muss stark geblutet haben«, sagte ich, »und trotzdem ist kein Blut unter der Leiche.« Ich redete wie zu mir selbst. »Er hat sie an einem anderen Ort ausbluten lassen, sie dort getötet und hier nur abgelegt.«
    Karoly sagte kein Wort, und als ich mich zu ihm wandte, sah ich, dass er etwas auf seinem Block notierte. Sein Kollege, den ich nie zuvor gesehen hatte, blickte Karoly über die Schulter und verfolgte, was er schrieb. Auch er schien eine zu lange Hose zu tragen.
    »Genau wie bei diesem anderen Mädchen«, sagte ich.
    »Dann herrschen hier wohl endlich auch amerikanische Verhältnisse«, sagte Karoly. »Wenn es derselbe Täter ist.« Er kramte mühsam einen Kaugummi aus der Innentasche seiner hinter dem Schutzanzug verborgenen Jacke hervor.
    »Endlich?«, wiederholte ich.
    »Ich meinte … schließlich … zu guter Letzt … wie sagt man das denn. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass ich mit Sehnsucht darauf gewartet habe.«
    »
Inzwischen
würde passen«, sagte ich monoton und sah mir den Venushügel des Mädchens an, wo die Stiche besonders zahlreich und tief waren: »Dann herrschen hier wohl
inzwischen
auch amerikanische Verhältnisse, aber können Sie das eigentlich schon mit Sicherheit sagen? Brauchen wir nicht drei Tote, um wirklich davon auszugehen, dass wir es mit einem dänischen Serienmörder zu tun haben?«
    »Sie wissen, was ich meine«, begann Karoly, und ich beeilte mich, das Thema zu wechseln: »Wenn Sie die Bilder gemacht haben, die Sie brauchen, nehmen wir sie vom Zaun, damit ich mir ihren Rücken ansehen kann.«
    Der kleine John breitete einen Leichensack auf dem Gras am Boden aus und öffnete ihn. Karoly hielt die Lampe, und die beiden Johns halfen mir, den steifen, kalten Körper vom Elektrozaun zu nehmen, einmal zu drehen und dann vorsichtig auf den Leichensack neben dem Pfad zu legen. Ich holte mein Digitalthermometer heraus und schaltete es ein. Alle sahen zu, niemand sagte etwas, eine Ader an meiner Schläfe erwachte und begann zu pochen. Ich
hatte
daran gedacht, die Batterie zu wechseln, das Ding
musste
einfach funktionieren.
    Der kleine John kniete sich neben mich, und ich spürte seinen Blick. Ich sah zu ihm hinüber, bevor ich anfing. »Die Messung der Körpertemperatur ist wichtig, sie hilft uns, den Zeitpunkt des Todes zu ermitteln. Die zuverlässigsten Resultate erhält man, wenn man im Gehirn misst, aber wer will schon ein Thermometer durch die Knochen am Ende der Nasenhöhle stoßen? Ich

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