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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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voller Angst – eine Angst, die ich ihr selbst hatte einbleuen müssen: Angst lähmt Körper und Seele wie ein seltenes, über alle Spektren reichendes Schlangengift.
    Angst kontrolliert das Leben. Wenn man sie denn kennt. Ich selbst habe keine Angst.
    Also, nein, ich habe nie onaniert. Ich habe mich nie mit etwas derart Billigem begnügt. Hatte nie Angst, die Wahrheit hinzunehmen, wie erschreckend sie auch ist.
    Das Leben ist voller guter Gelegenheiten, wenn man nur den Kopf an der richtigen Stelle sitzen hat und seine Geheimnisse bewahren kann.

5
     
     
    Ich sah mir die Läsionen, mit denen der Körper des Mädchens übersät war, genauer an. Es gab schmale Schnittwunden, bei denen ich erkennen konnte, wie die scharfe Klinge eines Messers beim Herausziehen einen schmalen Riss in der Verlängerung der eigentlichen Stichwunde hinterlassen hatte. Daneben gab es aber auch verschiedene breitere Stichwunden, von denen die meisten etwa drei Zentimeter maßen, was der breitesten Stelle der Klinge entsprach. Bei den schmaleren Wunden war das breite Messer vielleicht nicht ganz in den Körper eingedrungen.
    »Brauchen Sie mich noch?«, fragte der kleine John.
    »Hm. Das Messer war nur einseitig geschliffen. Das können Sie hier sehen«, sagte ich und zeigte auf eine Wunde, »es gibt eine schmale Seite, ein einfacher Schnitt mit der scharfen Seite der Klinge, während die breitere stumpfe Seite zu zwei kürzeren Rissen geführt hat, wir nennen das einen Schwalbenschwanz. Dann gibt es da oder da«, ich zeigte wieder auf die Wunden, »eine ganze Reihe unregelmäßig tiefer Risse, als hätte jemand einen kleinen Fetzen Haut gepackt und dann daran gezerrt, nicht wahr?«
    Der kleine John runzelte die Stirn, als ich zu ihm aufblickte. »Mit was?«, fragte er.
    »Keine Ahnung, vielleicht eine Zange.« Ich untersuchte erst den einen Arm, dann den anderen und schließlich die Hände. Der kleine John sprach aus, was ich dachte: »Er hat ihr die Nägel ausgerissen.« Es war ein hässlicher Anblick, Klumpen koagulierten Blutes und Risse in der Haut. Hatte der Täter das nur getan, um sie zu quälen? Oder wollte er vermeiden, dass wir etwas Brauchbares unter den Nägeln fanden? Hatte sie ihn gekratzt?
    »Sie hat keine Abwehrläsionen«, fuhr ich fort und blieb mit ihrem rechten Arm auf dem Schoß sitzen. »Die sind sonst ziemlich häufigbei Messermorden. Stich- und Schnittwunden an Fingern, Handflächen, Unterarmen und Ellenbogen, wo das Opfer getroffen wird, wenn es sich mit den Armen zu schützen versucht.« Ich sprach noch immer mit dem kleinen John. Hinter uns hörte ich die ganze Zeit über Karolys Unruhe. Er schrieb, redete und rannte hin und her. »Man sieht solche Verletzungen manchmal auch an den Schultern, wenn ein Opfer versucht hat, sich wegzudrehen, um das Herz und andere lebenswichtige Organe zu schützen.« Ich schlang die Arme um mich selbst und wandte mich vom kleinen John ab, um ihm zu zeigen, was ich meinte.
    Es war inzwischen fast taghell, und die Vögel nervten mich mit ihrem Gezwitscher, das mich irgendwie an Karoly mit seinem unnötigen Gerede erinnerte. Der Kommissar stand jetzt wieder dicht hinter mir, ich konnte ihn riechen, Old Spice, und hören. Er atmete schwer durch die Nase.
    Ich sah wieder zum kleinen John auf, der fast so aussah, als hätte er das Atmen längst eingestellt. »Bei der Behandlung, die ihr widerfahren ist, hätte sie sich wehren müssen.« Ich senkte meinen Blick wieder und untersuchte ihre Unterarme. Rings um ihre beiden Handgelenke waren rote Spuren zu erkennen. »Vermutlich waren ihre Hände auf dem Rücken gefesselt.«
    »Auf dem Rücken?«, fragte der kleine John. »Woher wissen Sie das?«
    »Wären die Handgelenke vor dem Körper gefesselt gewesen, hätte sie die Arme vor sich in die Höhe halten können, und dann hätte sie Abwehrverletzungen.«
    »Zum Teufel!«, ertönte es hinter mir.
    Ich drehte mich mit einem Ruck um und sah Karoly an. »Was?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Nichts.«
    Ich versuchte wirklich, mich zurückzuhalten, aber irgendwie flutschte es doch über meine Lippen: »Wissen Sie, was mich an Ihnen stört?«
    Er sah nach unten.
    »Hm«, murmelte ich und drehte mich wieder um.
Je weniger du sagst …
    »Was?«, verlangte er zu wissen, und sein Tonfall gefiel mir überhaupt nicht. »Was stört Sie an mir?«
    Wie oft hatte Tommy Karoly sich bereits beim Großen Mann über mich und meine Manieren beschwert?
Wir pflegen hier eigentlich einen freundlichen Ton

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