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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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ehemalige Präsident des Rudingshainer Karnevalsclubs. An den habe ich, der Hauptkommissar, nämlich ein paar Fragen. Und deswegen sitzen wir hier.»
    Hat diese überraschend klare Ansage meinem Vater imponiert? Jedenfalls nickt er leicht und hält seinen Mund. Bevor sich die Sachlage ändert, mache ich schnell weiter.
    «Es geht um Klaus Drossmann. Ich möchte wissen, was in Zusammenhang mit seiner Person 1989, kurz bevor er nach Mannheim wegzog, vorgefallen ist.»
    Nun wird mein Vater nervös. Er denkt nach und fährt sich unsicher durch sein Resthaar.
    «Ja, hmm, da war was. Es fällt mir schwer, mich genau zu erinnern.»
    «Hans-Erwin Möller meinte, gerade du müsstest dich gut daran erinnern können. Ich kann dir dabei helfen. Es muss mit Videoaufnahmen zusammenhängen, die Drossmann gerne angefertigt hat», sage ich.
    Mein Vater wird blass.
    «Ich, äh, hatte diesen Vorfall wirklich vergessen. Jetzt erst fällt es mir wieder ein, sonst wäre ich natürlich hergegangen und hätte es dir schon viel früher erzählt. Du weißt, ich habe während meiner Polizeilaufbahn so viel erlebt. Da vermischt sich dann im Alter so einiges. Das verstehst du doch sicherlich, oder?»
    Mein Vater schaut mich mit hilfesuchenden, unsicheren Augen an. Selten habe ich ihn so gesehen. Dann beginnt er, langsam und sachlich zu erzählen.
    «Der Drossmann hat seit Mitte der achtziger Jahre die Filmaufnahmen bei unseren Prunksitzungen gemacht. Er war da offiziell von Möller beauftragt Er hat das gut gemacht, war ja auch sein Hobby, nicht wahr? Dann gab es da aber auch noch zusätzlich sozusagen inoffizielle Videobänder, die er speziellen Interessenten verkauft hat.»
    «Inoffizielle Videobänder?», unterbreche ich ihn. «Was war da drauf?»
    «Das kannst du dir doch denken. Ich will das mal als ‹schlüpfrig› umschreiben. In den Jahren vor 89 kann man noch hergehen und diese Aufnahmen als harmlose karnevalistische Herrenspäße bezeichnen. Man nimmt ja schließlich in den tollen Tagen nicht immer alles so ernst, nicht wahr?»
    So hatte schon Hans-Erwin Möller argumentiert.
    «Wem genau hat er die Videos verkauft oder angeboten?», frage ich, ganz bei der Sache.
    «Das weiß ich nicht genau. Er hatte da so seine Leute im Dunstkreis des Elferrats», nuschelt mein Vater.
    «Und was war nun 1989 los?», frage ich.
    «Da hat er den Bogen überspannt.»
    Nun schweigt mein Vater eine gefühlte Minute und starrt aus dem Fenster. Ich warte. Dann holt er kurz Luft, blickt zu Boden und feuert stakkatoartig die folgenden Worte ab:
    «Er hatte die jungen Frauen von der Prinzengarde mehrmals nach ihren Proben im Umkleideraum der Turnhalle gefilmt. Er hatte sogar Aufnahmen vom Duschraum auf seinem Video. Er war hergegangen und hatte seine Kamera dort mehrmals versteckt.»
    Mein Vater atmet durch.
    «Und dann wurde er erwischt?», will ich wissen.
    «Ja, also nein, na ja, nicht direkt. Er hatte die Bänder schon verkauft. Und dann hat das eine, äh, der Ehefrauen von einem Käufer entdeckt, und die wollte dagegen vorgehen. Mit Anzeige und so weiter …»
    Hier hält er inne. Er ruft die Bedienung und gibt ihr zu verstehen, dass er zu zahlen gedenke.
    «Zu Recht ja wohl», sage ich. «Also, eine Anzeige ist doch auch mehr als gerechtfertigt, oder nicht?»
    «Jaja», murmelt mein Vater.
    «Warum wurde er denn dann nicht angezeigt?»
    «Ich habe das dann sozusagen anders geregelt, zum Wohle aller. Ich bin hergegangen und habe ihm nahegelegt, dass er bei uns in der Kampagne nichts mehr zu suchen hätte. Und auch grundsätzlich sollte er ab nun unserem Einzugsgebiet besser fernbleiben. Er musste sich damals ohnehin beruflich umorientieren. Sein Geschäft ging ja in Konkurs. So kam sein Umzug nach Mannheim allen zupass, sozusagen. Er gab mir das Versprechen, nie wieder hier in der Gegend aufzutauchen. Punkt, aus.»
    «Und daran hat er sich wohl auch gehalten, bis zu diesem Jahr», werfe ich ein.
    «Bei einer Anzeige wäre das durch die Presse gegangen, und was hätte das für ein Licht auf unsere Karnevalsvereine geworfen. So weiß davon bis heute kaum jemand. Und manchmal ist das auch gut so. Es hätte ja auch niemand was davon gehabt.»
    «Vor allem wären bei einer Anzeige die Namen der Käufer aufgeflogen. Das wolltet ihr verhindern. Darum ging’s doch, oder etwa nicht? Ich fass es nicht.» Ich kann meine moralische Entrüstung, die mich sonst eher selten ereilt, kaum zügeln.
    «Ich will jetzt gehen», sagt mein Vater knapp und bezahlt bei Miss

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