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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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fünfzig?«, sagte Bim. Sie wurde bald siebzehn.
    Aus ihrer Sicht war man wahrscheinlich mit fünfzig nicht mehr weit vom Tod entfernt. »Ist das nicht ein bisschen früh?«
    Winter lächelte.
    »Du hast recht. Ich arbeite, bis ich achtzig werde.« Er hob wieder sein Glas. »Darauf trinke ich jetzt. Ich habe als der jüngste Kommissar des Landes angefangen und werde als der älteste aufhören.«
    »Viel Glück.« Lotta prostete ihm zu.
    »Deine Fischfrikadellen sind wirklich köstlich«, sagte Siv.
    »Es ist frisches Chili drin«, sagte Lotta. »Aber nur ein bisschen.«
    »Damit es nicht zu schwedisch wird«, sagte Bim.
    »Erinnerst du dich an das Sommerlager auf Brännö?«
    Sie standen im Garten und betrachteten die Sterne. Die Spielhütte am westlichen Ende verlor ihre Farben in der Dämmerung. Für Winter war es das Haus seiner Kindheit, in dem er viele Nächte verbracht hatte. Drinnen roch es noch genauso wie damals. Der Geruch verschwand nie. Er brauchte nur die Nase hineinzustecken, und schon kehrten die Kindheitserinnerungen zurück. Ein Duft, und er war in einem anderen Land. Er hatte es zu schnell verlassen. Der Gedanke kam ihm jetzt. Er hätte stärker kämpfen müssen.
    »Das Sommerlager ?«
    »Ja, auf Brännö. Zu der Zeit, als wir die Sommer auf Styrsö verbracht haben, gab es auf der anderen Seite ein Lager in Sandvik.«
    »Ach ja.«
    »Erinnerst du dich?«
    »Jetzt, wo du es sagst. Warum fragst du?«
    »Erinnerst du dich, dass 1975 ein Mädchen aus dem Lager verschwunden ist?«
    »Ein Mädchen? Ein Mädchen ist verschwunden?« »Es war im Juli, am 23. Juli.«
    »Herrje, an solche Daten kann ich mich nicht erinnern.« »Nein, nein. Aber an dem Tag ist es passiert. Sie wollte schwimmen gehen, offenbar in Husvik. Aber sie verschwand. Man hat sie nie gefunden.«
    Siv Winter machte ein paar Schritte über den Rasen. Hierher war sie in den frühen Sechzigern mit Bengt und den bei den Kindern, Erik und Charlotta, gekommen. Hier hatten sie bleiben wollen, für immer. So hatten sie es geplant. Genau die Worte hatten sie benutzt: für immer. Und nun war sie hier, für immer.
    Sie drehte sich zu Winter um.
    »Ich erinnere mich«, sagte sie. »Es hat ziemlich viel darüber in der Zeitung gestanden.« »Ja.«
    »Warum fragst du danach?«
    »Ich weiß es nicht. Es hängt eventuell mit dem Fall zusammen, an dem ich im Augenblick arbeite. Oder auch nicht. Ich bin mir nicht sicher.«
    »Inwiefern kann es mit deinem Fall zusammenhängen?« Winter antwortete nicht. Er schaute wieder zur Spielhütte. Jetzt war sie schwarz und grau, gen au wie die Bäume im Garten und der Rasen. Die Luft war abgekühlt und roch plötzlich nach Winter. Dieses Jahr war direkt vom Sommer in den Winter übergegangen.
    »Ich glaube«, antwortete Winter, »dass es einen Zusammenhang gibt. Aber ich weiß nicht, welchen.« Er drehte sich zu ihr um. »Habe ich darüber gesprochen? Damals, als es passierte? Als ich fünfzehn war?«
    »Nein«, antwortete sie. »Nicht soweit ich mich erinnere.« »Hätte ich das nicht tun müssen, Mama? Ist das nicht seltsam? Hätte ich nicht über jemanden reden müssen, der so alt war wie ich und nur einige hundert Meter von unserem Haus entfernt verschwunden ist?«
    »Das waren aber ein bisschen mehr als einige hundert Meter.« »Über den Sund schon.«
    »Aha.«
    »Ich konnte das Lager von unserem Haus aus ja fast sehen!« »Vielleicht hast du doch davon gesprochen, Erik.«
    »Nein, ich glaube nicht. Aber möglicherweise habe ich sie gesehen.«
    »Wie denn das? In jenem Sommer?« »Ja, natürlich.«
    »Daran müsstest du dich aber erinnern. Wenn du sie getroffen hast.«
    »Darum geht es doch. Ich sollte mich erinnern.«
    »Oder es gibt gar nichts, woran du dich erinnern könntest, Erik.«
    »Ich bin mir da nicht so sicher.«
    »Es klingt, als wolltest du die Schuld für das, was passiert ist, auf dich nehmen.«
    Er antwortete nicht.
    »Ich wollte dir eine Lektion erteilen.«
    Christian Lejon hatte Ademars Handschellen gelöst. Das Metall hatte die Haut an Ademars linkem Handgelenk aufgescheuert. Es blutete nicht. Er massierte seine Schulter. Auch an anderen Stellen hatte er Schmerzen. Gleichzeitig war er erstaunt, dass es nicht schlimmer war. Verwundert.
    Immer noch saß er auf dem Fußboden. Sein Hemd war mit Staub bedeckt. Das kommt davon, wenn man es mit dem Putzen nicht so genau nimmt.
    »Du meinst, du wolltest mich tottreten?« »Unter anderem.«
    Der andere schien zu lächeln. In dem dämmrigen Zimmer war

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