Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
hatte er den letzten Tritt nicht bekommen. Worauf wartete er?
    »Worauf wartest du, du Scheißkerl? Tritt doch zu, du feiges Schwein! Na los! Tritt zu!«
    Er trat selber um sich. Zunächst hatte er es nicht bemerkt: Er trommelte mit seinen eigenen Füßen auf den Boden, bumm, bumm, bumm. Ein hohles Geräusch. Als würde er gegen einen Kopf treten. Gegen seinen hohlen Kopf. Er war eine lächerliche Person, und nun hatte er sein lächerliches Leben beendet. Er gehörte unter die Erde, in die Unterwelt. Er hätte nie heraufkommen sollen, niemandem hatte er jemals Freude bereitet. Er richtete nur Schaden an. »Bring mich doch um!«
    Nichts passierte. Er presste die Augen fest zusammen. Dieses Warten war noch schlimmer, als getreten zu werden. Wann würde der nächste Tritt kommen?
    Er hörte Schritte.
    Die Schritte entfernten sich. Nahm der Kerl Anlauf?
    Es war anscheinend schwerer, einen Menschen umzubringen, als der Typ geglaubt hatte. Dazu bedurfte es großer Kraftanstrengung.
    Jetzt waren keine Schritte mehr zu hören. Der andere war irgendwo hinter ihm. An welcher Stelle im Zimmer er sich selber befand, wusste er nicht. Er war herumgestoßen worden wie ein Fußball. Er öffnete die Augen. Jetzt lag er näher an der Tür. Der andere musste drüben beim Schreibtisch sein. Ich will mich nicht bewegen, nicht versuchen, mich umzudrehen. Ich will nichts mehr sehen. Wenn ich noch mehr sehe, sterbe ich.
    Er hörte Papier rascheln. Ja. Der andere musste am Schreibtisch stehen. Er schien in dem Manuskript herumzuwühlen. Neben dem Computer liegt ein Stapel Papier. Heute Morgen hatte er das unfertige Manuskript ausgedruckt und angefangen, es durchzusehen.
    Das Letzte, was er geschrieben hatte, war noch auf dem Bildschirm zu sehen. Er hatte gerade über den Liebespfad geschrieben, als es an der Tür klingelte. Gerade eben erst, nein, vor hundert Jahren. Es war in einer anderen Welt gewesen. Jetzt wirkte sie unwirklich, wie ein Traum. Diese Welt war Wirklichkeit. Alles andere war ein Traum.
    Wieder raschelte Papier. Es klang, als flögen Blätter, als segelten sie wie Schwalben zu Boden. Swisch. Er hörte Schritte. Jetzt kommt es. Die Schritte blieben stehen.
    »Wer bist du?«
    Er wusste nicht, ob er hören konnte, denn er wartete auf den Tod. Er hörte nichts. Er schloss die Augen.
    »Wer bist du?!«
    Die Stimme war lauter geworden. Eine Aufforderung. Eine andere Art Stimme. Er wollte es wissen. Kann ich sprechen? Jetzt versuche ich zu antworten. Es geht nicht. Ich versuche es noch einmal.
    »Jac ... Jac ...«
    »Ich weiß, dass du Jacob Ademar heißt«, sagte der andere. »Was meinst du denn, wie ich dich gefunden habe? Aber wer bist du?«
    »Was ... wie meinst du das?«
    »Was machst du? Wer bist du? Was schreibst du?«
    Ademar lag nach wie vor mit dem Gesicht zur Tür. Der andere schien sich nicht zu rühren. Er wartete regungslos auf eine Antwort. Vielleicht hatte er vergessen, warum er hergekommen war. Bald würde es ihm wieder einfallen.
    »Ich bin Schriftsteller.« »Schriftsteller? Was schreibst du?«
    »Alles Mögliche. Was ... warum fragst du?«
    Was spielt das für eine Rolle?, dachte Ademar. Aber wenn ich es ausspreche, fällt ihm womöglich wieder ein, dass es keine Rolle spielt, und er bringt mich um. Ich kann mich nicht an sein Gesicht erinnern. Er ist gesichtslos.
    »Woran schreibst du gerade? Was liegt da auf dem Schreibtisch?«
    Ademar antwortete nicht.
    »Und der Computer. Auf dem Bildschirm ist ein Text.«
    Mit der Stimme war etwas passiert. Sie klang anders. Neugier?
    Nein. Eine andere Art Sadismus? Nein. Etwas anderes. Erstaunen? Vielleicht. In der Stimme war Staunen. Verwunderung. Das war das richtige Wort. Verwunderung.
    »Haben ... hast du es gelesen?«
    Der andere antwortete nicht. Ademar hörte, wie Papier knisternd gefaltet wurde.
    »Was weißt du von dem Lager auf Brännö?« »Wie meinst du das?«
    Plötzlich waren die Schritte wieder da, schnelle Schritte über den harten Fußboden, die auf ihn zukamen. Er versuchte, sich zusammenzukrümmen. Aber es kam kein Tritt. Wieder eine Hand auf seiner Schulter. Er wurde herumgedreht. Nicht mehr so brutal wie vorher. Das Gesicht des anderen. Er meinte, es zum ersten Mal zu sehen. Seine Hände. Er hielt ihm eine Manuskriptseite hin. »Du schreibst über sie. Du schreibst über Beatrice.«
    »Wa ... was?«
    »Du schreibst über Beatrice. Du hast über Beatrice geschrieben!«
    »Ja? Was mei ...«
    »Warum?«, unterbrach ihn Lejon. »Kanntest du sie?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher