Toter Mann
konnte, dass der Schriftsteller große Schmerzen hatte. Vermutlich einige gebrochene Rippen neben all den anderen Verletzungen. Sein Gesicht war genauso grau wie der Bildschirm. Das lag nicht an der Beleuchtung. Ademar musste ins Krankenhaus. Winter konnte ihn hinfahren. Aber zuerst dies.
»Ich war auf Brännö«, sagte er. »Hab mich ein bisschen nach Richardsson umgehört. Er hat die Insel vermutlich genau in dem Sommer verlassen, als Beatrice verschwand. Bisher hatte ich noch keine Zeit, das zu überprüfen. Aber ich glaube es. Er ist nie mehr zurückgekommen, nicht mal zur Beerdigung seiner Eltern. Können Sie das begreifen? Damals ist etwas passiert, das ihn für immer von der Insel ferngehalten hat.«
Ademar nickte.
»Sind Sie schon so weit in Ihrem Buch, Herr Ademar? Oder soll das das nächste Kapitel werden?«
»Ich weiß es nicht. Es gibt kein nächstes Kapitel.«
»Ist jemand von damals bei Ihnen gewesen?«, fragte Winter. »Von wann?«
»Sie wissen, was ich meine. Eine Person aus Ihrem Buch. Aus der Vergangenheit. Aus jenem Sommer. Der noch nicht in Ihrem Buch aufgetreten ist, aber hineingehört. Und der nicht darin vorkommen will und deshalb das Manuskript mitgenommen hat. Er hat Ihnen verboten, weiterzuschreiben. Aber das geht doch nicht, Herr Ademar. Das wäre ja, als würde mir jemand verbieten, weiter in diesem Fall zu ermitteln.«
»Deswegen war er nicht hier«, sagte Ademar.
»Doch. Er war hier, damit Sie ihn aus seinem Buch streichen. Das ganze verdammte Buch streichen.«
»Nein, er ist aus einem ganz anderen Grund gekommen.« »Und aus welchem?«
»Ich habe sein Auto angefahren.« »Wie bitte?« »Ich hab sein Scheißauto angefahren! Und hab's nicht mal bemerkt. Er hat mich ausfindig gemacht. Der Lack war beschädigt. Er könnte bei Ihrer Spurensicherung arbeiten. Chef der Spurensicherung. Er hat mich aufgespürt.«
»Die Geschichte glaube ich nicht.« »Deswegen hat er mich fast totgeschlagen.« »Warum nur fast?«
Ademar antwortete nicht.
»Sie haben selbst gesagt, dass er Sie fast erschlagen hat. Warum? Es muss doch noch etwas passiert sein? Was hat ihn veranlasst, Sie nicht totzuschlagen?«
Ademar schaute rasch zum Bildschirm. Das war auch eine Antwort.
»Er kommt in Ihrem Buch vor«, sagte Winter. »Er hat es entdeckt. Nun sind wir also wieder am Ausgangspunkt. Er war damals dabei, aber er will nicht in dem Buch genannt werden.« Ademar beugte sich vor und stellte den Computer aus, wie um nachdrücklich zu unterstreichen, dass alles vorbei war.
Er sah Winter an.
»Er bringt mich um, wenn er erfährt, dass ich mit Ihnen gesprochen habe.«
»Er hat Sie bereits fast totgeprügelt. Sie sind ja schon halbtot.« »Darüber kann ich nicht lachen, Winter. Es tut gar zu sehr weh.«
»Ich wollte keinen Witz machen. Wer war es?«
»Wie gesagt: Er bringt mich um. Oder das, was noch von mir übrig ist. Glauben Sie mir. Wenn Sie ihm Fragen stellen, wird ihm klar, dass ich geredet habe. Dann haben Sie eine weitere Leiche in Ihrer Ermittlung. Das wollen Sie doch nicht, oder? Selbst wenn Sie schon wissen, wer es getan hat.«
»Hat er es getan?«, fragte Winter. »Hat er Sellberg umgebracht?« »Ich weiß es nicht. Davon hat er nichts gesagt.«
»Ihr Name wird nicht fallen«, sagte Winter.
»Mir kommen die Tränen«, sagte Ademar.
»Ich nenne Ihnen jetzt einen Namen«, sagte Winter. »Nur einen Namen, und Sie können als Antwort weinen, wenn Sie wollen. Aber es gibt schon einen Namen. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen. Den Namen, den ich weiterverfolgen will, habe ich bereits. Von Ihnen brauche ich nur eine Bestätigung.«
»Eine Bestätigung für was?« »Dass ich recht habe.« »Womit recht haben?«
»Wir werden ja sehen. Erst der Name.« »Lieber nicht.«
»Lejon«, sagte Winter. »Christian Lejon.« »Wer ist das?«
»Ein lokaler Gangster. Lejon.«
»Er ... hat seinen Namen nicht genannt«, sagte Ademar.
»Das glaube ich Ihnen nicht. Hören Sie auf zu lügen, Ademar. Sie arbeiten im Augenblick nicht. Lejon ist nicht gerade ein schüchterner Typ. Er würde Ihnen seinen Namen nennen, selbst wenn er nicht mit der Absicht gekommen ist, Sie hinterher zu erschlagen.«
Ademar nickte.
»Sie haben es vielleicht schon gewusst«, sagte Winter. Ademar schwieg.
»Was hat er jetzt vor?«, fragte Winter. »Wie meinen Sie das?«
»Was will er mit dem Manuskript machen?« »Ich weiß es nicht.«
»Was werden Sie machen?«
»Nichts«, antwortete Ademar. »Was wollen Sie
Weitere Kostenlose Bücher