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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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mit ihm die Zeit totschlagen wollte, während es auf den nächsten Knaller wartete. Er war nie ein Knaller gewesen, höchstens eine Knallerbse, würde auch keiner mehr werden. Er versuchte sich an dem albernen Gedanken festzuhalten, während die Übelkeit versickerte. Der Taxifahrer wartete noch immer, eine treue Seele. Ademar drehte sich um und kroch wieder in das Auto.
    Er nickte den dunklen Augen des Fahrers im Rückspiegel zu. Weiter, vorwärts.
    Siv Winter lehnte ein weiteres Glas Wein dankend ab. Ihr Sohn schenkte sich selber ein. Wein half gegen alles. Im Vergleich zu Whisky war er die mildere Medizin. Siv hatte ein Land verlassen, in dem der Wein nie versiegte, oder in ihrem Fall Gin Tonic. Winter glaubte, dass sie bald zurückfahren würde.
    Angela hatte sich entschuldigt und die halb schlafende Lilly hinausgetragen. Siv Winter hatte ihnen nachgesehen. Aus dem Bad hörten sie Wasser plätschern.
    »Wie ist es, wieder hier zu sein?«, fragte er. »Was für einen Eindruck hast du von der Stadt?«
    »Sie hat sich verändert«, antwortete sie. »Zum Besseren oder Schlechteren?«
    »Das weiß ich noch nicht.« Sie wies mit dem Kopf auf die Flasche. »Vielleicht trinke ich doch noch ein Glas.« Er schenkte ihr ein.
    »Und ihr habt euch auch verändert, du und Angela.« »Ach?«
    »Ja.«
    »Zum Besseren oder Schlechteren?« »Weißt du es nicht selber?«
    »Nein.«
    »Dann stellst du dich dümmer, als du bist, Erik. Und so sehr hast du dich auch wieder nicht verändert, dass dein Kopf darunter gelitten hätte.«
    »Vielleicht doch. Ich habe Kopfschmerzen, womöglich habe ich einen Teil meines Verstandes eingebüßt.«
    »Ich finde, du solltest dich zusammenreißen.«
    Er antwortete nicht. Es war das Privileg der Mutter, so mit ihrem Sohn zu sprechen. Er nahm einen Schluck Wein, der nicht mehr schmeckte, viel zu mild. Er brauchte einen Whisky. Er brauchte etwas, dessen Geschmack und Stärke er wahrnehmen konnte. Der Riesling war jetzt wie Leitungswasser.
    »Angela sieht traurig aus«, sagte Siv.
    »Worüber habt ihr eigentlich geredet?« »Nichts.«
    »Nichts? Mir machst du nichts vor.« Er stand auf. »Entschuldige.«
    Er ging ins Wohnzimmer, nahm eine der Whiskyflaschen von der Anrichte und goss sich etwas in einen TumbIer, zwei, drei Zentimeter. Er trank einen Schluck und kehrte mit dem Glas in die Küche zurück.
    »Möchtest du einen Gin Tonic?«, fragte er. »Ich möchte nichts mehr.«
    Sie schaute auf das Whiskyglas, sagte aber nichts. Er setzte sich.
    »Es ist ein anstrengender Tag gewesen. Diese Kopfschmerzen ... und dann die Arbeit.«
    »Ist es nicht immer die Arbeit?« »Angela findet, ich bin nie zu Hause.« »Und - stimmt das?«
    »Jetzt zum Beispiel bin ich zu Hause.«
    Er nahm noch einen Schluck. Der schmeckte wenigstens nach etwas. Whisky half gegen alles. Whisky ist das Getränk des Teufels, aber wenn man den Teufel in Schach hielt, war Whisky die beste Medizin der Welt. Er hatte ihn unter Kontrolle, der Teufel würde nie Gewalt über ihn bekommen.
    »Ihr müsst wirklich darüber reden«, sagte Siv. »Ihr seid vernünftige, reife Menschen. Du wirst bald fünfzig, Erik, und kannst dich doch nicht wie ein junger Spund aufführen.«
    »Ich benehme mich also wie ein junger Spund? Was genau tue ich denn?«
    »Du hast erst spät eine Familie gegründet. Darüber hab ich mir immer Sorgen gemacht. Du schienst nicht reif dafür zu sein, und das habe ich nicht verstanden.«
    »Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit«, sagte er. »Ich sag nichts mehr.«
    »Doch, doch, nur raus damit. Warte, bis Angela zurückkommt, dann kann sie gleich an der Therapie teilnehmen.«
    »Sei nicht albern, Erik.« Er wollte noch einen Schluck nehmen. Zu seiner Verwunderung war das Glas leer. Er stand auf, ging ins Wohnzimmer, goss sich noch einige Zentimeter ein und kehrte zurück. Jetzt war er ruhig. Alles würde gut werden. Es war nur die natürliche Sorge einer Mutter um ihren Sohn und sein Leben. Dabei hatte sie gar keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Alles war in Ordnung. Irgendwann musste der Winter mit seiner Kälte kommen, die in die Haut biss, das war gut nach der vielen Sonne. Zu viel Sonne war nie gut. Siv hatte sie schließlich nicht mehr ausgehalten. Er hielt Sonne aus, aber nicht allzu lange. Das halbe Jahr an der Costa del Sol war die Grenze gewesen, glaubte er. Andererseits ...
    Er setzte sich wieder.
    »Vielleicht bin ich dumm«, sagte er. Sie lächelte.
    »Aber nur manchmal«, sagte sie. »Eigentlich bist du

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