Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Bucht. Vom einen Meer zum anderen, je nachdem, wie man es betrachtete. Manchmal war es ihm jedenfalls so vorgekommen. Viele Sommer zwischen Kindheit und Jugend war er ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit gegangen. Er würde es wieder tun. Er würde hinfahren, so schnell er konnte.
    »Oder was glaubst du?«, hörte er Birgersson fragen.
    »Ich weiß nicht, was seine Antworten wert sind«, sagte Winter. »Aha.«
    »Ich möchte wissen, wer damals dort gearbeitet hat«, fuhr Winter fort, »in dem Sommerlager.«
    »Daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern, Erik. Aber es gibt ja das Archiv.«
    »Wie hieß der Zeuge? Die letzte Person, die Beatrice gesehen hat?«
    »Das habe ich vergessen. Ich glaube, es war ein Junge.«

DRITTER TEIL
    23
    Die Lovisagatan lag still da wie immer. Winter stand vor der Gartenpforte zu Ademars Haus. Einmal war diese Ruhe auf vielleicht gewaltsame Art gebrochen worden: Ademars Auseinandersetzung mit Sellberg. Was war eigentlich passiert? War überhaupt etwas passiert? Handelte es sich womöglich nur um eine Phantasie des Autors? Eine Lüge. Und wenn - warum? Ademar hatte nicht wissen können, was später mit Sellberg passieren würde. Oder doch? Winter kam nicht an den Mann heran, aber so ging es ihm mit den meisten Menschen, mit denen er beruflich zu tun hatte. Deren Aufgabe schien darin zu bestehen, unnahbar zu sein. Fremde zu sein. Ademar war ein Fremder. Er schrieb über die Tragödie seines Lebens, die Tragödie seiner Familie. Seine Erzählung schien ihn selber zu irritieren. Den Eindruck hatte Winter jedenfalls. Aber nicht nur, weil er über seine verschwundene Schwester schrieb. Es war wirklich seine Schwester, das hatte Winter so genau wie möglich überprüft. Die Mutter war tot. Einen Vater hatte es nicht gegeben. Er war offenbar schon früh aus ihrem Leben verschwunden.
    Warum irritierte Ademar seine eigene Erzählung? Wusste er etwas, worüber er nicht schreiben wollte? Wollte er sich damit nicht befassen? War da etwas, das ihn dennoch dazu zwang?
    Winter öffnete die Pforte. Sie gab einen rostigen Jammerlaut von sich. Der ursprüngliche weiße Putz des Hauses war im Lauf der Jahre grau wie ein verhangener Winterhimmel geworden. Der Himmel über Winter war blau, genauso unbegreiflich blau wie seit Wochen. Es gab keine Wolken mehr. Die Kinder hatten vergessen, was Wolken waren.
    Ademar kam auf die Treppe hinaus und machte keine Anstalten, Winter in irgendeiner Form zu begrüßen. Er war mit einem weißen Hemd und einer schwarzen Hose wie für einen feierlichen Anlass gekleidet. Als Winter sich über den schmalen Schotterweg näherte, kam ihm Ademar verändert vor, als wäre etwas passiert. Das Gesicht war nicht mehr richtig dasselbe. Das zu registrieren hatte Winter im Lauf seines Berufslebens gelernt. Manchmal hatte es etwas zu bedeuten.
    »Was wollen Sie?«, fragte Ademar. Sein Ton war nicht unfreundlich.
    »Störe ich Sie beim Schreiben?«, fragte Winter.
    »Ja.«
    »Ich will Sie nicht lange aufhalten. Aber genau darum geht es.« »Um was?«
    »Um Ihr Schreiben.«
    »Kommen Sie herein.« Ademar drehte sich um und ließ die Tür hinter sich offen. Winter folgte ihm in die Diele. Ademar ging weiter in ein Zimmer auf der linken Seite. Winter sah einen großen Schreibtisch mit einem iMac, ansonsten war der Raum so gut wie leer. Keine Papierstapel, keine Bücher, nur ein ordentliches kleines Manuskriptbündel hinter dem Computer.
    »Ich brauche einen aufgeräumten Schreibtisch, wenn ich arbeite«, sagte Ademar. »Ich auch.« »Schreiben Sie?«
    »Jeden T ag ein paar Zeilen«, sagte Winter.
    »Ich wünschte, ich könnte dasselbe von mir behaupten.« »Geht es so zäh voran?«, fragte Winter.
    »Zäh ... Sie sagen es!« Ademar sah aus dem Fenster. Hinter der Fliederhecke war ein Stück von Sellbergs Haus zu sehen, es hätte irgendein Haus in der Straße sein können. »Wie geht es bei Ihnen voran?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Winter. »Das weiß man nie, wenn man mittendrin steckt.« »Sind Sie mittendrin?«
    »Das weiß ich auch nicht.« Winter lächelte.
    »Klingt nach seriöser Schriftstellerei«, sagte Ademar. »Ich erschaffe nichts«, sagte Winter.
    »Die Frage ist, ob ich das tue.«
    »Ich bin hier, um mit Ihnen über Ihr Buch zu sprechen«, sagte Winter.
    »Mein Buch? Es gibt noch kein Buch.« »Sie wissen, was ich meine.«
    »Was wissen Sie denn eigentlich?« Ademar hielt den Blick auf das Haus hinter der Fliederhecke gerichtet.
    »Ich weiß, dass Ihr Nachbar in dem

Weitere Kostenlose Bücher