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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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wir genug hatten, um die Mannschaft bis morgen zu versorgen. Dann kippten wir die restlichen Köder aus dem Eimer über die Reling. Das schleimige Zeug schwamm auf den Wellen – ein ekliger Leckerbissen für die Aasfresser, die unter der Oberfläche lauerten. Ein paar Vögel stießen herab, um sich Eingeweide aus dem Wasser zu schnappen. Wir verstauten das Angelzeug und gingen unter Deck, um uns zu waschen. Sowohl Mitch als auch ich stanken nach Fisch. Ich weiß noch, wie ich erleichtert feststellte, dass wir kein Thunfischblut an den Händen hatten.
     
    »Wird Mitch jetzt dein neuer Freund?«
    Die Frage überrumpelte mich, und ich starrte Malik einen Moment lang an und versuchte herauszufinden, ob er es ernst meinte oder Spaß machte. Sein Gesicht war ernst.
    »Nein«, sagte ich schließlich. »Ich glaube nicht, dass Mitch schwul ist, Malik.«
    Das Abendessen war schon seit ein paar Stunden vorüber, und wir drei hatten uns gerade bettfertig gemacht. Mitch war wieder beim Kartenspielen in der Kabine der Jungs aus dem Maschinenraum. Bis auf das vereinzelte Ticken und Ächzen aus den Rohren war es ruhig auf dem Schiff. Der Großteil der Mannschaft lag schon im Bett. Weder Basil noch der Professor waren zum Abendessen in die Bordküche
gekommen. Ich hatte vor dem Essen nach ihnen geschaut. Der Professor sagte, er fühle sich nicht gut – zu viel Aufregung für einen Tag. Seine Stimme klang müde. Seine Hand war versorgt und bandagiert worden.
    Basil antwortete nicht, als ich an die Tür seiner Kabine klopfte. Ich gab meiner Neugier nach, öffnete die Lukentür und spähte hinein. Er schlief und rührte sich auch nicht, als ich seinen Namen flüsterte. Nach dem Abendessen hatten Joan und Alicia angeboten, ihnen etwas zu essen zu bringen und nach ihnen zu sehen. Wir hatten sie seitdem nicht mehr gesehen, aber ich ging davon aus, dass es beiden Männern gutging. Sonst hätten die Frauen etwas gesagt.
    »Okay«, meinte Malik jetzt. »Ich hab mich das nur gefragt. Ihr zwei seid ja Freunde. Ich war mir eben nicht sicher, ob das heißt, dass ihr auch zusammen seid.«
    »Schwule Männer können auch einfach nur mit anderen Männern befreundet sein, Malik. Das bedeutet nicht automatisch, dass sie ›zusammen sind‹. Ich mag Mitch, aber nicht auf die Art. Er ist ein guter Mensch, und er hat uns ziemlich aus der Patsche geholfen. Ohne ihn wären wir diese Hunde niemals losgeworden.«
    »Ich mag ihn auch«, sagte Malik und klappte sein Die Lebenden Toten-Comic zu. Da hatte ich richtiggelegen. Er hatte es jede Nacht mehrmals gelesen, seit ich es ihm gegeben hatte.
    »Euch beide.«

    Tasha schaute von dem Bild auf, das sie mit ein paar Stiften malte, die Carol ihr gegeben hatte.
    »Malik hat unseren Dad nicht mehr gekannt.«
    »Habe ich wohl.«
    »Nein, hast du nicht. Du hast gesagt, du könntest dich nicht an ihn erinnern.«
    »Kann ich wohl... ein bisschen. Glaube ich. Manchmal...«
    Ich setzte mich neben ihn aufs Bett. »Es ist okay, wenn du es nicht kannst. Ich kann mich auch nicht mehr an meinen Vater erinnern. Er ist abgehauen, als ich noch ein Baby war.«
    »Wirklich? Unser Dad hat das auch gemacht. Momma hat immer gesagt, er tauge nichts.«
    Ich schmunzelte. »Meine Mutter hat dasselbe über meinen gesagt. Als ich in deinem Alter war, hat mir das Sorgen gemacht. Ich dachte, ich sei vielleicht schwächer oder dümmer als die anderen Jungen in meiner Klasse, weil ich keinen Vater hatte, der mir Sachen beigebracht hat, so wie ihre Väter das gemacht haben. Aber weißt du was? Einige von denen wären ohne Väter auch besser dran gewesen. Ein paar dieser Väter waren Trinker oder sie haben sie misshandelt oder einfach ignoriert. Und weißt du noch was? Ich war besser dran ohne meinen Dad. Nach allem, was ich gehört habe, wäre er ein lausiges Vorbild gewesen.«
    »Was ist ein Vorbild?«, fragte Malik.
    »jemand, zu dem du aufschaust«, erklärte Tasha ihm. »So wie du zu Lamar und Mitch aufschaust.«

    Malik wand sich, offenbar peinlich berührt, dass seine große Schwester das verraten hatte. Ich war mir nicht sicher, was ich sagen sollte, und bevor ich antworten konnte, öffnete sich die Lukentür, und Mitch betrat die Kabine. Anscheinend hatte er heute gute Karten gehabt. Er grinste von einem Ohr zum anderen. Er schloss die Luke hinter sich und wollte etwas sagen, doch dann musterte er uns.
    »Was ist hier los? Was habe ich verpasst?«
    »Nichts«, versicherte ich ihm. »Warum?«
    »Weil ihr zwei so plötzlich still

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