Totes Meer
geblutet habe. Geht da nicht hin.«
»Aber du brauchst Hilfe. Du musst -«
»Nein, du musst, und zwar zuhören , Mädchen.«
Zögernd wich Tasha einen Schritt zurück.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Mitch. »Ich wollte dich nicht erschrecken, Tasha, aber ich bin infiziert, und ich will nicht, dass ihr euch auch ansteckt.«
Draußen auf dem Gang hörte ich Carol rufen. Ihre Stimme war gedämpft, aber erschrocken.
»Was ist da los? Hat da jemand geschrien?«
»Carol«, rief ich durch die geschlossene Luke, »Bleib in deiner Kabine! Joan ist ein Zombie!«
»Was?«
»Sie ist direkt vor unserer Tür. Lass bloß deine Luke geschlossen.«
Ich trat einen Schritt vor und machte dabei einen weiten Bogen um die dicken Blutstropfen, die Mitch hinterlassen hatte.
»Vielleicht ist es noch nicht zu spät, Mitch. Wir könnten...«
Der Blick, den er mir zuwarf, ließ die Worte auf meiner Zunge sterben.
»Du hast gesehen, wie es passiert, Lamar. Genau wie ich. Schon viel zu oft. Die Infektion setzt sofort ein. Es ist egal, ob man sich den Arm abschneidet oder die Wunde ausbrennt oder ein verdammtes Fass mit Bleiche darüberkippt. Wir wissen beide, was passieren wird.«
Tasha begann zu weinen. Eine Sekunde später heulte auch Malik los. Das gedämpfte Klopfen von draußen ging weiter.
»Gott verdammt.« Frustriert schlug ich gegen den Spind. »Gottverdammte Scheiße.«
»Ja«, sagte Mitch und wickelte sich den Kissenbezug wie eine Aderpresse um den Arm. »Glaub mir, mir geht’s genauso. Aber das wird uns nicht weiterhelfen, Lamar. Reiß dich zusammen, den Kindern zuliebe. Wir brauchen einen Plan.«
»Wir sollten doch in Sicherheit sein«, wimmerte Tasha. »Das habt ihr versprochen. Ihr habt gesagt, auf dem Schiff wären wir sicher. Ihr habt gesagt, die Zombies könnten uns hier nicht kriegen!«
»Genau.« Malik wischte sich die laufende Nase am Ärmel ab. »Wie sind sie an Bord gekommen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das wissen wir nicht,
Leute. Wir haben keine Ahnung. Das ergibt alles keinen Sinn.«
Stöhnend vor Schmerzen zog Mitch den Kissenbezug fest. Er war bereits blutdurchtränkt. Tasha wischte sich die Tränen ab, riss das Laken von seinem Bett, schnappte sich Mitchs Taschenmesser aus seinem Schrank und begann, das Laken in Streifen zu scheiden. Joan kratzte weiter an der Tür.
»Kann Joan den Riegel bedienen?«, fragte Malik mit einem Blick zur Tür.
»Glaube ich nicht.« Ich wandte mich an Mitch. »Es muss eine Möglichkeit geben. Amputation? Feuer? Du kannst nicht einfach aufgeben.«
Mit zusammengebissenen Zähnen beendete er seine Bandagearbeiten. Der Stoff war von roten Flecken übersät, aber die Blutung schien zum Stillstand gekommen zu sein.
»Ich gebe nicht auf«, sagte er dann. »Ich nutze die Zeit, die mir bleibt. Ich weiß nicht, wie lange das sein wird, also sollten wir nicht dumm rumstehen. Holt die Waffen raus. Alle.«
Malik hörte abrupt auf zu weinen. »Auch die Granaten?«
»Ja, Malik.« Mitch grinste trotz der Schmerzen. »Auch die Granaten.«
Ich hob die Matratze an und zog die Gewehre darunter hervor. Dann nahm ich die Munition und die Granaten. Mitch lehnte sich gegen die Wand und nickte.
»Ihr werdet sie laden müssen. Und Tasha, auch du
musst diesmal ein Gewehr nehmen. Ich kann die Pistole benutzen, selbst mit dem kaputten Arm. Aber ein Gewehr werde ich auf keinen Fall bedienen können.«
»Das schaffe ich«, versicherte Tasha, »wenn du mir zeigst, wie es geht.«
»Wir werden nicht viel Zeit haben«, meinte Mitch. »Aber ich werde es versuchen.«
»Vielleicht solltest du gar keine Waffe nehmen«, schlug ich vor. »Ich meine, nichts für ungut, Mitch, aber du hast es selbst gesagt. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»Stimmt, aber noch bin ich nicht tot. Was – glaubst du etwa, ich werde mich gegen euch wenden? Ich muss schon sterben, bevor ich zum Zombie werde, Lamar. Also kann ich genauso gut so viele von den verdammten Dingern ausschalten, wie ich schaffe, bevor es passiert. Wer weiß schon, wie viele von denen auf dem Schiff rumlaufen?«
»Wie sind sie überhaupt an Bord gekommen?«, wiederholte ich die Frage der Kinder.
»Tja, lasst uns kurz darüber nachdenken. Wie auch immer es passiert ist, sie haben Joan als Erste erwischt. So wie sie aussieht, ist sie noch nicht lange tot. Beim Abendessen haben wir sie noch gesehen, stimmt’s?«
Wir nickten alle drei.
»Okay«, fuhr Mitch fort. »Dann ist es also passiert, nachdem sie die Schiffsküche verlassen
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