Totes Zebra zugelaufen
Spießer. Viele unserer Mitglieder sind Juden und Bürger japanischer Herkunft.«
Sie erreichten den Parkplatz, und Tibbs stieg in seinen Wagen.
»Ich werde Sie auf dem laufenden halten, soweit mir das möglich ist«, versprach er. »Bitte, vergessen Sie nicht, mich sofort anzurufen, wenn sich hier etwas tut.«
»Ich vergesse es bestimmt nicht«, versicherte Forrest.
Tibbs steuerte seinen Wagen zum Tor und fuhr in Richtung San Bernardino davon. Er meldete sich im Büro des Sheriffs, erledigte einige Formalitäten und ließ sich dann ins Leichenschauhaus führen. Er wechselte einige Worte mit dem Wärter, der ihm mit einiger Überraschung zuhörte und dann verschwand. Als er zurückkehrte, reichte er Tibbs eine kleine Schachtel. Tibbs schrieb noch einige Punkte auf, die er vom Amtsarzt geklärt haben wollte, und stieg dann wieder in seinen Wagen. Eine gute Stunde später hielt er auf dem Parkplatz vor seinem Büro.
Er teilte den kahlen, zweckmäßig eingerichteten Raum mit einem Kollegen. Es hatte ihn harte Arbeit gekostet, bis hierher aufzusteigen. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, stellte die kleine Schachtel auf die Platte, so daß er sie unmittelbar vor Augen hatte, und lehnte sich zurück, um nachzudenken.
Nach seinem Eintritt in den Polizeidienst und der Absolvierung der Schulungskurse hatte man ihn in eine Uniform gesteckt und ihm das ehrenvolle Amt übertragen, Tag für Tag unter brütender Sonne den Verkehr zu regeln. Später hatte man ihn auf ein Krad gesetzt, und er war acht Stunden am Tag unablässig durch die Strafen gefahren und hatte auf Parksünder Jagd gemacht.
Sechs Jahre lang hatte er geduldig diesen Dienst versehen, der zur Grundausbildung eines Polizeibeamten gehörte. Einen großen Teil seiner Freizeit opferte er einer ganz anderen Tätigkeit. Während seiner Studienzeit war sein Interesse an den Kampfsportarten des Ostens geweckt worden: an Judo, Kendo, Aikido und Karate. Kendo — die Kunst, mit dem Schwert umzugehen — hatte ihm zwar Freude gemacht, doch er war sich klar, daß die anderen Sportarten für seinen Beruf von größerer Wichtigkeit waren. Allmählich hatte sich sein Interesse auf die feine Kunst des Aikido und, in direktem Gegensatz dazu, auf den tödlichen Kampfsport des Karate konzentriert.
In beiden Schulen, die er besuchte, lernte er, mit bloßen Füßen aufrecht auf dem Boden zu sitzen, geradeaus zu blicken und den Leiter als sensei anzusprechen. In den Aikido-Kursen, wo seine Körperbeherrschung und seine Ausdauer hart auf die Probe ge' stellt wurden, lernte er, die gesamte Kraft seines Körpers zu konzentrieren und in blitzartige Schlagkraft umzusetzen. Er lernte die Handkanten zu gebrauchen, die Ellbogen, die Knie, die Füße, und erfuhr, wie er sich gegen ähnliche Angriffe schützen konnte.
In diesen Schulen schien keiner seiner Lehrer davon Notiz zu nehmen, daß er Neger war. Ihm selbst fiel es schon lange nicht mehr auf, daß einige seiner Lehrer und Kurskollegen Japaner waren und andere nicht. Gerade bei Karate blieb gar keine Zeit zu solchen Überlegungen. Ein Gegner war lediglich ein Mann, der einen bestimmten Körperbau und ein bestimmtes Können besaß. Man mußte all seine Konzentration aufbieten, sich ganz und gar an den Kampf hingeben, um ihn zu überwinden. Da blieb kein Raum für andere Gedanken.
Im Aikido, mit dem er relativ spät angefangen hatte, trug Tibbs den braunen Gürtel.
Er war sechs Jahre lang Polizeibeamter gewesen und acht Jahre lang ein eifriger Karateschüler, als die Angehörigen der Karate-Prüfungskommission, von denen man nie wußte, was hinter ihren steinernen Gesichtern vorging, eine Entscheidung über ihn fällten. Nachdem sie ihn unzählige Male beobachtet und erbarmungslos unter die Lupe genommen hatten, befanden sie ihn schließlich für würdig, den schwarzen Gürtel zu tragen. Es war der stolzeste Tag seines Lebens gewesen, als er aus ihren Händen voll Bescheidenheit diese höchste Auszeichnung empfing. Noch gehörte er dem untersten Rang der Träger des schwarzen Gürtels an, doch er zählte zur Elite.
Vier Tage später erschoß ein Einbrecher nachts einen Tankwart und lief auf der Flucht einem schlanken unbewaffneten Neger in Zivil über den Weg. Der Verbrecher schlug nach dem harmlos aussehenden Passanten, um ihn zur Seite zu drängen. Er wußte nicht, daß ihm die größte Überraschung seines Lebens bevorstand. Das wurde ihm erst klar, als er Stunden später mit eingegipstem gebrochenem Arm im
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