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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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Gefühle für sie regten sich in ihm, obwohl sie an diesem Tag erst zum zweitenmal zusammen waren. Er hob den Arm und blickte auf seine Uhr.
    Ellen bemerkte es. »Wie spät ist es?« fragte sie rasch.
    »Fünf Minuten nach zwölf.«
    Sie stand auf. »Wieder ein neuer Tag.«
    »Ja, mein Geburtstag.«
    »Ich wünsche Ihnen alles Gute«, sagte sie, als sie zum Wagen zurückkehrten.
    »Danke.« Er verstummte einen Moment. »Ich finde, schöner hätte mein Geburtstag gar nicht anfangen können.«
    Sie sah ihn an. »Wie nett von Ihnen«, erwiderte sie mit einem Lächeln. Als er es erwiderte, blieb sie plötzlich stehen und wandte sich ihm zu.
    »Meinen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte sie. Sie hob den Kopf und öffnete leicht die Lippen.
    Es war eine der wenigen impulsiven Reaktionen, zu denen sie sich bisher verleiten ließ. Sie hielt nichts davon, sich vom erstbesten Verehrer küssen zu lassen. Nur alten Freunden erlaubte sie es hin und wieder.
    George fand sie in diesem Augenblick unsagbar begehrenswert. Die Berührung ihrer warmen Lippen erregte ihn in einem kaum erträglichen Maß. Er mußte sich beherrschen, um sie nicht an sich zu reißen.
    Ein Auto kam den Hügel herauf und tauchte den Parkplatz in blendendes Licht, als es die Kurve nahm. George hielt Ellen fest, während der Wagen an ihnen vorbeifuhr. Dann ließ er sie sachte los und spürte, daß seine Knie zitterten, als er sie über den Schotter zum Wagen zurückbrachte.
    Als er sie vor dem Hotel ihrer Eltern absetzte, versuchte er nicht, sie noch einmal zu küssen. Er wünschte ihr gute Nacht und fuhr zurück nach Sun Valley Lodge , mit sich und der Welt zufrieden. Als nächstes wollte er sie fragen, ob sie segeln konnte.

12

    Als Virgil Tibbs wenige Minuten vor acht zu seiner für den Abend angesetzten Verabredung mit Walter McCormack kam, wartete Walter Brown am Tor. Der Chauffeur erkannte ihn sofort und öffnete die beiden Flügel des Tores. Tibbs fuhr an und bremste neben dem Chauffeur, um ihm zu danken.
    »Ich habe Anweisung, Sie hereinzulassen«, erklärte Brown. »Wie haben Sie das fertiggebracht?«
    »Köpfchen«, versetzte Tibbs. »Auf jeden Fall braucht niemand Angst zu haben, an die Luft gesetzt zu werden.«
    »Das weiß ich. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie Sie den alten Knaben dazu gebracht haben. Parken Sie gleich vor der Tür. Es kommt sonst niemand.«
    Tibbs steuerte die gewundene Einfahrt hinauf. Das Tageslicht spiegelte sich noch glitzernd im Meer, und der Westwind brachte den salzigen Geruch des Ozeans mit. Als er ausgestiegen war, blieb er einen Moment stehen und ließ den Blick über die langgezogene Küste schweifen. Er holte tief Atem, sog die frische, würzige Luft gierig ein. Dann konzentrierte er sich mit leichtem Bedauern wieder auf den Anlaß, der ihn hierhergeführt hatte. Er klingelte und wartete.
    Walter McCormack empfing ihn in seinem Arbeitszimmer. Er saß hinter einem massiven Schreibtisch und schien es keinesfalls eilig zu haben, aufzustehen. Er war mager, fast ein wenig gebrechlich, ein Mann Anfang Siebzig. Er trug ein Kashmir-Jackett konservativen Schnitts. Die schmale lange Nase teilte sein Gesicht wie die Schneide einer Axt. Tibbs dachte flüchtig an Lombroso, den italienischen Kriminologen, der behauptete, daß sich der Charakter eines Menschen in seiner Physiognomie ausdrücke. Diese Theorie hatte sich zwar längst als falsch erwiesen, doch Walter McCormack verkörperte tatsächlich den Aristokraten, der daran gewöhnt war, anderen seinen Willen aufzuzwingen.
    McCormack stand endlich auf und streckte die Hand aus.
    »Nehmen Sie Platz, Mr. Tibbs«, sagte er förmlich.
    Er wartete, bis sein Gast es sich bequem gemacht hatte, und fuhr dann fort: »Ich schlage vor, wir kommen gleich auf den springenden Punkt und sparen Zeit. Wir sind uns beide klar darüber, daß der Optionsvertrag, den Sie in Händen haben, nichts weiter ist als ein Mittel zum Zweck. Sie sind ein Polizeibeamter von gutem Ruf, doch ohne die nötigen finanziellen Mittel, um davon Gebrauch zu machen. Er ist daher völlig wertlos.«
    »Richtig«, bestätigte Tibbs, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Gut. Ich darf hinzufügen, daß Sie es keinesfalls nötig gehabt hätten, sich durch eine so lächerliche List bei mir einzuschleichen, wenn man mir schon bei Ihrem ersten Besuch mitgeteilt hätte, daß ein Polizeibeamter mich zu sprechen wünscht. Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen. Ich hatte es versäumt, meinem Personal für einen solchen Fall

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