Totgeburt
war herrlich gewesen, ihre Schreie, das Stöhnen, der unerhörte Gestank — sie wusste nicht wie ihr geschah.
Nur noch selten gönnte ihm die Achterbahn Ruhe und wenn sie es tat, zog er sich zurück und machte es sich auf seiner Liege bequem. Hier entließ Caspar seinen Geist. Frei vom hinderlichen Körper schickte er ihn in die Welt hinaus, um neue Möglichkeiten sexueller Ekstase zu ersinnen. Es waren süße Träume, doch so süß sie auch sein mochten, genauso sehr quälten sie ihn. Was brachten ihm die herrlichsten sexuellen Fantasien, wenn sie Fiktion blieben? Ungelebte Eigenliebe, ungelebte Triebe peinigten ihn.
Sobald er aus den Träumen erwachte, saß er längst wieder auf der Achterbahn und auf ihr war kein Platz für Planungen. Sein Freund zeigte die Richtung an und Caspar lief hinterher. Die Wirklichkeit war so stumpf und grau im Vergleich zu seinen Träumen, kein Wunder, dass sein Vater die Welt dermaßen verabscheute! Vater hatte die Welt nicht erschaffen, das war das Tun des Anderen gewesen. Vater hätte es anders gemacht. Der Schöpfer der Welt, wieso war er nur so langweilig?
Caspar lag gerade auf seiner Liege, ein neues Abenteuer ersinnend. Wie schön wäre es gewesen eine Witwe im frisch ausgehobenen Grab ihres Gatten zu ficken, ob sie wollte oder nicht. Der Priester würde noch einige Worte sagen, nur mitmachen dürfte er nicht — der geile Bock!
Bei der Vorstellung lief ihm das Wasser im Mund zusammen, er begann an sich zu herumzuspielen …
Unter der Fassade aus Arbeit und Vernunft, die ihm in der allgegenwärtigen Sterilität aus Glas und Edelstahl entgegenragte, gärte es. Der Antrieb des Menschen war nicht Vernunft, wie er zu suggerieren versuchte, sondern Sex. Dafür war er bereit alles stehen und liegen zu lassen und die Vernunft über Bord zu werfen. Die ganze Stadt miefte nach Sex. Männer wie Frauen gafften sich an und rechneten ihre Chancen aus. Sie wollten tolle Nummern und tollen Nachwuchs. Der frühere Besitzer seines Körpers war natürlich zu dumm gewesen, um das zu erkennen. Wie Caspar diesen sinnsuchenden Spinner hasste! Man sah doch auf den ersten Blick, dass die Sache keinen Sinn machte. Wo nichts war, konnte man auch nichts finden. Basta.
Der Mensch war nur Teil eines großen Reproduktionsautomats, er war ein einzelnes Glied, das innerhalb der Maschine steckte. Das Individuum war ein Zahnrad und seine Zähne griffen in die Zähne der anderen Räder und umgekehrt. Die Gesellschaft war eine Kopulationsmaschine. Er erfüllte den Sinn seines Daseins allein dadurch, dass er sich fortpflanzte und so die Maschinerie am Leben erhielt. Aber da hörte der Sinn schon auf.
Wozu also die Maschine am Leben erhalten? Die Menschen taten das nicht freiwillig, das war die Schuld des Orgasmus. Wozu denn dem Orgasmus nachjagen? Er war eine Droge, nach der alle süchtig waren. Er war billig wie Crack und der Kick war genauso kurz. Caspar erkannte all dies und trotzdem hatte er nichts besseres zu tun, als pausenlos zu ficken.
Kultur stellte den Versuch dar, Antworten auf die Sinnfrage zu finden. Er hatte jetzt schon lange genug kulturübergreifend gevögelt, um zu erkennen, dass alle Kultur und alle Gedanken Fiktion waren. Salbe einer wunden Eichel? Egal. Der Grad kultureller Größe ließ sich allein daran ermessen, wie leicht einem das Vögeln gemacht wurde. Je schwerer es einem gemacht wurde, desto schlechter die Kultur. Zu viele religiös und ideologisch entgleiste Schwachmaten versuchten, diese Wahrheit zu verbergen und die gähnende Leere mit ihren Ideen zu füllen. Idioten! Die Sinnsuche war ein sinnloses unterfangen!
Weil die Leute all dies nicht verstehen wollten, war die Maschine dieser Stadt krank, sie litt an der Impotenz und der Frigidität ihrer Glieder. Verdammt, da draußen wimmelte es nur so von minderwertigem Leben, das nicht in der Lage war, den Sinn des Lebens zu erfüllen.
Wieder wurde Caspar spitz. Wie geil wäre es, es einer alten Jungfer, die ihr Leben lang auf Sex verzichtet hatte, es so richtig pornomäßig zu besorgen? Ihr würde es kommen und dann wie Schuppen von den Augen fallen und sie würde erkennen, dass sie ihr ganzes Leben verschwendet hatte. Alte Frauen sahen sowieso irgendwie scharf aus.
***
Wo er auch hinkam, spürte er Aggression und Hass, welche angefeuert wurden durch den Kampf des Menschen nach den besten Partnern. Hass war die Sprache seines Vaters. Es erfüllte Caspar mit Freude, Kraft und mit Stolz dessen Gegenwart zu spüren, doch blieb
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