Totgeglaubt
was ihm guttäte, aber er schnitt sie mitten im Satz ab und sprang zum anderen Telefon. “Hallo?”
“Ich bin’s, Grace.”
“Was ist los?”
“Das Baby kommt.”
Er sprang auf. “Jetzt?”
Sie lachte. “Ja, aber verfall nicht gleich in Panik. So schnell geht es nun auch wieder nicht. Ich wollte dir nur sagen, dass wir auf dem Weg ins Krankenhaus sind. Willst du vorbeikommen oder zu Hause auf Nachricht von uns warten?”
“Was ist mit den Jungs? Soll ich auf sie aufpassen?”
“Nein, wir haben einen Babysitter hier.”
“Dann dusche ich schnell und komme ins Krankenhaus”, sagte er. “Molly ist am anderen Telefon. Ich sag ihr Bescheid.”
“Gut. Sag ihr, dass ich mich freue, sie nächste Woche zu sehen.”
Als Grace aufgelegt hatte, fragte sich Clay, wie Kennedy sich wohl fühlte, jetzt, wo es soweit war, dass er bald zum dritten Mal Vater werden würde.
“Clay?”, fragte Molly.
Zwei Stufen auf einmal nehmend sprang Clay die Treppe zu seinem Zimmer hinauf. “Ja, bin wieder da.”
“Wer war das?”
“Grace. Das Baby kommt.”
“Du machst Witze! Jetzt, in dieser Minute?”
Mit der freien Hand stellte er das Wasser in der Dusche an. “Irgendwann im Laufe dieses Abends.”
“Wie aufregend! Hättest du gedacht, dass sie jemals so glücklich werden würde? Dass sie je … darüber hinwegkommen würde?”
“Nein.” Er streifte seine Hose ab und warf sie in die Ecke.
“Sie hat es unter anderem dir zu verdanken, dass sie darüber hinweggekommen ist. Das weißt du, oder?”
Nein. Er wusste nur, dass sie es unter anderem ihm zu verdanken hatte, dass sie überhaupt hatte leiden müssen. Obwohl Clay natürlich klar war, dass Barker der Schuldige war und nicht er, kam er nicht darüber hinweg, dass er seine Schwestern in der fraglichen Nacht alleine gelassen hatte. “Ich muss los, Molly”, sagte er und blieb vor der Dusche stehen.
“Rufst du mich später an?”
“Ja, klar”, versprach er.
Und das tat er, genau um Mitternacht, als er in das winzige rote Gesichtchen seiner neugeborenen Nichte blickte.
Allie saß am Küchentisch und starrte auf die rote Baseballmütze, die sie in der Nähe der Hütte gefunden hatte. Sie wusste, dass sie Jed Fowler gehörte. Zum einen, weil sie das Logo seiner Werkstatt trug, zum anderen, weil sie Jed mehrmals mit dieser Mütze auf dem Kopf gesehen hatte.
Aber warum sollte Jed auf Clay schießen? Das ergab doch keinen Sinn. Wenn er Clay schaden wollte, hätte er ihn einfach öffentlich mit Barkers Verschwinden in Verbindung bringen können. So, wie die Öffentlichkeit über Clay dachte, hätte seine Aussage wahrscheinlich ausgereicht, um Clay für lange Zeit hinter Gitter zu bringen. Immerhin war Jed ja in der fraglichen Nacht vor Ort gewesen. Doch stattdessen war Fowler der einzige Mensch in ganz Stillwater, der sich auf die Seite der Montgomerys geschlagen hatte.
Allie kaute auf ihrer Lippe herum und versuchte, sich einen Reim auf all das zu machen. Dass Jed auf Clay geschossen haben könnte, widersprach jeder Logik. Doch warum sollte er sonst in der Nähe der Hütte gewesen sein? Und dafür, dass er dort war, sprach nicht nur die Baseballmütze, sondern auch die Tatsache, dass Allie ihn, unmittelbar bevor sie zur Hütte gefahren war, an Evonnes Stand gesehen hatte. War er ihr gefolgt? So wie er ihr, zumindest vermutete sie das, ein paar Tage zuvor schon einmal gefolgt war?
Sie hätte gerne mit Clay darüber gesprochen, doch sie wollte ihn nicht noch einmal anrufen, nachdem er nicht auf ihre Nachricht von Dienstag reagiert hatte. Sie wollte ihm nicht wie eine abservierte Geliebte mit Liebeskummer auf die Nerven gehen. Mittlerweile war ihr klar, dass ihr das letzte Wochenende sehr viel mehr bedeutete als ihm.
Oder vielleicht war ihre Beziehung auch einfach viel komplizierter, als er zu ertragen bereit war. Wenn das der Fall war, dann würde sie seine Vorbehalte und Befürchtungen respektieren.
Sie trommelte mit den Fingern auf den Tisch und starrte das Telefon an. Ob sie nun offiziell im Dienst war oder nicht – sie war Polizistin. Trotz ihrer Gefühlswirren musste sie sich des Falls annehmen. Vielleicht wusste Clay ja etwas über Jed, was sie weiterbringen würde.
Sie überwand ihren Stolz und griff nach dem Telefon. Es klingelte fünf Mal, bevor sich der Anrufbeantworter einschaltete.
Hier ist Clay Montgomery. Bitte hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Rufnummer.
Ihr fiel auf, dass er nicht versprach zurückzurufen. “Clay, ich
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