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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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auch für den zweiten. Einfach genial.”
    “Hendricks.” Sie stand auf und packte ihn am Arm, damit er merkte, dass es ihr ernst war. “Das ist ein verdammt weiter Schuss. Also: Verschießen Sie das Pulver nicht, indem Sie es jetzt überall herumerzählen.”
    “Wer? Ich?” Er machte eine wegwerfende Handbewegung. “Ich werde kein Wort verlauten lassen”, versicherte er.
    Aber schon am nächsten Tag wurde Allie im Supermarkt gefragt, ob Irene Montgomery tatsächlich eine Serienmörderin sei.
    Reverend Portenskis Hand zitterte, als er das Dielenbrett in der hintersten Ecke der alten Kirche hochhob und in die dunkle Mulde dahinter griff. Vor zehn Jahren, als er bei Reparaturarbeiten das Kirchenmobiliar beiseitegeschoben hatte, war er durch Zufall auf diesen Hohlraum gestoßen – und hatte es seitdem bereut.
    Wenn Gott ihm doch nur einen Hinweis geben würde, was er mit seiner Entdeckung machen sollte! Solange er sich darüber noch unschlüssig war, hatte er den schweren Tisch, der das lose Dielenbrett verdeckte, an seinen Platz zurückgeschoben und versucht, das Geheimfach und seinen Inhalt zu vergessen. Doch während der dunklen stillen Nächte, wenn der Druck des Tages langsam abfiel, erinnerte er sich an den Inhalt des Verstecks, und Bilder, die er am liebsten nie gesehen hätte, flackerten vor seinem inneren Auge auf.
    Doch jetzt, nach zehn Jahren, war er die Schuldgefühle leid, die nagende Unruhe und die Unentschiedenheit. Er hielt es nicht mehr aus. Er musste etwas tun. Er zog die Papiertüte heraus und marschierte, so schnell es seine arthritischen Gelenke erlaubten, zu dem schmalen Arbeitszimmer im hinteren Teil der Kirche.
    Ein Feuer brannte im Kamin des spärlich möblierten Raumes. Reverend Portenski ging es finanziell nicht so schlecht, wie es die Ausstattung des Arbeitszimmers suggerieren mochte. Aber da er nur für sich selbst und nicht für Frau und Kinder aufkommen musste, beschränkte er sich auf die Anschaffung der lebensnotwendigsten Dinge. Das, was ihn erfüllte, waren Wissen, Bildung und Aufklärung, denn er glaubte daran, dass sich der wahre Ruhm Gottes in der Intelligenz offenbarte. Also investierte er jeden Cent, den er nicht in die Kirche und seine Gemeinde steckte, in Bücher. Sie säumten drei Wände des Raumes, standen in Regalen, die er aus unbearbeiteten Holzplanken und Backsteinen selbst gebaut hatte.
    Es war ein Sakrileg, seinen Fund in diesen Raum zu bringen. Die Schriften einiger der größten Denker überhaupt – berühmter Philosophen und Theologen – waren hier versammelt. Doch die drückende Hitze und die leuchtenden Flammen des Feuers schienen ihm ein Zeichen zu geben.
    Portenski trat näher an den Kamin heran. Er fühlte sich, als ob die Hunde der Hölle nach seinen Fersen schnappten, als er ausholte, um die Tüte ins Feuer zu werfen.
    Los! Mach schon!
, rief es aus seinem Inneren.
Und dann denk nie wieder daran!
    Aber er konnte nicht. Sosehr er seine Kirche und den Glauben seiner Gemeinde schützen und bewahren wollte, er konnte das, was er gefunden hatte, nicht guten Gewissens zerstören. Aber er konnte es auch nicht zur Polizei bringen. Zu lange hatte er damit gewartet. Außerdem würde es auch nichts ändern. Es war zu spät.
    Doch damit war er wieder in der gleichen Situation wie in den vergangenen zehn Jahren. Er war der Hüter eines Geheimnisses, das er weder länger hüten noch preisgeben konnte.
    Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen, öffnete langsam die Papiertüte und verteilte mehrere Polaroidfotos auf seinem Schreibtisch.
    Um Buße zu tun, zwang er sich, jedes der Fotos anzuschauen. Dann übergab er sich.
    Clay hörte seine Mutter rufen.
    Er schirmte seine Augen mit einer Hand ab und blickte die Auffahrt hinauf, die weiter bis zum Hühnerstall, zur Scheune und zu den Wirtschaftsgebäuden führte. Tatsächlich, da war sie. Sie eilte ihm in einem roten Kleid, mit ausladendem Hut und auf hohen Absätzen entgegen.
    “Bleib oben, ich komme”, rief er und ließ seine Schaufel fallen, damit sie sich auf den losen Kieselsteinchen nicht die Knöchel brach. Er hatte den ganzen Morgen Bewässerungsgräben gereinigt. Dabei war er so ins Schwitzen gekommen, dass ihm sein langärmeliges Shirt trotz des leicht bedeckten Himmels am Körper klebte.
    “Hast du schon gehört?”, rief ihm seine Mutter zu, noch bevor er sie erreichte.
    Er hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Aber wenn ihre schrille Stimme ein Hinweis auf den Inhalt der Nachricht war, dann war er gar

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