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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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darüber kaputtgelacht, dass er fast vom Dach gefallen war, als ich es ihm bei einer unserer nächtlichen - und offenbar sinnlosen Übungen auf dem Laptop gezeigt hatte. Dann hab ich's also nur nicht auf die Reihe gekriegt, weil das hier Kairos' Amulett ist?, dachte ich und fummelte an dem Stein herum. Vielleicht war das ja genauso, als ob man versuchte, einen amerikanischen Fön in eine europäische Steckdose einzustöpseln.
    »So, du bist also tot, ja?«, nuschelte Josh mit vollem Mund.
    Der Eistee war so kalt, dass ich davon Zahnschmerzen bekam. Ich sah auf die Uhr. Jetzt sind sie schon mehrere Stunden weg. Wo bleiben die denn? »Genau.«
    »Und dieses Amulett macht, dass du trotzdem einen Körper hast?«, fragte er weiter.
    »Es verleiht mir zumindest die Illusion eines Körpers, ja«, antwortete ich und rutschte nervös hin und her. »Außerdem macht es mich unsichtbar für die Schwarzflügel, damit die mir nicht die Seele aussaugen. Eine Seele ohne Körper ist totales Freiwild. Darum sind die Viecher so heiß auf Vollstreckungen, weil sie hoffen, dass sie dabei vielleicht die eine oder andere Seele abstauben können. Bei einem normalen Tod tauchen die nicht auf - nur wenn man schon vorher gekennzeichnet wurde.« Ich zupfte die Kruste von meinem Sandwich ab, konnte mich dann aber doch nicht überwinden, es zu essen.
    Er starrte auf die verstümmelte Kruste. »Dann behalt dein Amulett mal schön um, okay? Bei diesen Schwarzflügeln krieg ich Gänsehaut.«
    »Ich tu mein Bestes.« Ich hätte mehr üben sollen, dachte ich. Wenn ich allerdings wirklich den Stein eines schwarzen Zeitwächters hatte, würde sich die Resonanzmeiner Aura von Barnabas' entfernen, sobald ich versuchte, das Ding zu benutzen. Und zwar eher in Richtung Nakita. Vielleicht kann ich ja Nakitas Gedanken berühren?
    »Und …«,begann Josh zögernd und holte meine Gedanken damit wieder zurück an den Küchentisch, »wo ist dann dein richtiger? Körper, meine ich.« Er runzelte die Stirn. »Du hast ihn ja wohl nicht im Garten vergraben oder so?«
    »Kairos hat ihn«, bekannte ich. Ein winziger Angstschimmer flackerte in mir auf. »Er hat ihn aus dem Leichenschauhaus mitgehen lassen, als ich da … abgehauen bin.«
    Josh setzte sich anders hin und stieß dabei mit dem Fuß an mein Stuhlbein. »Das ist ja ein Mist. Kairos war der Typ im schwarzen Auto, stimmt's? Und der ist auch so ein Todesengel?«
    Irgendwie wollte ich ihm nicht erzählen, dass Kairos ein Zeitwächter war. Wie lahm klang das denn bitte? »Eigentlich ist er mehr so was wie der Boss der schwarzen Engel.« Das hörte sich schon viel gefährlicher an. »Barnabas ist ein weißer Todesengel. Er versucht, die Leute zu retten, die von den schwarzen Engeln angegriffen werden Josh biss noch einmal in sein Sandwich und wischte sich die Krümel weg. »Solche wie dich?«
    »Ja, aber bei mir hat er's verbockt, weil ich Geburtstag hatte.« Rastlos schob ich die Chips auf meinem Teller hin und her. »Zuerst hat er übrigens gedacht, Kairos wäre hinter dir her.«
    Er zog die Augenbrauen hoch und kaute langsamer. »Ich wusste gar nicht, dass du an dem Tag Geburtstag hattest! Kein Wunder, dass du so schlecht gelaunt warst. Am Geburtstag vom eigenen Dad verkuppelt zu werden, ist ja echt das Letzte.« Ich grinste ihn schief an und er lächelte zurück. Grace in ihrer Lampe kicherte.
    Ich senkte den Blick und Josh widmete sich wieder seinem Sandwich. »An Barnabas kann ich mich noch einigermaßen erinnern. Und du sagst, er kann mir die Dinger vom Leib halten? Wo ist er denn jetzt? Etwa im, äh … Himmel?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er ist bei Ron, seinem Boss.« Je länger wir hier saßen und nichts unternahmen, desto angespannter wurde ich. Warum veranstalte ich hier eigentlich 'ne Teeparty mit Josh, während draußen der Tod auf uns lauert? Ich strich mir die Ponyfransen aus dem Gesicht und starrte aus dem Küchenfenster auf die leere Straße. »Kairos will sein Amulett wieder haben. Aber Ron meint, ich soll's behalten.« Was, wenn sie nie wiederkommen? »Aber Kairos hat doch ein Amulett«, entgegnete Josh. »Ich hab's gesehen.«
    Ich nickte und lächelte grimmig. »Anscheinend ist es aber nicht so mächtig wie das, das ich ihm geklaut habe. Tut mir ja leid für ihn, aber ich würde trotzdem lieber am Leben bleiben, danke der Nachfrage. Er hätte mich eben gar nicht erst umbringen dürfen«, schloss ich trotzig.
    Josh stützte die Ellbogen auf den Tisch und verzog nachdenklich das Gesicht.

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