Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
»Kairos ist also zum Leichenschauhaus gekommen, um sich deine Seele zu holen. Das ist aber doch irgendwie komisch.« »Ja, schon«, stimmte ich zu und unterdrückte einen Schauder. »Er hat mich als Ziel ausgewählt, getötet und ist dann extra wegen meiner Seele noch mal zurückgekommen. Das machen die sonst eigentlich nie.« Warum ich? Was ist denn an mir so Besonderes?
    »Bist du jetzt etwa auch ein Todesengel?«, fragte Josh mit alarmiertem Blick. »Ist das so wie in den Büchern? Wer den Tod austrickst, muss an seine Stelle treten?«
    »Scheiße nein. Mann!«, rief ich. »Todesengel sind Todesengel. Ich bin bloß tot.«
    Das schien Josh ein wenig zu beruhigen; er lehnte sich wieder zurück und machte sich an sein zweites Sandwich. »Gott, ist das alles krank.«
    Ich schnaubte und aß einen Chip. »Du hast ja keine Ahnung, wie krank«, entgegnete ich und schob ihm dann mein Sandwich zu, ohne die Kruste, an der ich nun zu knabbern anfing. Obwohl mich das Ganze ziemlich fertigmachte, war es doch schön, sich mal mit jemand anderem als Barnabas über die Situation zu unterhalten. Das hätte ich schon vor Monaten tun sollen. Nicht, dass Josh mir geglaubt hätte - oder auch nur mit mir geredet. Ich hatte so viel Zeit damit verbracht, in meinem Zimmer zu sitzen und meiner Freundin Wendy E-Mails über alles und nichts zu schreiben, dass ich total vergessen hatte, mir neue Freunde zu suchen. Vielleicht sollte ich das mal ändern, dachte ich traurig. Na ja, nur falls ich überlebte natürlich. Wo in Gottes Namen blieb Barnabas?
    Josh fing an zu kichern. Ich sah ihn neugierig an. »Find ich eigentlich gar nicht so schlecht, dass du tot bist.«
    »Wieso das denn?«, fragte ich empört. »Weil du so mein Mittagessen haben kannst?«
    Er stützte die Ellbogen wieder auf den Tisch und lächelte. »Weil das bedeutet, dass ich nicht verrückt bin.«
    Mein Lächeln verblasste nach einem Augenblick. »Tut mir total leid. Du hättest dich eigentlich an gar nichts erinnern dürfen. Muss ja echt schrecklich sein, eine Erinnerung zu haben, die vom logischen Standpunkt aus gesehen eigentlich nur ein Traum gewesen sein kann. War's sehr schlimm? Ich glaube, mein Dad erinnert sich auch an einiges.«
    An mich, wie ich im Leichenschauhaus lag, Mom anzurufen, was er nicht übers Herz gebracht hatte. Die Schuldgefühle, den Verlust … und an die Kisten mit meinen Sachen, die er zukleben und auf dem Dachboden verstauen musste.
    Josh nickte, den Blick gesenkt. Ich hörte ein Auto in die Auffahrt einbiegen und stand auf Es war mein Vater. Als er Joshs Pick-up sah, fuhr er rückwärts wieder raus und stellte seinen Wagen auf der Straße ab, um Josh nicht zuzuparken. »Was macht mein Dad denn schon zu Hause?« Ich sah auf die Uhr am Ofen. Es war erst halb zwei.
    Josh wischte sich die Krümel vom T-Shirt und richtete sich nervös auf seinem Stuhl auf. »Er hat doch wohl nicht gehört, was passiert ist, oder? Ich hätte nicht so einfach wegfahren dürfen!«
    Dad kam den Weg zum Haus herauf und musterte Joshs Pick-up mit zusammengekniffenen Augen. In seiner Khakihose und dem schicken Hemd sah er ziemlich geschäftsmäßig aus, aber darüber trug er noch seinen Laborkittel - und das bedeutete Ärger für mich. Er vergaß sonst nie, ihn auszuziehen. Nur wenn irgendwas nicht stimmte. Kurz vor der Haustür steckte er seinen Dienstausweis, der ihm bis dahin um den Hals gebaumelt hatte, in die Brusttasche seines Kittels.
    »Das war doch nichts Verbotenes, dass wir da abgehauen sind«, widersprach ich, plötzlich nervös. »Ist ja schließlich nicht deine Schuld, dass Kairos gegen die Ampel gebrettert ist. Du bist doch nirgends reingefahren.«
    »Nein, das war meine Schuld!«, piepste Grace stolz, und die Deckenlampe, in der sie saß, leuchtete auf. »Ja, aber ich bin doch Unfallzeuge.« Josh zog sein Handy aus der Tasche und guckte aufs Display. »Wie soll er das denn rausgefunden haben?«, murmelte ich und trat hastig vom Fenster zurück, als mein Dad zur Küche blickte.
    Josh zog sein Glas über den Tisch, bis es ganz akkurat neben seinem Teller stand. »Das hier ist 'ne Kleinstadt«, sagte er, die Stirn sorgenvoll gerunzelt. »Ich rufe wohl besser mal meine Mom an.« Als die Tür aufging, erstarrten wir beide. »Madison'« schallte die Stimme meines Dads durch das stille Haus.
    Unruhig sah ich zu Josh. »Wir sind in der Küche Dad.«
    Seine Schuhe polterten dumpf über den Holzboden, dann stand er im Türbogen zum Flur. Josh sprang auf.
    Mein Dad

Weitere Kostenlose Bücher