Totgelebt (German Edition)
außer Erik. Vermutlich Onkel und Tanten oder Nachbarn, überlegte Paula. Dann studierte sie noch einmal die Gesichter der Anwesenden. Nein, der Mann, der bei Lottes Tod dabei gewesen war, war nicht unter den Leuten. Da war sie sich ganz sicher.
Nachdem die Familie Abschied von Lotte genommen hatte, gingen die einzelnen Trauergäste langsam an Paula vorbei. Zum Schluss Lottes Mutter und Erik. Paula machte einen Schritt auf die beiden zu und streckte erst der Mutter die Hand entgegen und sagte „Es tut mir wirklich leid um Lotte. Wir tun unser Möglichstes um die ganze Sache aufzuklären.“ Und dann streckte sie auch Erik die Hand hin. Die Mutter nahm Paulas Hand, dankbar für jede Aufmerksamkeit, die ihr entgegen gebracht wurde. Erik jedoch ignorierte ihre Hand, stattdessen starrte er sie erneut mit einem seltsamen Blick an. Paula wusste, dass hier weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort war, um Erik noch einmal bezüglich der Internet-Aktivitäten seiner Schwester zu befragen, aber sie wusste auch, dass die Zeit drängte. Deshalb ließ sie es drauf ankommen. Sie hielt Erik kurz am Arm fest, nur um ihm zu zeigen, dass sie mit ihm reden wollte, ließ aber sofort wieder los, da sie bemerkt hatte, wie empfindlich er auf jegliche Berührungen seiner Mutter reagiert hatte.
„Ich muss noch einmal mit d ir sprechen, es ist wirklich sehr wichtig und dringend.“ Erik sah sie nur an, sagte kein Wort „Wann können wir uns unterhalten, wann ist es dir recht ? “, fragte sie ihn leise und versuchte ihre Stimme dabei sanft und nicht fordernd klingen zu lassen.
Erik sagte nichts, schob seine Mutter ein bisschen an, so dass sie zwei , drei Schritte vorging, dann sagte er knapp „Ich komme Morgen früh zu Ihnen, in Ihr Büro. Ich habe was für Sie.“, dann schaute er weg und ging schnell weiter, so als ob ihm das Gespräch mit Paula peinlich wäre.
Damit hatte Paula nun gar nicht gerechnet und sie fragte sich, was Erik ihr wohl zeigen oder sagen wollte. Ratlos zog sie ihr Handy aus der Tasche, schaltete es wieder an und hörte ihre Mailbox ab. Max hatte angerufen. Es hätten sich neue Verbindungen ergeben, er wäre unterwegs, um mit den Familien zu sprechen, Johanna wüsste Bescheid. Noch ratloser ging sie den Weg zum Friedhofsparkplatz zurück. Sie war so in Gedanken, dass sie gar nicht wahrnahm, dass es inzwischen in Strömen regnete. Das bemerkte sie erst beim Einsteigen, als ihre Schuhe komplett mit Lehm überzogen waren. Auch das noch, dachte sie.
Als sie das Polizeipräsidium betrat und aus dem Aufzug stieg, wurde sie direkt von Johanna abgefangen, sie hatte das Gefühl, dass Johanna auf sie gewartet hatte.
Johanna starrte auf ihre Schuhe und lachte „Na, ob du die jemals wieder sauber bekommst?“
Paula reagierte mit gespielter Verzweiflung, „Vermutlich nicht, na ja, ich war nicht so ganz passend für eine Beerdigung angezogen und für das Wetter schon gar nicht. Kannst du mir sagen, wo Max sich herumtreibt, er hat mir eine Nachricht hinterlassen, aber nichts Genaues gesagt.“ Johanna begleitete Paula zu ihrem Büro. Paula schloss die Türe auf und trat in den Raum. Johanna folgte ihr.
„Ich habe was herausgefunden, wegen der anderen Selbstmorde, du hattest mich doch darum gebeten.“ Sie sah Paula fragend an, ob sie verstand, was sie meinte.
Paula nickte. „Wir kommen wieder ins Netz, ja? Und du hast tatsächlich Parallelen zu anderen Selbstmorden herausfinden können?“
Johanna ergriff den Stapel Papier mit den Ergebnissen ihrer Recherche, der nun auf Max Schreibtisch lag und nickte „Ja, es gibt zwei Fälle, die sehr ähnlich sind. Ich habe mich jetzt erst mal auf das letzte halbe Jahr beschränkt und auf einen Kilometerradius von einhundert Kilometern. Vor einem halben Jahr hat sich ein 16jähriges Mädchen, Katharina Weber, durch einen Schuss in den Kopf selbst umgebracht, in einer anderen Stadt, aber nur 70 KM von hier entfernt. Sie war allerdings nicht nackt und es hat auch keine Karte mit einem Spruch gegeben. Aber die Parallelen sind doch ähnlich. Es wurde nicht näher ermittelt, ihr Tod galt als ganz normaler Selbstmord, aber es war auch in einem Wald, gegen Mitternacht. Also da gibt es schon sehr viele Übereinstimmungen . Ich vermute, dass der Tatort nicht nach fremden Fußspuren abgesucht wurde. Deshalb liegen dazu keine weiteren Informationen vor. Der andere Fall hat sich vor ungefähr zwei Monaten ereignet, in einem Ort 30 Kilometer von hier entfernt, auch mitten in
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