Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgelebt (German Edition)

Totgelebt (German Edition)

Titel: Totgelebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Hagemann
Vom Netzwerk:
den Eltern, vielleicht kannst du das mit einfließen lassen. Ich habe eine Idee, wo die Beiden auf diesen Unbekannten gestoßen sein könnten, du hast mich eigentlich drauf gebracht, indem du gesagt hast, dass die Verbindung in den Selbstmordabsichten sowie im Internet liegen, nichts weiter. Denk mal nach, Selbstmord und Internet, warum sind wir da nicht schon viel eher drauf gekommen... Hast du schon einmal etwas von so genannten ‚Selbstmord-Chats’ oder ‚Selbstmord-Foren’ gehört?“
     
    Während des Gesprächs mit Max hatte ihr Google etliche Links zu der Verbindung „Selbstmord + Internet“ angezeigt, ebenso die Polizeidatenbank, die sie parallel mit den gleichen Schlagwörtern gefüttert hatte. Sie begann mit den Google-Ergebnissen und klickte die Links der ersten Seite nach und nach an. Der Zugang zu den meisten dieser Chats war nur registrierten Usern vorbehalten. Allerdings waren anonyme Registrierungen überall möglich. Somit konnte jeder an diesen Chats teilnehmen. Paula schaute flüchtig in einige Selbstmord-Chats hinein. Deprimiert schaute sie sich die Ergebnisse der Polizeidatenbank an. Einige dieser Internet-Foren waren auf der schwarzen Liste gelandet, viele waren verboten worden, da es zu so genannten „Selbstmord-Datings“ gekommen war: Jugendliche hatten sich zur gemeinsamen Selbsttötung im realen Leben verabredet. Außerdem wurden häufig Tipps ausgetauscht, auf welche Art man sich am besten das Leben nehmen konnte, schnell und möglichst schmerzfrei. Auch Möglichkeiten, sich Waffen zu besorgen wurden diskutiert. Die Polizei beobachtete eine Vielzahl dieser Chats und Foren und griff ein, sobald gegen die Gesetzeslage verstoßen wurde. Der reine Informationsaustausch war zulässig, dagegen konnte die Polizei nichts unternehmen. Paula dachte nach, also konnten sich dort lebensmüde Jugendliche gegenseitig hochschaukeln, sich gegenseitig sagen wie schwer das Leben ist, dass das Leben nichts mehr wert war, sich also gegenseitig immer tiefer in die Depression ziehen, ohne dass etwas unternommen werden konnte. „Mein Gott, das ist unglaublich“, entfuhr es ihr. Andere Foren, moderierte Foren, wurden durch Psychologen geleitet und es wurde Hilfe versprochen. Den verzweifelten Jugendlichen wurde auf diese Weise Hilfe angeboten, ohne dass sie direkt aufgedrängt wurde. Aber diese Chats waren in der Mindestzahl. Was wäre, wenn nun ein junger Mensch, der wirklich verzweifelt ist, nicht mehr weiter wusste , vielleicht nicht mehr leben wollte , der sich dazu entschlossen hat, sich das Leben zu nehmen, auf so eine Seite gerät, er wird angestachelt, von den anderen Jugendlichen, bestärkt in seinem Todeswillen, und dann in dieser Situation trifft er auf einen perversen Menschen, der sich daran aufgeilt, wenn sich junge Menschen das Leben nehmen möchten, der gerne zuschaut, wie Jugendliche sich eine Kugel in den Kopf schießen. Was für eine unheilvolle Allianz. Unfassbar. Dieser Mensch wird alles dran setzten, dass der lebensmüde Jugendliche, sich wirklich umbringt, seine Gedanken wirklich in die Tat umsetzt. Er wird absolut nichts daran setzen, den Tod des jungen Menschen zu verhindern. Im Gegenteil, er wird ihn in seinem Wunsch bestärken, ihm vielleicht eine Waffe besorgen, ihm immer wieder sagen, dass er es tun soll, vielleicht sogar, dass er ihm dabei hilft, ihm sagen, dass er der einzige ist, der weiß, was für ihn gut ist. Paula war vollkommen fassungslos. Sie fragte sich, wie dieses Verhalten strafrechtlich verfolgt werden konnte. Es war kein Mord im klassischen Sinne, aber dieser Mensch tötete die Jugendlichen trotzdem. Vermutlich hatte er bereits vier junge Menschen auf diese Weise ‚getötet’. Stumm starrte sie auf den Bildschirm, unfähig zu glauben, was sie gerade entdeckt hatte, matt und zerschlagen von den Erkenntnissen. Sie griff zum Telefon, sie musste mit Kurek sprechen. Sie musste eine genaue Liste von allen bekannten Chats und Foren haben, die sich mit dem Thema Selbstmord beschäftig t en und sie brauchte sämtliche Daten über diese bekannten Internetseiten. Außerdem musste sie wissen, ob es möglich war, die Teilnehmer dieser Foren zurückzuverfolgen. Kurek war ein Genie auf seinem Fachgebiet, er war ITler, spezialisiert auf Internetthemen, und er war ein sehr geduldiger, ruhiger Mensch. Niemand hätte in Kurek einen Polizeibeamten vermutet, er sah eher aus wie der klassische Programmierer: sehr groß, hager, zerstreut. Paula mochte Kurek, besonders gefiel ihr,

Weitere Kostenlose Bücher