Totgelesen (German Edition)
Schriftsteller Andreas M. Beiel sein neues Buch »Joggermord« in der Buchhandlung Meiser signieren. In dem neuen Bestseller geht es um eine junge Frau, die bei ihren täglichen Trainingseinheiten erstochen wird und danach von einer Brücke gestoßen in einem See ertrinkt. Aufgrund seiner makaberen Art zu schreiben, schaffte Beiel - wieder einmal - auf Anhieb einen Bestseller. Genau wie bei seinem letzten Buch »Skifahrermord«. Die Kritiken über sein neues Werk lesen sich wie Lobeshymnen: »Eine neue Dimension des Schreibens« oder »Fesselnd bis zur letzten Seite«. Bleibt nur noch abzuwarten, ob er morgen wirklich erscheinen wird, da dies für ihn nicht selbstverständlich ist.
Unter einem alten Foto von ihm stand: »Alle Fans des berühmten Grazers sollten vorgewarnt werden. Beiel verlässt jede Signierstunde nach maximal dreißig Minuten. Für ein Autogramm des Schriftstellers muss man schnell sein.«
***
Zu Hause angekommen, schnappte Monika sich die Zeitung, die wie jeden Tag vor ihrer Wohnungstür lag. Ein Blick auf die Titelseite genügte, um ihr die Lust am Lesen zu rauben.
»Klimawandel - Keiner kann es mehr leugnen.«
Ein Thema, über das Monika nichts hören wollte. Dennoch war sie erleichtert. »Ihr« Mord prägte nicht mehr die Titelseite. Langsam geriet er in Vergessenheit, bis ihn irgendein findiger Journalist mit zu viel Zeit und zu wenig anderen interessanten Themen, wieder aufwärmte. Aber daran wollte Monika jetzt nicht denken. Im Moment wollte sie nur ein entspannendes Bad, ein kuschelig warmes Bett und acht Stunden ununterbrochenen, belebenden Schlaf.
Sie betrat ihre Wohnung und entsorgte ihre Jacke, indem sie sie im Vorraum einfach zu Boden fallen ließ. Ihre Handtasche und die Zeitung pfefferte sie auf die Anrichte der Küche; dabei fiel ein Teil der Zeitung auf den Boden.
»Wozu brauche ich eine Zeitung, wenn ich sie eh nicht lese«, grummelte sie vor sich hin. Deshalb fiel die Entscheidung, sich zu bücken und die Zeitung aufzuheben oder ein Bad zu nehmen, eindeutig gegen die Zeitung aus. Ich werde nicht bei einer alten Zeitung anfangen, Ordnung zu halten, wenn der Rest der Wohnung im Chaos versinkt. Auf dem Fernsehsessel im Wohnzimmer türmte sich die gewaschene, noch nicht gebügelte Wäsche und in der Küche schrie der Geschirrspüler danach, ausgeräumt zu werden, da sich bereits genügend gebrauchte Tassen und Gläser gesammelt hatten, um ihn wieder zu füllen. Es musste nicht immer alles perfekt sein, Monika fand ihre Sachen auch so.
Heute war ihr Wohnzimmer - wenn man von der Bügelwäsche absah - beinahe makellos. Auf dem Sofa lagen nur zwei Socken, eine Tüte alter Chips und ein Buch und auf dem kleinen Tisch davor: ein Kreuzworträtselheft, die Fernsehzeitung und das Schnurlostelefon. Kein Wunder - wer nicht zu Hause war, konnte auch nichts durcheinander bringen.
Neben Fernseher und Stereoanlage steckte in langen Aluminiumschienen ihr Schatz. Die letzte Inventur ergab die Stückzahl von 495 CDs, seither waren noch einige dazu gekommen. Es war ihr einfach nicht möglich, an einem Musikladen vorbeizugehen. Dabei kam es ihr nicht auf die Musikrichtung an. Monika liebte Klassik ebenso wie Rock, Pop oder sogar Jazz. Jeder Musikstil hatte eine Aussage und tat ihr gut, wenn sie in der jeweiligen Stimmung dafür war.
Sie legte eine Scheibe von Falco auf und ging ins Badezimmer, um Wasser in die Wanne einlaufen zu lassen, während »Wiener Blut« aus dem Radio dröhnte.
Freitag, 26. Februar, 09:00 Uhr
Birgit Schindler saß in ihrem Auto und ließ den Tränen freien Lauf.
Zusammen - für immer unzertrennlich, das war nicht mehr. Beim letzten Mal war sie nicht alleine gewesen. Am Vormittag jagten sie mit ihren Skiern über die Piste, den Nachmittag verbrachten sie im Bett seiner Wohnung in Leoben. Damals versprach er, sie immer zu lieben.
Eine Woche später wollte er sich wieder mit seiner Frau versöhnen, es der Kinder wegen noch einmal versuchen. Seit diesem Tag verließ sie kaum noch das Haus. Jede Begegnung mit einem Mann, der ihm ähnelte, ließ ihre Knie weich werden und sie in Tränen ausbrechen.
Ihre Eltern ignorierten ihr Verhalten. Das Ende ihrer Beziehung war genau das, was sie wollten. Doch sie glaubten, sie habe ihn abserviert. Schließlich war er verheiratet, also nicht der richtige Umgang. Ihr Vater würde nie jemanden akzeptieren, der gut genug für sein Mädchen war. Wenn der wüsste.
Ein Wort von ihm und sie hätte ihre Eltern sofort verlassen, keine
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