Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgelesen (German Edition)

Totgelesen (German Edition)

Titel: Totgelesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Rieger
Vom Netzwerk:
Meine Schwester hat ... Ich meine, der Herr müsste auf mich warten.« Der Blick des arroganten Obers holte ihr Selbstvertrauen wieder zurück. Sie fuhr ihn an: »Also, ich heiße Mühlbacher und meine Schwester Swoboda. Würden sie nachsehen, ob ein Tisch für zwei reserviert ist?«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen führte sie der Kellner an einen Tisch. Eine Handbewegung deutete ihr, sich zu setzen.
    »Ist der Herr denn noch nicht da?« Monika war erstaunt, doch der Ober verschwand, ohne sie einer Antwort zu würdigen. Sie setzte sich, um nicht für noch mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Das elegante Lokal wurde nur durch leise Hintergrundmusik beschallt und die versnobten Gäste unterhielten sich ausschließlich im Flüsterton - wenn sie sich überhaupt unterhielten. Der weiß überspannte Sessel, auf dem sie saß, war jetzt schon unbequem und das Tischtuch nicht lang genug, ihre billigen Mokassins darunter zu verstecken.
     Sie wollte gerade ihre Tasche vom Boden und die Jacke vom Sessel aufsammeln, als der Kellner mit einem Mann im Schlepptau auf sie zusteuerte. 
    Der Mann mit rotblonden Haaren streckte ihr seine Hand entgegen. »Hallo, ich bin Erwin, du musst Monika sein.«
    Um den Kellner nicht zu enttäuschen, der immer noch - seine Augenbrauen nach oben ziehend - am Tisch stand, setzte Monika ihr schönstes Lächeln auf und schüttelte Erwins Hand. Als er sich setzte und der Ober endlich mit der Aperitif-Bestellung verschwand, plapperte Erwin los: »Ich hoffe, du … ich darf doch du sagen …«, ohne eine Antwort abzuwarten, sprach er weiter, »hast dich nicht zu sehr gelangweilt, während du gewartet hast. Mir ist noch ein Patient dazwischengekommen. Du weißt schon, einer von den ganz Reichen. Hat sich noch unbedingt seine Zähne bleichen lassen müssen.«
    Für Monika war der Abend nach dieser Aussage gelaufen, bevor er richtig anfing. Für ihn war also klar, sie habe gewartet. Keine Entschuldigung; keine Frage danach, ob sie deshalb gekränkt sei oder böse. Nein, es war selbstverständlich, dass sie wartete. Als ob dies nicht genug sei, kam dann der Hinweis auf jemanden Reichen, den er behandelte. Angeber! Aber um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, gab er auch noch zu, sie versetzt zu haben, nur um jemandes Zähne zu bleichen. Bei einer Schmerzbehandlung und der passenden Entschuldigung, hätte noch die Chance bestanden, den Abend zu retten - aber so? Sie überlegte fieberhaft, wie sie aus der Situation wieder heraus kam, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Apropos Gesicht, Seines sah nicht schlecht aus. Er besaß ausgeprägte Züge, eine markante Nase, einen schön geschwungenen Mund und - für einen Mann - unerhört lange Wimpern. Seine perfekten Zähne glänzten jedes Mal, wenn er seinen Mund öffnete. Vielleicht hatte er doch noch eine Chance verdient. Sie beschloss, den Abend nicht abzubrechen, bevor er begonnen hatte. Schließlich musste sie etwas essen. Das konnte sie hier, in Gesellschaft genauso gut, wie zu Hause. Sie vertiefte sich in die Speisekarte und entspannte sich. Der Ober kam mit dem Aperitif, bereit, ihre Bestellung entgegenzunehmen. Sie wollte ihm gerade mitteilen, sie habe sich für Steak und Kartoffeln entschieden, als der Zahnarzt einfach für sie mitbestellte, ohne sie danach zu fragen, ob sie überhaupt Lust auf Fisch hätte. Bis sie aus ihrer Erstarrung aufwachte, war der Kellner weg und ihr Essen bestellt. Zu allem Überfluss legte er seine Hand auf ihre, tätschelte sie, als ob sie ein kleines Kind wäre und fragte sie nach ihrem Zahnarzt, da eine Mundhygiene - rein aus optischen Gründen - angebracht wäre.
    Woraufhin sie kommentarlos die Serviette auf den Tisch schleuderte, sich neuerlich ihre Jacke und Handtasche angelte und das Lokal verließ. An der Straße stieg sie in ihr Auto und fuhr zur nächsten Bar, die ihr einfiel. Dort bestellte sie sich ein Glas Weißwein und einen Schnaps dazu, um damit ihre Wut hinunterzuspülen. Wie schön wäre es, wenn Hofer oder Specht jetzt hier wären. Wir hätten einiges zu besprechen. Die Abende mit Specht waren immer angenehm; nicht zu vergleichen mit diesem Blender. Sie zog ihr Handy aus der Tasche. Tippte Spechts Nummer ein, legte aber auf, bevor das Gerät wählte. Nein, ich werde mal was Neues probieren. Sie wählte Hofers Nummer.

Freitag, 5. März
    »Danke, dass Sie gekommen

Weitere Kostenlose Bücher