Totgelesen (German Edition)
weitere Reihen mit Kleidungsstücken hingen im Gang, der die Wäscherei vom Büro trennte. Den nahm Peppi und ging von Zellstoffsäcken flankiert bis zu dem Punkt, an dem die Neonröhre an der Decke kaputt war. Dort schob er die Kleidersäcke zur Seite und betrat Charlys Büro.
»Hallo, Peppi. Wie läuft`s? Charly Wabala war fett; so fett, dass man sich wunderte, wie er es schaffte, seinen Körper aus dem Sessel zu wuchten, ohne jedesmal die Feuerwehr verständigen zu müssen. Dicke Speckringe zeigten sich sogar auf seinen Fingern und ließen sein Kinn bis zur überdimensional großen Brust hängen. Schon oft hatte Big Peppi darüber nachgedacht, ob er wirklich Wabala hieß, oder ob seine schwabbelnden Fettreserven daran schuld waren, dass er so genannt wurde.
Charlys Sessel gab ein gequältes Stöhnen von sich, als er sich aufsetzte, um Big Peppi die Hand zu reichen. Der Raum war eingerichtet, wie man es in einem Büro einer kleinen Firma erwartete. Rundherum Aktenschränke und Ordner, in der Mitte ein kleiner Schreibtisch mit zwei Sesseln, kein Fenster, dafür der Monitor einer Überwachungskamera. Big Peppi setzte sich auf einen der beiden Besucherstühle. Dabei erhaschte er einen Blick auf Charlys abgetragene Birkenstocksandalen und verglich sie mit seinen neuen Prada-Schuhen.
»Was hast du denn für mich?«
Ohne Kommentar, aber dafür mit äußerster Sorgfalt legte Big Peppi den mitgebrachten Plastiksack auf Wabalas Schreibtisch. Charlys wulstige Hand zog die Vase aus der Verpackung. Seine Finger strichen mit einer Sanftheit über das Glas, die man dem Fleischball nie zugetraut hätte. Er knipste eine Vergrößerungslampe an, legte die Vase darunter und ließ sich Zeit, das Glas zu begutachten.
»500, mehr geht momentan nicht.«
»Spinnst du, die ist locker das Doppelte wert!«
Wabala lehnte sich zurück, was seinen Sessel bedenklich krachen ließ und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.
»Ich weiß, es tut mir auch leid, aber die Geschäfte laufen momentan beschissen. Komm in zwei Monaten wieder, dann kann ich dir mehr bieten. Doch im Moment sind maximal siebenhundert drin; und das auch nur, weil du mein Freund bist.« Wabala kramte - scheinbar desinteressiert - in seiner Schreibtischlade.
»Mann Scheiße, Charly. Du weißt genau, dass ich abhauen muss.« Big Peppi sprang auf und schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Nimm das Geld oder geh - wie du willst!« Charly setzte sich wieder aufrecht hin und legte mit einer für seinen Körperbau schnellen Bewegung ein Kuvert auf den Tisch.
»Fahr zur Hölle!« Big Peppi griff sich das Kuvert und lief, ohne sich umzudrehen oder auch nur das Geld nachzuzählen, wütend aus dem Büro.
***
»War das nicht eben Big Peppi?«, Inspektor Moser sah seinen Freund und Partner Sarakos fragend an. Der war allerdings mit seinen Gedanken nicht bei der Sache, da er gerade in einer Zeitschrift für Bodybilder-Präparate blätterte. Ob diese Anabolika nur auf Sarakos Körper wirkten und sein Gehirn in Ruhe ließen, darüber hatte Moser schon des Öfteren mit seinem Partner diskutiert.
»Ich weiß gar nicht, ob er schon wieder draußen ist?« Sarakos rollte die Zeitschrift zusammen und warf sie auf den Rücksitz des silbergrauen Fiat, mit dem sie die Putzerei von Charly Wabala observierten. Seit Jahren wurde vermutet, dass die Wäscherei als Umschlagplatz für Diebesgut diente, was aber nie bewiesen werden konnte. Entweder besaß Wabala verteufeltes Glück oder - was wahrscheinlicher war - er verfügte über einen Spitzel in den Reihen der Polizei, der ihn informierte, bevor die Beamten zuschlugen.
Als Inspektor Moser den anonymen Tipp bekam, jemand würde in den nächsten Tagen dort eventuell eine gestohlene Vase aus blauem Murano-Glas veräußern, war er deshalb doppelt vorsichtig. Er meldete seiner Dienststelle nicht, was sie vorhatten und informierte auch sonst niemanden außer seinem Partner. Der tatsächliche Besuch von Big Peppi bestätigte ihn in seiner Vorgehensweise.
»Big Peppi können wir uns auch später noch vornehmen, wir wissen eh wo er wohnt. Aber wenn wir Charly drankriegen wollen, sollten wir gleich rein.« Moser strich sich mit der rechten Hand über sein schütteres Haar und kontrollierte, ob seine Waffe wie immer in ihrem Halfter saß. Routiniert schnappte er sich danach das Funkgerät und meldete ihr Einschreiten, ohne sich bei seinem Partner vergewissern zu müssen, dass dieser einverstanden war.
Moser nickte seinem Kollegen Sarakos
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