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Totgelesen (German Edition)

Totgelesen (German Edition)

Titel: Totgelesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Rieger
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zu, als sie die Wäscherei betraten. Margareta saß, in eine Zeitung vertieft, hinter dem Empfangstresen. Freundlich lächelnd blickte sie auf, bis sie die beiden Beamten erkannte und ihr Gesichtsausdruck ihre Ablehnung widerspiegelte. »Was wollen Sie hier? Wir haben nichts verbrochen.«
    Moser trat näher und sagte: »Guiseppe Brunelli ist gerade aus Ihrem Laden gekommen. Können Sie uns sagen, was er hier wollte?«
    »Big Peppi, der ist hier Kunde. Er war mit der Reinigung seines Anzuges nicht zufrieden«, blaffte Margareta die beiden Beamten an. Sie stand mit in die Hüften gestemmten Armen vor den Polizisten, die beide mehr als einen Kopf größer waren als sie. Diese Tatsache stellte für die polnische Matrone aber keinen Grund dar, sich einschüchtern zu lassen.
    »Können wir den Anzug sehen?« Sarakos war es gewohnt, dass sein bloßer Anblick reichte, um einen Großteil der Menschen zu entmutigen. Hier reichte er anscheinend nicht, denn Margareta verhöhnte ihn, indem sie sagte: »Wenn ich zuerst Ihren Durchsuchungsbefehl sehen kann.«

    Aufgrund seiner Videokamera blieb das Eintreten der beiden Polizisten Charly Wabala nicht verborgen. Deshalb öffnete er seine Bürotür einen Spalt und lauschte. Als Big Peppis Name fiel, überkam ihn ein kalter Schauer. Bisher war er immer gewarnt worden, bevor sein Laden durchsucht wurde. Heute hatte ihn niemand verständigt und nun saß er mit Peppis  Vase in der Falle. Mit der Vase, die nach seiner Schätzung um einiges mehr wert war, als die 700, die er dafür bezahlt hatte.
    Der Pfarrer seiner Heimatgemeinde kam ihm in den Sinn und auch die Predigten, denen er als kleiner Junge ausgeliefert war. Nicht zuletzt fiel ihm der erhobene Zeigefinger ein, mit dem der Geistliche über die Strafe Gottes sprach. Er sah den Mann vor sich, wie er mit Vergeltung drohte. Sein bisheriges Leben war geprägt von Sünden. Kleinen Betrügereien, Hehlerei und diversen anderen Gaunereien, doch heute hatte er einen Mann betrogen, der das Geld brauchte, um sich ein neues Leben aufzubauen. Nicht, dass die Vase Peppi zustand und nicht, dass er in seinem bisherigen Leben zimperlich gewesen wäre - dennoch, so etwas Ähnliches wie ein schlechtes Gewissen keimte in ihm. Er hatte aus Peppis Lage Profit schlagen wollen und nun bekam er die Quittung dafür.
    Gänsehaut überzog seinen Rücken, auf dem das von Schweiß getränkte Hemd klebte. Panik breitete sich in seinem Kopf aus. Er musste raus. Die Vase verstecken … oder noch besser, sie auf schnellstem Wege wieder los werden. Egal, nur raus. Der durch den Raum in dem die Wäsche gewaschen und gebügelt wurde, fiel ihm ein. Wenn er sich zwischen Wand und der geputzten Kleidung durchzwängte?
    Er musste nur zwei Meter nach rechts, dort wartete die rettende Tür. Wenn er diese lautlos aufbekam und hindurch schlüpfte, ohne gesehen zu werden, könnte er durch den Hinterausgang verschwinden. Er nahm all seinen Mut zusammen, um sich mit der Vase in der rechten Hand und einer kürzlich erstandenen Diamant-Krawattennadel in der linken, auf den Weg zu machen. Zwischen der Wand seines Büros und der gereinigten Wäsche zwängte er seinen massigen Körper Zentimeter für Zentimeter vorwärts. Der Angstschweiß, der ihm seit der Nennung von Big Peppis Namen über den Rücken lief, war gar nichts gegen die Sintflut, die durch die körperliche Anstrengung verstärkt, nun aus seinen Poren floss.
    Nur noch einen knappen Meter. Der Schweiß trübte seinen Blick. Es blieb ihm nichts anderes übrig, er musste sich das Gesicht trockenwischen. Deshalb wechselte er die Vase von der rechten in die linke Hand. Die Krawattennadel klemmte er dafür zwischen Daumen und Zeigefinger und die Vase hielt er mit den restlichen Fingern. Mit der anderen Hand zog er ein Taschentuch aus seiner Hose und wischte sich über die Stirn. Das Wohlbehagen, das sich daraufhin einstellte, währte nur für Sekunden, denn die Vase entglitt plötzlich seinen feuchten Fingern.
    Verzweifelt versuchte er noch sie aufzufangen, aber es war zu spät - polternd knallte sie zu Boden.

Samstag, 6. März, 10.00 Uhr
    Heute war ein guter Tag. Er brannte darauf, etwas zu tun. Nach über einer Woche des Suchens hatte er den passenden Ort gefunden - obwohl es diesmal schwierig war. Der Platz musste an einer Straße liegen, auf der nur wenige Autos fuhren, aber bei der die Chance bestand, eine Radfahrerin anzutreffen und zudem durfte diese Stelle nicht beobachtet werden können. Aber das

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