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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Zynismus. Ich will dir doch bloß helfen.«
    »Mir ist aber nicht zu helfen. Verstehst du nicht! Je mehr du mir helfen würdest, desto beschissener würde ich mich fühlen.«
    »Na klar.«
    Wilma pinselte heftig weiter in meinen Haaren herum. Mit ihrem Stielkamm piekste sie mir wiederholt in die Kopfhaut. Aber sie hatte ja Recht. Sie wollte mir nur helfen, und ich wollte mir nicht helfen lassen. Hoffentlich würde sie sich gleich wieder beruhigen, sonst könnte ich nach der Behandlung durch meine Schädeldecke Spaghetti abgießen.
    »Du hast doch nicht etwa schon eine echte Leiche angefasst?«
    Okay, ich brauchte noch nicht mal zu lügen.
    »Erstens, unechte Leichen gibt es nicht. Und zweitens, natürlich habe ich!«, trumpfte ich auf. »Was glaubst du denn? Wenn man …« Weiter kam ich nicht.
    Der Pinsel mit dem Färbemittel klatschte ungezielt auf meine Haare. Die Hälfte der Farbe landete auf meiner Nase. Wilma, leichenblass im Gesicht, sauste hinaus. Als meine Schrecksekunde vorbei war, wischte ich mir die Farbe aus dem Gesicht, nahm die Schale mit dem Färbemittel und ging in den Salon zurück. Auweia! Da war ich wohl zu weit gegangen. Wilma hatte es doch nur gut gemeint. Ich schrieb nicht mehr. Ich kümmerte mich auch um keinen anderen Job. Ich hatte mich auch nicht um Wilma gekümmert. Und jetzt musste ich ihr auch noch blöde kommen. Sie machte sich wenigstens Sorgen um mich.
    Ich wusste, dass die große Tragödin vorerst nicht mehr zurückkommen würde. Der Lehrling schaffte es ohne weitere Zwischenfälle, wenigstens Kastanie komplett auf meine Haare aufzutragen. Während ich fünfundzwanzig Minuten später mit dem Kopf bereits wieder über dem Waschbecken hing, sauste Wilma wie von der Tarantel gestochen durch den Salon.
    Sie baute sich vor mir auf: »Also, du sagst mir jetzt, dass das einer von deinen blöden Gags war, oder …«
    »Oder was, Wilma?«
    »Es ist also wahr!«, schnaubte sie, »Ich kann das nicht glauben. Das ist wi-der-lich! Das ganze Leichengift und so …«
    Sie wurde schon wieder gefährlich weiß um die Nase. Und von dem Moment an wurde ich wirklich sauer. Das mit dem toten Hamster war ja eine Sache, aber seitdem waren dreißig Jahre vergangen. Schön, schön, sie hatte ihren Auftritt gehabt.
    »Was ist denn schon dabei? Das mit dem Leichengift ist ein Ammenmärchen. Es ist ein Job wie jeder andere auch. Auch wir werden eines Tages einen Bestatter brauchen, falls dir das noch nicht in den Sinn gekommen ist.« Zu meinem eigenen Erstaunen verteidigte ich gerade meinen Job!
    Wilma hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu und sang laut: »La, La, La, La …«
    Ich brüllte ihr entgegen: »Und was war mit deinem Scheißhamster? Erinnere dich mal, wer dich da vor dem tödlichen Leichengift gerettet hat!«
    Sie musste es trotz Lalalala gehört haben, denn sie verschwand durch die Verbindungstür zum Treppenhaus und drehte den Schlüssel um. Keine Sorge, Wilma, heute ist mir nicht nach Hinterherrennen.
    Alle Kundinnen und Friseure im Salon starrten mich an. Also gut. Ich kann auch zicken.
    »Ja, meine Damen und Herren, ich musste die Tierleiche entsorgen. Und? Während Madame Korff sich in Trauer wälzte, musste ich in die Tierhandlung gehen, um einen neuen Hamster zu kaufen, damit Wilmas Mama nicht merkt, was ihre reizende Tochter mit dem armen Tier angestellt hatte.«
    Ich schwang mich mit klatschnassen Haaren aus dem Stuhl, riss dem verdutzten Lehrling das Frotteetuch aus der Hand und wickelte es mir wie einen Turban um den Kopf.
    »Kassieren kann die Chefin ja später. Wenn sie das noch will. Aber wahrscheinlich nimmt sie ja kein Geld mehr von mir. Könnte ja Leichengift dran sein.«
    Ich schnappte mir meinen Mantel und meine Tasche und verließ wutschnaubend den Salon. Ich muss ein tolles Bild abgegeben haben. Eine Frau mittleren Alters, mit rosa Frotteetuch auf dem hochroten Kopf, die im Stechschritt und laut meckernd über die Kortumstraße hastete. Im Winter mit nassen Haaren draußen, eine herzliche Einladung für Erkrankungen aller Art, doch mal einen Besuch bei mir abzustatten. Ich hatte mein Auto wegen des akuten vorweihnachtlichen Parkplatzmangels in der City extra zu Hause stehen lassen. Im Sturmschritt eilte ich die Fußgängerzone hinunter, schlängelte mich durch den beginnenden Weihnachtseinkaufs-Menschenauflauf am Citypoint. Alle starrten mich an, ich starrte zurück. Ein Mietweihnachtsmann kam bimmelnd auf mich zu, aber bei meinem Anblick blieb ihm das »Hohoho« im

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