Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
Vom Netzwerk:
laufenden Krimi. Ohne uns auch nur noch eines Blickes zu würdigen, folgten sie den Abenteuern von Schimmi und Thanner, die wiederholt stritten und um ihr Leben rannten. Ich wusste nicht, wohin mit mir. Matti meditierte im Stehen. Ich legte die Hände in den Schoß, denn das Sofa war klebrig. Am liebsten hätte ich mich in Luft aufgelöst.
    Nach einer Stunde war der Arzt immer noch nicht da, allerdings musste ich mittlerweile dringend aufs Klo. Künstlerpech, Schwiegavatter durfte nicht bewegt werden.
    Um das Elend in geordnete Bahnen zu lenken, schwang ich mich dazu auf, es noch einmal mit der Notrufzentrale zu versuchen. Die Dame von der Nachtschicht machte mir schnell, konsequent und in ungehobelten Worten klar, dass, sollte ich ihr die Geschichte mit der Leiche auf dem Klo noch einmal zu Gehör bringen, sie umgehend die Polizei wegen Missbrauchs des Notrufes informieren würde. Und dann sollte ich mich bloß warm anziehen. Danke fürs Gespräch.
    Wenn jetzt nicht schnell was passierte, könnten sie mich gleich mitbegraben lassen. Ich rief den Kugelfisch auf dem Handy an und schilderte in grellen Farben unsere unangenehme Situation. Es war mir egal, ob die Hinterbliebenen mitkriegten, was ich von ihnen hielt. Sommer versprach mir hoch und heilig, dass er in spätestens einer halben Stunde mit einem Arzt bei uns sein würde.
    Weitere eineinhalb Stunden später hatte mein Körper bereits mit dem Recycling von eigentlich zur Ausscheidung bestimmten Flüssigkeiten begonnen. Schimanski und Thanner waren längst fertig mit ihren Leichen – wir nicht. Jetzt lief die viertausendste Wiederholung von Mord im Orient Express mit Peter Ustinov. Da das Dreigestirn den Mord im Orient Express spannender fand als die nächsten Gäste der Überraschungsparty, ging ich zur Tür und öffnete. Es hatte nämlich wirklich und wahrhaftig endlich geklingelt. Ich hörte Stimmen und Gepolter aus dem Treppenhaus, und dann standen Sommer und ein Mann im Smoking im Türrahmen. Ich glaubte an eine optische Täuschung, aber Sommer musste den Mann im Smoking tatsächlich stützen. Der Smokingmann war britzebreit, aber er war der Arzt.
    »Tach, Dr. Weizmann mein Name«, grüßte er fröhlich in die Runde. »Wo iss denn das Corpus Delicti, hahaha?«
    Matti und Sommer schoben den Arzt zur Toilettentür. Während Matti die Tür aufhielt, schaute der Arzt lange mit glasigen Augen auf den Toten, der immer noch steif auf dem Toilettentopf thronte. Dann, wahrscheinlich erinnerte er sich daran, was eigentlich seine Aufgabe war, machte der Doktor einen unsicheren Schritt nach vorne, versuchte ungeschickt, dem Toten den Puls zu fühlen und verkündete dann sehr kompetent: »Exitus, würde ich sagen.«
    Wenn das so einfach war, wollte ich auch Arzt werden. Zurück im Wohnzimmer der lieben Familie, nestelte er ein Formular aus seiner Tasche, nahm gerne noch bei Unterschrift einen Baileys zu sich, den die Damen ihm freundlich in einem fleckigen Wasserglas hingeschoben hatten, und taumelte dann, begleitet von Sommer, die Treppe wieder hinunter. Aus dem Flur konnte ich ihn noch sagen hören, dass er jetzt dringend zurück zu einer Mordsparty müsse. Matti starrte entsetzt auf das Formular. Ich starrte mit: Wir hatten einen Totenschein, blanko unterschrieben von Dr. Weizmann; kein Eintrag über Todeszeit, Ursache, Datum oder sonst was.
    »Da steht nichts«, flüsterte Matti und zeigte auf die leeren Zeilen.
    »Richtig, Herr Matti, da steht nichts«, raunte ich zurück.
    Jetzt nahm ich dankbar auch einen Baileys, die 30 Milliliter musste meine Blase einfach auch noch aushalten. Der Rest war einfach. Sommer kam zurück, als wäre nichts geschehen und bat mich, den zweiten Wagen zum Büro zurückzufahren, er würde dann mit Matti und der Leiche später nachkommen. Die Urnen dürfte ich im Laderaum stehen lassen.
    »Das mit dem Totenschein regeln wir morgen«, flüsterte er mir kaum hörbar zu. Wie Matti und Sommer den sitzenden Opa in den Transportsarg kriegen wollten, darüber würde ich lieber auch erst morgen nachdenken.
    So kam es, dass ich mit zwei vollen Urnen und einer im Platzen begriffenen Blase im klassischen schwarzen Thanatomobil, im Volksmund Leichenwagen genannt, durch die nächtens leergefegten Straßen von Bochum glitt und froh über die fast erschütterungsfreie Federung war. Im Büro angekommen, raste ich auf die Toilette. Nachdem der Schmerz in meinem Unterleib langsam nachzulassen begann, sah ich mir den Totenschein noch mal an. Dr. Weizmann

Weitere Kostenlose Bücher