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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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jetzt leider noch in die Druckerei. Das ist unaufschiebbar. Matti muss jeden Moment wieder hier sein.« Und mit nicht sehr freundlichem Blick zurück auf Kostnitz: »Herr Kostnitz wollte auch gerade gehen.«
    Kostnitz hatte sich wieder Erika zugewandt und eine Hand auf den Rand des offenen Sarges gelegt, als fürchtete er, von Sommer weggezerrt zu werden. Er zitterte immer noch. Er tat mir Leid.
    »Gehen Sie ruhig, Herr Sommer. Ich begleite Herrn Kostnitz dann gleich hinaus.«
    Das war unmissverständlich, und Sommer konnte mir keine Szene machen. Nach kurzer Zeit hörte ich oben die Tür zuschlagen. Ich stellte mich neben den auf dem Stuhl zusammengesunkenen Kostnitz und wartete ab. Soviel zu meinem Spaziergang und dem Croissant.
    Er trank einen Schluck aus seinem Flachmann und bot mir auch davon an, was ich dankend ablehnte.
    »Schlimm«, sagte er.
    »Hm. Erika war noch keine 70. Aber die Grippe …«
    Jetzt betete ich schon das kugelfischige Grippe-Blahblah herunter.
    »Ich hätte bei ihr sein sollen. Wäre alles nicht passiert, wenn ich … wenn …«
    Und schon heulte er wieder. Lange würde ich das nicht mehr aushalten, schon gar nicht auf leeren Magen. Wenn Männer was verbockt haben, dann fangen sie an zu flennen, und dann soll alles wieder gut sein. Aber das hier würde nicht mehr gut werden. Erika war tot, und er war nicht bei ihr gewesen. Punkt. Aus welchen Gründen auch immer.
    »Wenn Sie was brauchen, Herr Kostnitz, ich bin oben. Bleiben Sie so lange, wie Sie wollen.«
    Ich überließ Kostnitz seinen Gefühlen, begab mich an meinen Schreibtisch und hörte dem Knurren meines leeren Magens zu, während ich mich darin übte, perfekte Rauchkringel in die Luft zu blasen. Eine halbe Stunde später stand der Witwer leicht schwankend vor mir.
    »Sie wird nicht verbrannt. Ich will das nicht! Und sie will das auch nicht! Meine Erika soll ein ordentliches Grab haben.«
    »Wenn Sie es so wünschen, Herr Kostnitz, dann soll es so sein.« Kostnitz sah mich mit verschwommenem Blick an.
    Dann hob er langsam seine zittrige Hand und schlug damit auf den Schreibtisch. Ich fuhr erschrocken zurück.
    »Warum sagt dann dieser Pimpel da, der Sommer, dass er den Wünschen der Verstorbenen entsprechen muss?«
    Armer Mann. Also, ich würde es ihm erklären.
    »Also, das ist so. Erika hat einen Vorsorgeplan unterschrieben, in dem sie genau ausgeführt hat, was für eine Bestattung sie sich wünscht. Und da steht eindeutig drin, dass sie verbrannt werden will und ein anonymes Grab haben möchte, und zwar in Holland. Wenn Sie, als nächster Angehöriger, das jetzt anders haben wollen, dann ist das auch in Ordnung. Dann ändern wir das. Erikas Sterbeversicherung reicht völlig aus, um die Kosten zu decken.« Ich sah ihn an und wartete auf eventuelle Fragen. Zugegebenermaßen hatte ich mich mit dem Angebot sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Eigentlich sind diese Verfügungen nicht so ohne weiteres zu ändern, aber der Mann tat mir einfach furchtbar Leid.
    »Gute Frau, ich rede nicht von Geld. Geld spielt keine Rolle«, polterte er mich an. »Ich muss jetzt gehen. Wiedersehen.«
    Bei leerem Magen reißt mein Geduldsfaden in weniger als drei Minuten.
    »Herr Kostnitz«, sagte ich streng, »ich habe nur versucht, Ihnen zu erklären …«
    Aber anscheinend hörte er mir schon nicht mehr zu. Er nahm noch einen Schluck aus seinem Flachmann und wandte sich zur Tür.
    He, alter Mann, laut werden kann ich auch: »Wann, Herr Kostnitz, sollen wir denn über die Bestattung von Erika sprechen?«
    »Lassen Sie mich doch in Ruhe. Kriegt sie eben ihren Willen. Dann eben anonym. Ist doch scheißegal. Ist doch alles immer scheißegal.«
    Mit diesen Worten schlug er die Tür so heftig hinter sich zu, dass die Specksteinstatue auf dem Safe bedenklich wankte, aber leider immer noch nicht umfiel.
    »Nein, ist es nicht, Kostnitz, du Penner! Mir ist es nicht scheißegal!«, rief ich ihm hinterher.
    Matti stand am Treppenabsatz und schaute mich erschrocken an. »Tschuldigung, Herr Matti. Ich meinte nicht Sie.«
    »Mir ist es auch nicht egal«, sagte er leise.
    »Na, dann sind wir schon drei. Kostnitz ist das nämlich auch nicht egal. Das bisschen Menschenkenntnis traue ich mir zu.«
    Mir war dieser Kostnitz ja überhaupt nicht sympathisch. Ob Erika ihn wohl rausgeworfen hatte? Würde mich gar nicht wundern.
    »Matti, wir müssen sprechen.«
    Folgsam nahm er sich eine Tasse Kaffee, ging voraus in die Sargausstellung und setzte sich auf den Mahagoni White

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