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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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gelitten und ließen allesamt die Köpfe hängen, genauso wie Kostnitz selbst. Der Blick durch das riesige Fenster in den Garten war fantastisch. Schneebedeckte Bäume und dahinter eine Wiese, die bis zu einem Waldgelände reichte. Gute 100 Meter.
    Schräg vor dem Fenster stand ein echter Steinway-Flügel. Hatte Erika hier gesessen und gespielt? Bestimmt. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass sie jetzt auch da saß und mir genau zuhörte. Und wenn mich nicht alles täuschte, saß meine Oma gleich daneben.
    Kostnitz bot mir keinen Platz an und machte auch keine Anstalten, mir aus dem Mantel zu helfen. Wenn er glaubte, mich mit dieser Taktik schnell wieder loswerden zu können, hatte er sich getäuscht. Ich behielt meinen Mantel an und setzte mich auf die Couch.
    »Herr Kostnitz, Sie waren gestern so schnell verschwunden. Ich dachte mir, ich kann mit Ihnen noch mal in Ruhe über die Beerdigung von Erika reden.«
    Ich wollte gar nicht sensibel sein und ging zielstrebig auf mein Thema los. Zu zielstrebig.
    »Hat der pietätvolle Herr Sommer Sie geschickt?«, fragte er. »Soweit kommt es noch. Ich bin hier, weil ich Erika mochte. Meinetwegen kann sie bestatten, wer will. Ich bin nichts weiter als Sommers humanoider Papiersortierer.«
    Er ignorierte meinen kleinen Scherz und starrte hinaus in den Garten. Nach einer Weile drehte er sich abrupt zu mir um. Vielleicht hatte er gehofft, ich wäre in der Zwischenzeit einfach verschwunden. Das Einzige, was er sagte, war: »So!« Mit dem Nachdruck von fünf Ausrufezeichen. Ich wollte nicht kampflos das Feld räumen. Von einem »So« mit fünf Ausrufezeichen lasse ich mich nicht erschrecken.
    »Ihre Frau hatte eine Sterbeversicherung über 25.000 Mark. Dafür kann man eine sehr ordentliche Bestattung machen. Sagen Sie mir doch einfach, was Sie sich vorstellen.«
    Kostnitz drehte mir wieder den Rücken zu und schaute über den Flügel hinweg durch das große Wohnzimmerfenster in den verschneiten Garten, wo sich ein paar Meisen lauthals um das Futter im Vogelhäuschen stritten.
    »Sie wollte nie verbrannt werden, hat sie immer gesagt. Sie hatte Angst vor Feuer. Aber sie hat wohl ihre Meinung geändert. Warum soll ich das jetzt wieder ändern? Was ich will, zählt doch nicht mehr.«
    Seine Stimme hatte plötzlich eine erstaunliche Festigkeit. Er schwankte auch kein bisschen.
    »Es scheint Ihnen aber wichtig zu sein. Es ist immer wichtig, dass man weiß, wo seine Angehörigen liegen. Damit man einen Ort hat, wo man hingehen kann.«
    Jetzt sabbelte ich schon wieder wie der Kugelfisch!
    »So, finden Sie!«, erwiderte er barsch.
    Die Tonlage konnte ich auch!
    »Ja, finde ich«, fauchte ich zurück, »und vor allem hat Erika eine schöne Trauerfeier verdient, finde ich! Ich hatte immerhin die Ehre, sie ein paar Wochen gekannt zu haben. Und was ich von ihr kennen gelernt habe, hat mir gut gefallen.«
    »Na, Sie müssen es ja wissen, Frollein.«
    Oho! Jetzt kam er mit der Frolleinnummer. Vorsicht, Kostnitz, die Frolleinnummer macht mich richtig wütend!
    »Für Sie immer noch Frau! – und nicht Frollein, Herr Kostnitz. Ich weiß nicht, wie Sie zu Erika gestanden haben und was in Ihrem Leben zwischenzeitlich alles schief gelaufen ist, aber wenn Sie auch denken, dass Erika eine respektable Person war, sehr logisch, sehr dem Leben zugewandt und praktisch veranlagt, dann frage ich Sie, warum sie für 25.000 Mark abschließt, wenn sie nur 4000 Mark für ihre Bestattung ausgeben will und den Rest der Bochumer Suppenküche vermacht?«
    Triumphierend schaute ich zum Flügel hinüber, fast so, als erwartete ich von dort Applaus.
    »Um mich zu ärgern, vielleicht?«, gab er zurück.
    Also, das war doch jetzt die Höhe!
    »Sie zu ärgern! Na toll. Dann lassen Sie sich doch ärgern!«
    Ich schwitzte in meinem Mantel vor mich hin, bewegte mich aber keinen Millimeter von der Couch weg.
    »Vielleicht, weil Erika wusste, dass ich da zum Essen hingehe«, flüsterte er.
    Kostnitz starrte wieder aus dem Fenster. Er schwieg ausgiebig. Ich schwieg auch und machte immer noch keine Anstalten, das Haus zu verlassen. Endlich sprach er wieder. Leise und eher in Richtung Garten, aber immerhin.
    »In der Tat hat sie mir mal erzählt, dass sie ein festliches Begräbnis will. Wollte sie immer. Unsere Hochzeit war auch eine Riesenfeier, jeder Geburtstag war eine Riesenfeier, jede Beförderung von mir war ihr eine Riesenfeier wert.«
    Gut, sollte er reden.
    »Sie hat sogar aus jedem gelösten Mordfall eine Feier

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