totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
verändern. Und ja, der Fernseher ist schwarz-weiß, und es gibt keinen Internet- und keinen Kabelanschluss.«
»Und was mach ich mit diesem Wählscheibentelefon, wenn am anderen Ende der Leitung eine Stimme zu mir sagt: Drücken Sie bitte die Eins?«
»Ich hab nicht gesagt, dass es perfekt ist. Es ist warm im Winter, und es ist alles da, was man braucht, um zu überleben.«
»Das wäre es in einem Wohnwagen auf dem Campingplatz auch, da haben die meisten sogar eine Satellitenschüssel auf dem Dach.«
»Du musst mein Angebot nicht annehmen«, hatte er gesagt und aufgelegt.
Wenn man keine Wahl hat, geht auch ein Museum, zumal wenn es so verkehrsgünstig gleich um die Ecke vom Schauspielhaus liegt. Also war ich geblieben, hatte Raouls Kochbuch, das er mir zum Abschied geschenkt hatte, auf den Resopaltisch in der Küche gelegt und mir eingeredet, dass es ein unglaublicher Vorteil war, eine dicke Wohnungstür hinter mir zumachen zu können, auch wenn das bedeutete, dass ich dabei in einem Time Tunnel in eine andere Dimension geschleudert wurde. Eine Brotmaschine mit Drehkurbel, eine Waschmaschine, die nicht schleuderte. Die Schleuder stand im Bad direkt daneben und musste immer ordentlich ausgewogen befüllt werden, sonst fing sie an, eiernd herumzutanzen. Auch durfte ich nicht vergessen, das Wasser zum Duschen im Boiler vorzuheizen. Dabei machte das Gerät Geräusche wie ein Klabautermann, aber nach einer Stunde Ächzen und Stöhnen war er dann so weit, ich konnte mir zehn Minuten lang in einer zartrosafarbenen Badewanne die Haut verbrühen, wenn ich wollte. Die Idee einer Mischbatterie war seinerzeit zwar schon aufgekommen, aber noch nicht endgültig ausgereift gewesen. Den allergrößten Respekt aber zollte ich dem alten Küppersbusch Gasherd. Aber was sollte ich machen, wenn ich Espresso trinken wollte? Ich musste den Gashahn aufdrehen, Streichhölzchen in das ausströmende Gas halten und das Beste hoffen. Ab und an gab es eine Verpuffung, aber bis jetzt hatte ich mich noch nicht ernsthaft verletzt. Auch hier galt: Man gewöhnt sich an alles. Angesengte Pulloverärmel und angekokelte Gerichte. Ja, ich hatte mithilfe von Raouls Kochbuch sogar begonnen, Töpfe und Pfannen zu füllen, von denen es in der Küche genug gab. Aber Gasherde sind verdammt gut darin, Spiegeleier in Asche zu verwandeln und Pfannkuchen in schwarze Frisbeescheiben. Und so war ich bis dato immer noch die Essenseinladung an meine Freunde schuldig geblieben, die ich vor ein paar Monaten angekündigt hatte. Solange meine Probeläufe samt und sonders in Verklumpungen endeten, wollte ich keine Zeugen und keine Kritik.
Im brummenden Kühlschrank lagerte ein Hühnerbein und harrte seiner Verwertung. Gegrilltes Hühnerbein mit Fertigpommes – aber nur, wenn mir beim Entzünden der Backofen nicht um die Ohren flog. Da ich vorhatte, das Experiment zu überleben, stand danach TV-Dinner auf dem Programm. (
Vier Hochzeiten und ein Todesfall
in der x-tausendsten Wiederholung – aber man will ja nicht meckern.) Ich hatte heimlich einen DVBT-Receiver samt Antenne in die Wohnung geschmuggelt. Gegen irgendeine Regel muss man ja verstoßen.
Das mit der Antenne war Hassans Idee gewesen, und er hatte auch zufällig was Passendes für zwanzig Euro im Outlet-Shop von Quality-TV ergattert. Der Outlet-Shop war eigentlich das Beste an meinem Job. Wo sonst hätte ich für ganz wenig Geld meine Garderobe aufstocken können? Wenn man am Rande des Existenzminimums lebte, so wie ich, kaufte man eben einen flusigen braunen Wintermantel mit Bärchenapplikation für zehn Euro und verwendete einen ganzen Fernsehabend darauf, die Bärchen mit einer Nagelschere abzutrennen, bis man einen Mantel hatte, der helle Flecken im Wollstoff aufwies, die eindeutig eine Bärchenform hatten.
»Im Outlet-Shop gibt’s noch ein paar Hogwarts-Aufnäher, allerdings nur noch Slytherin und Hufflepuff«, hatte Hassan bei meinem Anblick gesagt.
»Das muss so – und das dunkelt mit der Zeit nach«, hatte ich geantwortet. »Der Dreck heiligt die Mittel.«
Heftiges Klopfen an der Wohnungstür riss mich aus meinen Überlegungen. Ich öffnete. Vor mir stand Winnies Lieblingspsychologe und mein derzeitiger Nachbar, Gerrit van Sandt, der im Erdgeschoss wohnte und seine Praxis betrieb.
»Ah, Professor Pimp van Grachten. Sie haben mir grad noch gefehlt«, sagte ich.
Gerrit hielt mir mit ausgestreckten Armen meinen Kater Doktor Thoma entgegen. Sowohl Gerrits als auch Doktor Thomas Gesichtsausdruck
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