totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
»Laufen die Geschäfte grad nicht, oder warum musst du hier arbeiten?«
Ich sah, wie sich das Spiralkabel, das ihr Headset mit ihrem Telefon verband, immer weiter dehnte.
»Und wenn es so wäre? Hast du irgendwo ’ne Leiche liegen, die weg muss? Oder soll ich dir ’ne billige Urne besorgen? Oder Eiche rustikal? Ich mach auch in Gebrauchtsärge …«
»Man wird ja noch mal fragen dürfen, mit wem man es zu tun hat … Ist in Wirklichkeit ’ne Leichengräberin und erzählt hier rum, sie hat beim Fernsehen gearbeitet«, kam es von der dicken Walburga, die sich jetzt auch einmischte. »Möchte nicht wissen, was an deiner Bewerbung noch alles gefälscht war.«
»Nur fürs Protokoll:
Ich
habe gar nichts erzählt, und ich habe auch nichts gefälscht. Einer von euch hat herumerzählt, dass ich beim Fernsehen war – was ja auch stimmt. Woher ihr allerdings die Information habt, weiß ich nicht, aber die Wege des Flurfunks sind ja manchmal unergründlich, nicht wahr? Sehen Sie das auch so, Herr Möhl?«, sagte ich und setzte meinen Kopfhörer auf. »Sie haben doch bestimmt beste Beziehungen zur Personalabteilung, da liegt mein Curriculum Vitae. Meinetwegen kopieren Sie es und verteilen es in der Abteilung – falls Sie es noch nicht getan haben. Viel Spaß damit. Und jetzt möchte ich gerne ein bisschen arbeiten, wenn es recht ist.«
Ich sah das vor Empörung rot angelaufene Gesicht des Schäfchens über den Rand eines Cube hervorlugen. Sie schnappte nach Luft und sagte: »Solche Schweinereien müssen wir uns nicht gefallen lassen!«
Bevor ich überhaupt begriff, um was es ging, fauchte Danuta: »Du meinst wohl, du bist oberschlau und könntest hier mit deinen Fremdwörtern um dich werfen … Was heißt denn Circulus dingsbums? Kannst du uns mal aufklären, womit du uns beleidigst?«
Herr Möhl wollte antworten und hob beschwichtigend die Arme, aber bevor ich ihm einen Tipp für ein garantiert funktionierendes Deo geben konnte, hatte Danuta das Headsetkabel überdehnt. Das Ding flog ihr vom Kopf, schnackte zurück und traf das Schäfchen mitten ins Gesicht. Blut schoss aus ihrer Nase, und sie sank mit einem empörten Quieken zusammen.
Herr Möhl eilte der Verunglückten zu Hilfe, nicht ohne mir vorher noch anzudrohen, dass wir uns noch sprechen würden. Walburga rannte zum Erste-Hilfe-Kasten. Danuta richtete erst mal ihre Frisur, bevor sie sich an der Rettungsaktion beteiligte, und ich konnte mich endlich einloggen.
Das Schäfchen kam an diesem Tag nur noch einmal ins Großraumbüro, um ihre Tasche zu holen. In ihrer Nase steckte Watte, und sie hatte ein blaues Auge. Danutas Enthusiasmus war seit dem Crash gedämpft, aber es reichte immer noch, sich mit den anderen zu unterhalten und ihnen Flyer in die Hand zu drücken und dann mit spitzen Fingernägeln auf mich zu zeigen. Ich winkte zurück und sonnte mich in meinem neuen morbiden Glanz, so lange es noch ging.
Als Hassan zur Schicht erschien, tippte er mir auf die Schulter und bedeutete mir, mich auszuloggen. Als ich das Gespräch beendet und die Bestellung abgeschickt hatte, sagte er: »Ich habe eben einen von der Personalabteilung auf dem Gang getroffen. Du sollst mal raufkommen. Jones will dich sehen.«
»Jetzt? Gleich fängt die Diamantenstunde an … da wird es brennen.« Er zuckte die Schultern. »Die Personalabteilung sagt: Sofort! Was hast du jetzt wieder angestellt?«
Ich gab ihm den Flyer, den Möhl auf meinem Tisch hatte liegenlassen. »Die glauben, ich hätte noch einen Zweitjob, und jetzt wollen sie mich an den höchsten Baum hängen, den sie haben. Schade, dass du nicht dabei sein kannst.«
»Ich geb’ dir mein Handy mit, zeichne das Gespräch doch auf«, sagte Hassan und drückte mir das Telefon in die Hand. »Das wird ein Partykracher, bitte tu mir den Gefallen.«
Ich loggte mich aus, steckte das Handy ein und ging nach oben.
Kapitel 5
Das Meeting in der Personalabteilung dauerte keine zehn Minuten, dann hatte ich das Missverständnis aufgeklärt. Ganz unnötig, dass sich der Personalchef Mister Jones und Herr Möhl es sich am großen Konferenztisch auf ihrer Seite mit Kaffee und Mineralwasser für die Exekution bequem gemacht hatten, während sie mir auf der anderen Seite des Tisches einen Hocker zugewiesen hatten. Fehlte nur noch das Blenden der Delinquentin mit einer 1000-Watt-Lampe. Zum Abschied sagte ich: »Sie können gerne zu dieser Ausstellung kommen, Mister Jones. Meine Freunde sind sehr gute Bestatter. Ich meine, wenn Sie die
Weitere Kostenlose Bücher